KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Der Lucas-Plan

Sinnlos: Stingray torpedo, made by Lucas. Vor mehr als 30 Jahren entwickelte die Belegschaft von Lucas Aerospace sinnvolle Alternativen.

Von Pit Wuhrer (23.2.2007)

Als die Mitarbeiter eines britischen Rüstungskonzerns die Kühnheit besaßen, die Welt verändern zu wollen – „Wir wollten die Menschen aus ihrer Passivität lösen, die ihnen das System aufgezwungen hat.“ oder: Der jüngste Klimabericht zeigt – der „Lucas-Plan“ ist aktueller denn je. In nur einem Jahr hatten seinerzeit die Mitarbeiter von Lucas Aerospace ihr Produktionsmodell präsentiert, waren dann jedoch an der Sturheit von Labour-Regierung und Gewerkschaften gescheitert. Was bleibt da noch von der Vision? „Wir kamen einfach 30 Jahre zu früh“, glaubt Mike Cooley. Allmählich dämmere immer mehr Menschen, dass nicht stimmt, worauf viele lange Zeit eingeschworen wa­ren.

Schwimmende Kraftwerke

In nur zwölf Monaten entwickelten die Betriebsräte und Techniker der Lucas-Aerospace-Werke 150 Prototypen, die teilweise sofort hätten in Produktion gehen können. Sie unterteilten ihre Projekte in sechs Kategorien: Medizinische Apparate, alternative Energiequellen, Transportsysteme, Bremssysteme, maritime Anlagen und telechirurgische Geräte. Für die Medizin hatten die Belegschaften beispielsweise folgende Geräte entworfen: Eine Weiterentwicklung der stationären Nierenmaschinen zu tragbaren Dialysegeräten, denn Mitte der siebziger Jahre starben in Britannien jedes Jahr etwa 3.000 Dialyse-Patienten, weil sie in den Spitälern nicht versorgt werden konnten. Oder tragbare Defibrillatoren zur Versorgung von Herzinfarktpa­tienten (mittlerweile hat jeder Krankenwagen ein solches Gerät an Bord).

Mit der Ölkrise von 1973 wurde man sich erstmals der schwindenden Ressourcen bewusst. „Wir haben schon damals darauf hingewiesen, dass die fortschreitende Nutzung fossiler Energieträger gravierende Umweltfolgen hat“, sagt Mike Cooley. Schließlich kannten sie als Ingenieure das physikalische Gesetz, demzufolge „nichts umsonst zu haben ist“. So projektierte die Lucas-Aerospace-Belegschaft dank ihrer Erfahrung im aerodynamischen Bereich Windkraftwerke. Später entwarfen Lucas-Techniker mit der Belegschaft des norddeutschen Werftunternehmens Bloom und Voss das Konzept von schwimmenden Kraftwerken zur gleichzeitigen Nutzung von Wind-, Wellen- und Gezeitenenergie.

Lucas-Shop-Stewards dachten auch über Projekte nach, die Menschen in ärmeren Ländern nutzen könnten, und verwarfen den üblichen Technologietran­sfer. Staaten der Dritten Welt, empfahlen sie, sollten den technischen Fortschritt des Nordens daraufhin prüfen, „was man besser bleiben lassen soll“. Es gebe freilich Projekte, die allen zugute kämen wie energiesparende Multifunktion­sgeneratoren, die (ausgestattet mit einem Wechselgetriebe) tagsüber Wasserpumpen antreiben und nachts Strom erzeugen. Oder ein Schienen-Straßen-Fahrzeug, das dank der größeren Adhäsion von Gummireifen Steigungen überwindet, die konventionelle Eisenbahnen mit ihren Stahl-auf-Stahl-Rädern nicht bewältigen. Die Kombination von Reifen (für den Antrieb) und Schiene (zur Lenkung) erlaube es Dritte-Welt-Staaten, in Bergregionen auf kostspielige Bahntrassen mit Tunneln und Brücken zu verzichten. Nach erfolgreichen Tests zeigten die Regierungen von Sambia, Tansania, Indien und China Interesse.

Zum ganzen Artikel: Freitag, 23.2.2007