KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Rassismus hat viele Gesichter.

Von Bundesvorstand der KPÖ (15.8.2003)

Zum Tod von Cheibane Wague

Mal richtet er sich gegen jüdische Menschen, mal gegen Roma – seit einigen Jahren ist es besonders modern gegen Muslime zu hetzen. Immer schon populär, quasi ein rassistischer Dauerbrenner, ist der grenzenlose Hass gegen afrikanische Menschen. Bei allen Rassismen geht es allerdings immer nur um das Eine: Beherrschung und Herrschaftssiche­rung.

Rassismus tötet.

Nicht nur hier in Europa, sondern überall auf der Welt. Rassismus bedeutetim Endeffekt immer Mord, Vergewaltigung, Demütigung, Ausbeutung, Aushungerung und Ausplünderung.

Doch jenseits von jeder politischen Wahrheit:

Hier ist ein Mensch gestorben, eine Existenz vernichtet worden, die vielmehr war als nur eine politische Tatsache, vielmehr als nur ein Name in der Statistik oder ein verwaschenes Bild in der Tageszeitung.

Cheibane Wague wurde am 20. Dezember 1969 in Kaedi als Sohn von Wague Abdoulaye Sylla und Assa Tandia geboren. Aufgrund seiner herausragenden­schulischen Leistungen erhielt er vom russischen Kulturzentrum 1989 ein Stipendium für das Studium der Physik an der Patrice Lumumba Universität in Moskau. Sein Studium schloß er 1996 mit dem Bacheler of Science ab. Von Oktober 1998 bis Juni 2000 war Seibane Stipendiat des Afro-AsiatischenIn­stituts. Er studierte an der TU – Wien Technische Physik mit dem Ziel das Diplomstudium zu absolvieren. Cheibane war ein muslimischer Afrikaner aus Mauretanien, ein „Moro“ also. Als solcher hatte er es also nirgends leicht, schon gar nicht in Österreich. Er hatte hier unter anderem als Krankenpfleger gearbeitet, Kindern liebten ihn und daher hat er auch alle Kinder-Workshops des Afrikadorfes geleitet. Cheibane war ein sozialer Mensch und ist anderen Menschen immer offengegenüber getreten, egal welche Weltanschauung sie haben oder aus welchem Winkel dieser Welt sie stammen. Er war allseits beliebt und wurde aus diesem Grund auch beispielsweise von der StipendiatInnen­gemeinschaft des Afro-Asiatischen Institutes zu ihrem Vertreter gewählt.

Wir lehnen alle Diffamierungen ab, die gegen Cheibane ausgesprochen werden. Sie sollen ganz offensichtlich die entsetzlichen Umstände seines Todeslegitimieren, obwohl das natürlich gar nicht möglich ist. Denn nichts könnte jemals seine Tötung rechtfertigen. Es macht uns wütend, dass nachdem ein Mensch wahrscheinlich umgebracht worden ist, er auch noch posthum in den Schmutz gezogen wird. An dieser Stelle wollen wir seiner Familie unser tiefstes Bedauern und unser Beileid aussprechen.

Die Stimmung in diesem Land ist verheerend. In Österreich ist es mittlerweile soweit gekommen, dass afrikanische Menschen sich nicht freibewegen können. Für die Polizei sind sie allesamt Drogendealer gegen die jedes Mittel recht ist und von der weissen Bevölkerung werden sie bestenfalls misstrauisch beäugt. Die beiden Brandanschläge auf das Afrikakulturdorf sind ein mehr als deutliches Zeichen für diesesgesellschaf­tliche Klima. Damit muss endlich Schluss sein. Dagegen müssen endlich alle demokratischen Menschen ihre Stimme erheben. Dagegegn müssenwir endlich zu einem gemeinsamen Handeln kommen!

Als Marcus Omofuma im Zuge einer Abschiebung umgekommen ist, hat der damalige Innenminister bloss ein paar Krokodilstränen vergossen. Das war alles. Abschiebungen sind weiterhin an der Tagesordnung und sie werden so brutal durchgeführt wie eh und jeh. Die involvierten Polizisten wurden nach einem skandalösen „Obduktionsbefund“ eines österreichischen „Gutachters“ vom Gericht zu einer geradezu lächerlichen bedingten Strafe verurteilt und die zuständigen Minister bestreiten nachwievor jegliche Verantwortung für die durch ihre Beamten verursachten Todesfälle.

Heute müssen wir wieder um einen afrikanischen Menschen trauern, der im Zuge einer Polizeiaktion umgekommen ist. Und die Reaktion des Innenministers: Er stellt sich hinter die beteiligten Beamten, lässt gar keinen Zweifel daranaufkommen, dass alles rechtmässig abgelaufen ist.

Oftmals ist das Handeln der österreichischen Exekutivbamten rassistisch motiviert. Das wird jeder in Österreich lebende Mensch mit dunklerer Hautfarbe bestätigen können. Denn praktisch jede und jeder hat damit Erfahrungen machen müssen.

Und das ist auch kein Wunder. Denn eine Vielzahl der Gesetze, die sie zu exekutieren haben, sind rassistisch. Polizisten müssen Menschen überwachenund verfolgen, weil sie keinen Pass haben oder den falschen, keineArbeitsbe­willigung, weil ihnen ein Stempel fehlt, weil sie gerade zum politischen, sozialen oder kulturellem Feindbild erklärt worden sind, oder weil sie ganz einfach arm sind. Solange die Politik rassistisch bleibt, solange werden selbstverständlich auch die Exekutivbeamten nicht anti-rassistisch agieren.

Es gibt eine politische Verantwortung für das gesellschaftliche Klima indiesem Land, in dem permanent gegen AfrikanerInnen gehetzt wird.

Es gibt eine politische Verantwortung dafür, dass hier in Österreich, sowie in ganz Europa, die Menschen- und BürgerInnenrechte zunehmend beschnittenwerden zugunsten des Ausbaus der Befugnisse der diversen Sicherheitsap­parate.

Es gibt eine politische Verantwortung dafür, dass vor allem ethnische undkulturelle Minderheiten zuallererst die ausgebaute Repressionsmas­chinerie zu spüren bekommen.

Es gibt eine politische Verantwortung für den gravierenden Rassismus in den Institutionen dieses Staates.

Daher fordern wir den sofortigen Rücktritt des amtierenden Innenministers – als Zeichen dafür, dass die politisch Verantwortlichen endlich dazu bereit sind, aus ihrer Verantwortung auch die Konsequenzen zu ziehen.

Daher fordern wir die Einführung eines wirksamen Anti-Diskriminierun­gsgesetzes – als deutliches Zeichen dafür, dass rassistisches Handeln von der Gesellschaft nicht akzeptiert werden kann.

Daher fordern wir die sofortige Suspendierung der beteiligten Beamten – alsSignal, dass der durch Rassismus verursachte Tod eines Menschen unter keinen Umständen zu tolerieren ist.

Daher fordern wir die Untersuchung der genauen Umstände des Todes von Cheibane Wague durch eine internationale Kommission – um Fälschungen undVertuschungen durch österreichische Bemate wie im Fall von Ahmet F., Marcus Omofuma, Imre B. und Richard Ipeque zumindest zu erschweren.

Desweiteren rufen wir alle anti-rassistischen demokratischen Menschen dazu auf, sich mit dem Afrikakulturdorf zu solidarisieren und das Projekt zu unterstützen. Dieses Projekt ist durch die Geschehnisse nun zu einem Symbolgeworden – für afrikanische Menschen in Österreich und dem Umgang mit ihnen.

Erklärung des Bundesvorstands der KPÖ – 15. August 2003

Tod im Stadtpark Am 15. Juli 2003 starb Seibane Wague im Zuge einer polizeilichen Amtshandlung im Stadtpark in Wien. KPÖ klagt an: "Schwarz" oder "Weiß" bestimmend über Leben oder Tod? Stellungnahme der KPÖ zur Urteilsverkündung, 9.11.2005 > Wer Richter Pohnert seinen Unmut faxen will: 01 40127 1537. Afrikanet.info –> > Demonstration gegen das Urteil > Plattform Gerechtigkeit für Seibane fordert: Staatsanwalt soll Berufungsverfahren anstrengen Berichterstattung zur Urteilssprechung: ORF-online Der Standard WienWEB KPÖ-Archivseiten: KPÖ-Infos zum Afrikakulturdorf und den Ereignissen 2003