Resolution: Steuerpolitische Forderungen der KPÖ
(19.10.2014)
Resolution Nr. 3 des 36. Parteitags der KPÖ, 2014
Antragsteller: Bundesvorstand
Neben der Lohnpolitik, dem Kampf um kürzere Arbeitszeit und der konkreten
Ausgestaltung des Sozialstaates ist die Steuerpolitik ein wichtiges Feld der
politischen Auseinandersetzung, weil es auch bei dieser Frage um die Verteilung
des gesellschaftlichen Reichtums geht.
Reichtum und Armut in Österreich – ein paar Zahlen
Laut D.A.CH-Report gab es 2013 in Österreich 82.300 Millionär_innen mit
einem Vermögen von 262 Milliarden Euro. Noch heftigere Zahlen brachte das
Ergebnis einer Studie der Universität Linz, welche ebenfalls 2013 publiziert
wurde. Auf Basis der von der Österreichischen Nationalbank veröffentlichten
Vermögensverteilung haben Ökonomen der Universität Linz das Privatvermögen
an der bisher lückenhaft erfassten Spitze der Vermögenshierarchie neu
berechnet. Das Ergebnis: Die Studie zeigt, dass das reichste Prozent nach neuen
Berechnungen über fast eine halbe Billion Euro (rund 469 Milliarden Euro)
verfügt. Die entsprechenden Vergleichszahlen lauten: Während 1 Prozent der
Bevölkerung über 37 % des gesamten österreichischen Netto-Privatvermögens
verfügt, besitzen 50 Prozent der Bevölkerung gerade mal einen
Vermögensanteil von lächerlichen 2,2 %.
Als Kehrseite steigt laut Sozialbericht die Zahl der armutsgefährdeten
Menschen. Waren 2003 rund 1 Million Menschen in Österreich arm bzw.
armutsgefährdet, so galten im Jahr 2012 18,5% der Bevölkerung oder
1,5 Millionen Menschen als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet nach Definition
der Europa 2020-Strategie.
Zu den offiziell ausgewiesenen Arbeitslosenzahlen (rund 300.000 im August
2014) sind eine wachsende Zahl von in Schulungen, Stiftungen usw. befindlichen
Personen hinzuzurechnen. Pro Jahr sind ca. 800.000 Menschen kurzfristig oder
dauerhaft von Arbeitslosigkeit betroffen.
Gleichzeitig wies Österreich 2011 laut Eurostat bei
Vollzeitarbeitsverhältnissen mit 41,8 Stunden nach Großbritannien (42,2)
die längste reale Wochenarbeitszeit der EU auf. Zudem werden pro Jahr
300 Millionen Überstunden geleistet, davon jede fünfte unbezahlt.
Laut Statistik Austria arbeiten in Österreich rund 15 Prozent der
Beschäftigten im Niedriglohnbereich, deren tatsächliche Einkommen mit
durchschnittlich 7,59 Euro pro Stunde (Stand 2010) deutlich unter der
Niedriglohnschwelle von 8,52 Euro liegt. Betroffen sind vor allem Teilzeit- und
Leiharbeitsbeschäftigte, Frauen, Junge und Migrant_innen. 5,5 Prozent oder
206.000 Beschäftigte gelten als Working poor, weil ihr
Haushaltseinkommen inklusive etwaiger Sozialleistungen bei maximal 12.800 Euro
im Jahr liegt. Laut Einkommensbericht des Rechnungshofes verdienten Frauen 2012,
seit 14 Jahren unverändert, durchschnittlich nur 60 Prozent der
Männereinkommen.
Laut Statistik Austria waren 2010 insgesamt rund 253.200 Personen zur
Sicherung ihres Lebensunterhalts auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen.
Gegenüber 2000 hat die Zahl der Unterstützten um ca. 113.700 Personen (plus
82 Prozent) zugenommen. Rund 100.000 Menschen haben nicht einmal eine
Krankenversicherung.
Die bereinigte Lohnquote also der Anteil der Löhne und Gehälter am
Volkseinkommen sank von 1993 bis 2011 von fast 75 Prozent auf 67 Prozent,
umgekehrt stieg der Anteil der Gewinne. Gegenwärtig tragen BezieherInnen
kleinster, kleiner und mittlerer Einkommen über die Lohnsteuer, die
Mehrwertssteuer und andere Massensteuern, Abgaben und Gebühren schon mehr als
85 Prozent zu den gesamten Staatseinnahmen bei. Zugleich sind die Steuern auf
Gewinne und auf Kapital, Grund und Boden – auch im europäischen
Vergleich – lächerlich gering. In Österreich liegt der Anteil der Steuern
auf Vermögen am Gesamtsteueraufkommen bei mageren 1,2 Prozent. Der
OECD-Durchschnitt liegt bei 5,4 Prozent. In Großbritannien müssen Superreiche
11,6 Prozent zum Gesamtsteueraufkommen beisteuern, in den USA sogar
12 Prozent. Vermögenssteuern für Reiche und Superreiche in Höhe des
OECD-Durchschnitts würden rund 5 Milliarden Euro pro Jahr in die Staatskassen
spülen.
Grundsätzliches zur Steuerpolitik
Die Budgetpolitik aller Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden)
und auch der Sozialversicherungen ist volkswirtschaftlich kontraproduktiven
EU-Regelungen unterworfen. Denn das Ziel Budgetüberschüsse zu erzielen mit
vorgegebenen Limits für Budgetdefizit und Staatsverschuldung erhöht den Druck
auf den Sozialstaat und das öffentliches Eigentum, insbesondere in der
Grundversorgung und führt zu deren Privatisierung.
Der Umverteilungseffekt durch das Sinken der Lohnquote wird zusätzlich durch
eine systematische Steuerentlastung für Kapital und Vermögen seit den 80er
Jahren verstärkt. Diese Politik erfolgte sowohl durch die rotschwarze als auch
die schwarzblauorange Regierung und kennzeichnet alle Steuerreformen der letzten
drei Jahrzehnte.
Ein zentraler Kritikpunkt neoliberaler Politik ist eine angeblich zu hohe
Steuer- bzw. Abgabenquote. Die skandinavischen Länder weisen die höchste
Sozialquote also den Anteil von Steuern und Sozialabgaben aus, sind aber
damit nicht nur sozialpolitisch nach wie vor federführend, sondern weisen auch
eine bessere Situation am Arbeitsmarkt aus.
Die Steuerreformen der Jahre 1989, 1994, 2000, 2005 und 2009 wurden als
große politische Leistungen hochstilisiert. Da sie aber großteils nur in Form
von Umschichtungen erfolgten und nicht durch höhere Steuern auf Kapital und
Vermögen gegenfinanziert wurden war ihre positive Wirkung u.a. aufgrund der
„kalten Progression“ immer schnell verpufft.
Die Vorschläge der KPÖ
- Vermögenssteuer: Mit der Abschaffung der Vermögenssteuer im Jahre
1994 wurde Österreich endgültig zu einem Steuerparadies für MillionärInnen.
Die KPÖ hat bereits 2006 in einer Petition eine Vermögenssteuer von fünf
Prozent für die Millionenvermögen verlangt. Angesichts der hohen Erträge
großer Vermögen würde dies nicht einmal zu einer Verminderung solcher großer
Vermögen führen.
- Erbschafts- und Schenkungssteuer: Die KPÖ tritt für die Wiedereinführung
der Erbschafts- und Schenkungssteuer bei einem Freibetrag von 200.000 Euro ein.
Das Argument mit dieser Steuer würde schon besteuertes Vermögen nochmals
besteuert ist falsch, da die Erben als Empfänger dafür keine Steuer bezahlt
haben.
- Einkommensteuer: Kernpunkt ist die Anpassung des Spitzensteuersatzes,
welche derzeit 50 Prozent ab einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro beträgt.
Die KPÖ tritt für eine Anhebung auf 55 Prozent ab 70.000 bzw. 60 Prozent ab
100.000 Euro Jahreseinkommen ein. Dieser Steuersatz war bis zur Senkung im
Jahre 1994 übrigens in Österreich üblich.
- Lohnsteuer: Der Effekt aller bisherigen Steuerreformen war für die
LohnsteuerzahlerInnen in Kürze aufgehoben, weil sie durch die kalte
Progression bei oft geringen Lohn- und Gehaltserhöhungen einen höheren
Steuersatz leisten mussten. Die KPÖ tritt für eine größere Differenzierung
ein, bei welcher Jahreseinkommen bis 16.000 Euro steuerfrei sind und ab diesem
Einkommen beginnend mit 10 Prozent eine Staffelung bis zum Spitzensteuersatz
von 60 Prozent ab 100.000 Euro erfolgt.
- Körperschaftssteuer: Die Besteuerung der Gewinne von
Kapitalgesellschaften wurde 2005 von 34 auf 25 Prozent gesenkt, real
beträgt sie im Durchschnitt nur 18 Prozent, weil viele Unternehmen bedingt
durch Gestaltungsmöglichkeiten und die 2005 eingeführte Gruppenbesteuerung
wesentlich weniger oder sogar überhaupt keine Steuer auf ihre Gewinne zahlen.
Die KPÖ tritt für eine EU-weite gleiche Bemessungsgrundlage und einheitliche
Steuersätze ein und lehnt Steuerdumping ab. Zu überlegen wäre auch bei der
KöSt eine Staffelung nach der Höhe der Gewinne von einem Mindestsatz bis zum
Spitzensteuersatz, um zwischen kleinen Kapitalgesellschaften und großen
Konzernen zu differenzieren.
- Kapitalertragssteuer: Diese wird als Quellensteuer eingehoben und
besteuert gleichmacherisch die Zinsen von Sparbüchern mit 100 Euro Einlage
genauso wie jene von Millionenvermögen mit 25 Prozent. Die KPÖ tritt für die
Aufhebung dieser Steuer und die Besteuerung der Zinserträge als Einkommen bis
zum Spitzensteuersatz ein.
- Grundsteuer: Die Bemessung nach dem seit den 70er Jahren nicht mehr
angepassten fiktiven Einheitswert ist antiquiert. Eine Anhebung auf den
zeitgemäßen Verkehrswert ist notwendig. Dabei muss nach Meinung der KPÖ aber
berücksichtigt werden, dass derzeit die Grundsteuer ein Bestandteil der
Betriebskosten ist und eine Erhöhung auf Gründe mit Wohnbauten zu einem
Anstieg der Wohnkosten führt. Daher ist eine Differenzierung zwischen der
Nutzung von Grundstücken für Wohnbau, Industriebauten oder Landwirtschaft
notwendig.
- Wertschöpfungsabgabe: Die Bemessung der Unternehmerbeiträge zur
Sozialversicherung und Kommunalabgabe mit drei Prozent der Lohnsumme begünstigt
vor allem große Unternehmen mit starkem Rationalisierungsfaktor. Die KPÖ
tritt für eine Umstellung der Bemessung im Sinne der schon Ende der 80er Jahre
vom damaligen Sozialminister Dallinger angedachten Maschinensteuer auf die
gesamte Wertschöpfung (also inklusive Abschreibungen, Zinsen, Mieten, Gewinne
etc.) anstatt nur der reinen Lohnsumme ein. Damit würden auch kleine und
mittlere Unternehmen entlastet.
- Spekulationsgewinne: Charakteristisch für den neoliberalen Kapitalismus
sind die spekulativen Transaktionen auf der Ebene des Finanzkapitals, verbunden
mit immer größeren Risiken und Aufwendungen zur Verhinderung permanenter
Crashes. Die Abschöpfung von Spekulationsgewinnen durch eine entsprechende
Besteuerung soll dem entgegenwirken. Doch trotz aller Beteuerungen auf
nationaler und auf EU-Ebene – es gibt sogar einen Beschluss des
EU-Parlaments – wird die Einführung einer Finanztransaktionssteuer immer
wieder verschoben, werden die konkreten Diskussionsentwürfe immer mehr
verwässert.
- Privatstiftungen: In mittlerweile rund 3.200 Privatstiftungen, die
1994 durch SPÖ-Finanzminister Lacina eingeführt wurden, sind schätzungsweise
rund 100 Mrd. Euro steuerschonend deponiert. Die KPÖ tritt für die Aufhebung
dieser Stiftungen und die Besteuerung der Erträge von Veranlagungen mit der
Einkommensteuer bis zum Spitzensteuersatz ein.
- Steuerschulden: 2006 betrugen die Steuerschulden der Unternehmen
1,45 Milliarden Euro. Das war mehr als die gesamte 2006 eingenommene
Kapitalertragssteuer von 1,38 Milliarden Euro. Noch unglaublicher sind neuere
Zahlen. 2012 betrug der Gesamtrückstand an Abgaben, samt nicht mehr
einbringbaren Rückständen, in Summe gar 2,9 Mrd. Euro. Den Löwenanteil im
Gesamtrückstand macht laut Anfragebeantwortung die Umsatzsteuer mit 1,675 Mrd.
Euro aus. Die Einkommenssteuer folgt mit 675,29 Mio. Euro, die
Körperschaftssteuer mit 404,69 Mio. Euro und die Lohnsteuer mit 238,03 Mio.
Euro. Die Nichtabführung von den KonsumentInnen bereits über die Preise
verrechneter Mehrwertsteuer und von Beschäftigten im Wege der Lohnverrechnung
abgezogenen Lohnsteuer bzw. Sozialversicherungsbeiträgen sind kriminelle
Delikte, die nicht geduldet werden dürfen.
- Mineralölsteuer, Energieabgabe: Die Besteuerung von Energie muss nach
Meinung der KPÖ mit einem Lenkungseffekt durch eine entsprechende Zweckwidmung
verbunden sein, indem Erträgnisse von Steuern auf umweltbelastende Energie zur
Förderung nachhaltiger und umweltschonender Energie- und Verkehrsformen
verwendet werden.
Zur notwendigen Finanzierung des Öffentlichen Verkehrs soll eine
Nahverkehrsabgabe bzw., mit direkter Lenkungswirkung, eine
Verkehrserregerabgabe eingeführt werden.
- Mehrwertsteuer: Die Staffelung zwischen überhaupt keiner Besteuerung,
ermäßigtem Steuersatz und vollem Steuersatz ist zu überprüfen. Die KPÖ
fordert, Mieten, Betriebskosten, Medikamente, Energiepreise und kommunale Tarife
von der Mehrwertsteuer zu befreien, auf Lebensmittel nur den ermäßigten
Steuersatz einzuheben.