KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Freie Pflanzen für freie Menschen!

Sortenvielfalt in Gefahr -> Roter Mangold vom Jungpflanzenmarkt der Arche Noah

Von A.M. (30.4.2013)

Stellen Sie sich vor, eine Regierung würde es Menschen verbieten Gemüse anzubauen und das verwendete Saatgut weiterzugeben. Stellen Sie sich vor, es wäre verboten gesunde und fehlerfreie Paprika oder Paradeiser am Markt zu verkaufen, weil diese einer illegalen „alten Sorte“ angehören und damit nicht verkauft werden dürfen. Stellen Sie sich vor, dass es statt hunderter Sorten von Paradeisern oder Paprika nur mehr einige wenige geben wird, die legal erworben werden können, weil alle anderen verboten wurden.

Sie meinen das sei eine Dystopie, die einer/m Sciencefiction AutorIn, einer/m Verschwörungsthe­oretikerIn oder dem/der FührerIn einer apokalyptischen Sekte eingefallen ist? Falsch gedacht! Wenn es nach der EU Kommission geht, ist das bereits 2013 Realität – in ganz Europa.

Am 6. Mai werden die neuen Pläne der EU Kommission vorgestellt welche auf eine „strengere“ Kontrolle der in der EU verwendbaren Saatgüter hinauslaufen. Im Detail bedeutet das wohl, dass zukünftig kein „nicht registriertes“ Saatgut und natürlich auch kein Obst oder Gemüse aus solchen Samen verkauft werden darf. Wem das etwas bringt ist unschwer zu erkennen. Die großen Agrarkonzerne haben mit diesem neuen Gesetz etwas in greifbarer Nähe, was noch niemals eine Macht in der Menschheitsges­chichte jemals hatte, nämlich die Kontrolle über die Nahrungsmittel­versorgung von fast 400 Millionen Menschen.

Wenn es nach den Konzernen und deren gekauften GesetzgeberInnen geht, werden in Zukunft nur noch eine Handvoll Firmen bestimmen können, was für ein Paprika in Europa wachsen darf. Sie werden Lizenzgebühren für jedes Stück Gemüse oder Obst bekommen und eine Monopolstellung in der Herstellung von Saatgut haben. Die Menschen würden ihr Selbstbestimmun­gsrecht darüber verlieren was sie essen wollen. Für alle gäbe es nur noch zum Beispiel spanische Wasserparadeiser.

Wie abzusehen ist, wird diese Regelung zu einem massiven Verlust von „alten Sorten“ und damit zum Verlust der Biodiversität unserer Nahrungsmittel beitragen. Durch das Wegfallen der Möglichkeit solche Sorten weiter zu vermehren werden spezielle Arten die etwa an großen Höhen, besonderer Trockenheit, großer Hitze etc. angepasst sind, entweder patentiert und schließlich von den Konzernen aufgekauft werden, oder für immer verloren gehen. Neben dem „ungewollten“ Artensterben, droht damit ein absichtlich herbeigeführtes Artensterben bisher ungeahnten Ausmaßes.

Natürlich sei auch nicht vergessen, dass durch Monokulturen und die Förderung von wenig anpassungsfähigen Sorten, Krankheiten und Parasiten viel bessere Chancen haben riesigen Schaden anzurichten. Von einer Klimaveränderung gar nicht zu sprechen. In so einem Fall würde nicht nur unser Geschmack, sondern auch die Versorgungssicher­heit leiden. Es versteht sich von selbst, dass das Angeaute im Falle von riesigen Monokulturen einem größerem Risiko von Krankheiten ausgesetzt ist und so genannte „Schädlingsbekämpfun­gsmittel“ viel häufiger eingesetzt werden müssten. Vom Einsatz genmanipulierter Pflanzen gar nicht zu sprechen. Wer will deren Einsatz schließlich verhindern, wenn schlicht und einfach kein anderes Saatgut mehr existiert?

Abschließend sei noch auf der politischen Seite darauf hingewiesen, dass diese Verordnung zwar von der EU Kommission stammt und die EU damit einmal mehr beweist, dass sie im Grunde genommen nur geschaffen wurde, um die Kontrolle der Konzerne über Europa zu vereinfachen. Wer aber glaubt, dass dieses und andere Probleme schon durch ein Verlassen der EU gelöst werden können, verkennt die Lage gewaltig. Schließlich könnte (und wollte!) die österreichische Regierung den Agrarkonzernen auch ohne EU nichts entgegenstellen und es würde die Arbeit der Lobbyisten zwar etwas verlängern, 28 Staaten einzeln zu beeinflussen, aber durchkommen würden sie auch so.

Das Problem ist in diesem Fall nämlich auch – wie so oft – der neoliberale Kapitalismus, also ein System dessen Ziel darin besteht die Herrschaft der Konzerne über die Menschheit zu errichten und aufrecht zu halten.

Da das Problem Systemimmanent ist, kann also wieder einmal nur das Hinterfragen und Verändern des Systems die Lösung sein.

Quasi als tragischer Nachsatz sei erwähnt, dass auch die Konzerne schon längst selbst damit begonnen haben alle möglichen Sorten zu sammeln und einzulagern. So ist es wohl kein Zufall, dass ausgerechnet einige der größten Agrarkonzerne, zu den größten Spendern für die arktische Samenbank in Svalbard, Norwegen gehören …

Übrigens: Die KPÖ wird mittels Aktionismus am Montag, 6. Mai (11 Uhr) vor dem Haus der EU in Wien (Wipplingerstraße 35, 1010 Wien) versuchen, auf die Entwicklung aufmerksam zu machen.