Von: Michael Graber (9.7.2016)
Nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes zur Wiederholung der Stichwahl
zur Wahl des Bundespräsidenten wurde eine Reihe von Vorschlägen zur Reform des
Wahlrechts gemacht.
Der Innenminister kündigte an, ein zentrales Wahlregister einzurichten. Man
fragt sich: Warum erst jetzt? Gibt es denn nicht auch ein zentrales
Melderegister? So nebenbei konnte man erfahren, dass der Vorschlag schon seit
vielen Jahren im Parlament liegt, aber in den komplizierten Prozeduren und
Verhandlungen ums Wahlrecht als „Verhandlungsmasse“ übrig geblieben ist.
Warum ist ein zentrales Wahlregister so wichtig? Kleine Parteien, wie die KPÖ,
die vor jeder Wahl Unterstützungserklärungen aufbringen müssen, wissen
davon ein Lied zu singen. Für die Nationalratswahl sind zum Beispiel 2.600 auf
den Gemeindeämtern beglaubigte und bestätigte Unterstützungserklärungen zu
sammeln, wobei die Unterstützenden bei der Leistung ihrer Unterschrift
persönlich anwesend sein müssen. Gleiches gilt auch etwa für die Einleitung
eines Volksbegehrens, dafür sind 8.500 Unterstützungserklärungen
notwendig. Die Unterschrift kann jeweils aber nur in dem Gemeindeamt geleistet
werden, in dem der oder die Unterstützungswillige gemeldet ist. Das bringt
aber große Nachteile mit sich. Nur ein Beispiel: In kleinen Gemeinden ist es
für Viele oft schwierig aufs Gemeindeamt zu gehen, weil sie fürchten, wenn sie
eine Partei unterstützen, die dem Bürgermeister nicht paßt, Nachteile in Kauf
nehmen zu müssen. Mit dem Amtsgeheimnis in kleinen (und manchmal auch großen)
Gemeindestuben ist es, wie bekannt, nicht weit her.
Aber auch PendlerInnen haben es in kleinen Gemeinden oft schwer, unterschreiben
zu gehen, da deren Ämter meist nur ein paar Stunden am Vormittag offen halten.
Die VertreterInnen der KPÖ in der Bundeswahlkommission haben mehrmals auf
diese Hindernisse aufmerksam gemacht, sie wurden aber mit dem Argument
abgewiesen, dass es eben kein zentrales Wahlregister gibt, und die
WählerInnen-Listen Gemeindeangelegenheit sind.
Würde nun ein zentrales Wahlregister eingeführt, wäre es unerheblich, wo die
Unterstützungserklärung abgegeben, beziehungsweise die Unterschrift
geleistet wurde, denn jedes Gemeindeamt hätte dann Einsicht, ob der oder die
UnterstützerIn wahlberechtigt ist oder nicht.
In diesem Sinn haben die KPÖ-VertreterInnen in der Bundeswahlbehörde nach Ankündigung des Innenministers bereits argumentiert. Die Gesetze macht aber nicht die Wahlkommission, sondern das Parlament. Ein wichtiger Schritt zur Demokratisierung des Wahlrechts wär es deshalb, bei der Novellierung der Nationalratswahlordnung, den Ort der Unterstützungsleistung frei zu geben. Wir machen schon jetzt darauf aufmerksam, damit im parlamentarischen Getriebe nicht etwa darauf „vergessen“ wird, diese Schikane zu beseitigen.