KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Das tägliche Propagandastück

(20.8.2017)

Über Unkultur und Funktion klassischer und neuer Medien. Von Christian Kaserer – erstveröffentlicht in Volksstimme Nr. 7–8/August 2017

Für Lenin war es klar: Medien, in Lenins Fall Zeitungen, haben die Funktion des Zentralorgans. Was sie verkünden, das ist die Meinung der Partei und nichts anderes. So mancher wird hier nun die Nase rümpfen. Medien, besonders Zeitungen haben doch die Aufgabe, neutral und fundiert über Geschehnisse zu berichten. Parteipolitische Motive und Einflussnahme haben nichts in dieser Branche zu suchen. Nicht nur die allgemeine Meinung in der Bevölkerung, sondern ebenso ein journalistischer Ehrenkodex stellen diese Überparteilichkeit als hehre Maxime in den Vordergrund. Aber ist das noch (oder war es jeh) Realität?

Rote und schwarze Schweine

»In diesem fürchterlichsten aller Staaten haben sie ja (wieder) nur die Wahl zwischen schwarzen und roten Schweinen.« So, oder so ähnlich, mag es einem erscheinen, betrachtet man die österreichische Zeitungswelt einmal etwas genauer. Das Gros der hier erscheinenden Periodika weist die ÖVP als indirekte Eigentümerin auf. Die ehemals schwarze, nun türkise Volkspartei hält durch ihr Bankenimperium Raiffeisen große Anteile an der Mediaprint-Gruppe sowie an der Styria Media Group. Nach dem Österreichischen Rundfunk ORF handelt es sich bei beiden um das zweit- sowie drittgrößte Medienunternehmen im Land.

Die Presse, die Kleine Zeitung, der Kurier, das gesamte NEWS-Ökosystem mit dem Profil, die kostenfreien Bezirkszeitungen der Regional Medien Austria und sogar ein Teil der Kronen-Zeitungen stehen somit mehr oder minder unter fragwürdigem Einfluss. Beim ORF selbst sowie bei der dem Bundeskanzleramt unterstehenden Wiener Zeitung indes kann man hellroten Einfluss vermuten. Wen mag es also wundern, falls in all diesen Redaktionen unausgesprochene schwarze Listen und tendenziöse Berichterstattung zugegen sind? Der freien, unvoreingenommenen und neutralen Berichterstattung sind in solchen Spinnweben schnell Grenzen auferlegt. Auch bei unabhängigen Medien tun sich bald ideologische Verwerfungen auf. Während dem Standard nachgesagt wird, er werde inzwischen von der Presse links überholt, tut sich der linksliberale Falter nebst seinen investigativen Recherchen nicht nur mit seinem Kampf gegen die FPÖ, sondern auch gegen alles links der Grünen – also mit starkem Antikommunismus – hervor.

Die Boulevards

Was für die Deutschen die Bild-Zeitung um Axel Springer ist, sind den ÖsterreicherInnen die Kronen- und die Heute-Zeitung. Die beiden wichtigsten und am stärksten hetzenden Boulevards im Land sind in der Hand der Familie Dichand oder mit ihr stark verbandelt. Gerade die Krone brillierte immer wieder mit heftigem Rassismus, Antisemitismus und völlig frei erfundenen Geschichten und wird auch regelmäßig vom Presserat dafür gerügt. Nicht nur Volksgruppen, auch Einzelpersonen werden in der Redaktion zu Feinden erkoren und gnadenlos zu Fall gebracht. Hass, Angst und Hetze zahlen sich im Land der Berge aus: Bis heute ist die Krone meinungsbildendes Medium, und PolitikerInnen unterhalten enge Bande zur Redaktion. Ähnlich verhält es sich mit der Zeitung Heute. Sie ist im Gegensatz zur Krone gratis, entzieht sich aber wie ihr großes Vorbild der Schiedsgerichtsbar­keit des Presserats, dessen Mitgliedschaft beide beharrlich verweigern. Während vor allem die Krone mit abnehmenden LeserInnenzahlen zu kämpfen hat, tut sich das Gratis-Medium Österreich gerade aufgrund einer Online-Strategie besonders hervor. Inhalt und Duktus sind – es ist nun einmal Boulevard – ähnlich, die Verbreitung der Hetze allerdings nun auch digital.

Alternative Medien und das Netz

Österreich ist in zweierlei Hinsicht ein europäisches Phänomen. Nicht nur fehlt
es hier an einer Linkspartei im Parlament, ebenso mangelt es an einem auflagenstarken, einflussreichen linken Medium. Während mit dem Freitag, dem Neuen Deutschland sowie der Jungen Welt gleich drei Zeitungen in Deutschland mit über 20.000 Exemplaren versuchen, dem Rechtsruck eine linke Öffentlichkeit entgegenzustellen, sind Auflage und Verbreitung der Volksstimme und einiger digitaler Projekte wie z. B. Unsere Zeitung (www.unsere-zeitung.at) vergleichswei­se klein.

Angesichts einer solch desolaten Lage im Bereich der etablierten Printmedien fragt man sich, wie es denn um das Gefechtsfeld Internet bestellt sein mag? Auch hier dominieren einige wenige. Auf der einen Seite ist das Magazin vice, welches ganz im hippen, neoliberalen Zeitgeist publiziert, jedoch gezielt politische und soziale Fragen umgeht. Auf der anderen Seite steht das FPÖ-nahe (Des-)Informationsportal unzensuriert.at. Auf die hier gestellten, rassistischen und hetzenden Frage gibt es nur eine Antwort: H.-C. Strache und die FPÖ. Gezielt werden Unwahrheiten publiziert, Falschmeldungen über kriminelle und mordende Asylwerber verbreitet, PolitikerInnen anderer Lager diffamiert. Rhetorisch wird ein Bürgerkrieg heraufbeschworen. Das Ergebnis ist verheerend: Gerade über die sozialen Medien verbreiten sich die erdichteten Inhalte rasant und das Portal erfreut sich einer stets wachsenden Anzahl an AutorInnen, die stolz ihre Verschwörungsthe­orien präsentieren. Hier versteckt sich auch die Gefahr der sozialen Medien. Laut aktuellen Umfragen nutzen immer mehr Menschen Facebook und Twitter nicht, um mit Menschen in Kontakt zu bleiben, sondern als Meta-Medium oder Sammelsurium, um aktuelle Meldungen von verschiedenen­Nachrichtenpor­talen gesammelt beschauen zu können.

Den traditionellen, etablierten Medien und ihren Online-Ablegern stehen Einzelpersonen und Portale im Stile von unzensuriert.at entgegen. Begriffe wie Rotfunk, Lügenpresse, Systemnachrichten und Fake News prägen diesen Kampf und die Frage, welchen Meldungen man vertrauen kann, ist noch schwieriger zu beantworten, als sie dies ohnehin bereits war. Doch neben diesen ja offensichtlich organisierten Formen ist der eigentliche Krieg kaum erkennbar. Wie die wissenschaftspo­pulistische Zeitschrift Spektrum im Februar berichtete, konnten ExpertInnen nachweisen, dass eine große Zahl von Accounts auf Twitter von Bots – also Computerprogrammen – verwaltet wird. So wurde eine ganze Bot-Armee von 15.000 Accounts aufgedeckt, welche seit dem Ukraine-Konflikt 60.000 antirus­sische Botschaften pro Tag verbreitet. Und auch die Gegenseite weiß wohl, diese Mittel einzusetzen. Solche Zahlen lassen erschaudern und darüber spintisieren, was da noch unentdeckt vor sich hin werkeln mag.

Zentralorgan alt vs. Neu

Resümierend ist es klar: Die Leninsche These des Zentralorgans ist nicht anachronistisch, sondern aktueller denn je. Ein feiner Unterschied indes kennzeichnet kapitalistische bzw. neoliberale und ehemals kommunistische Propaganda: Das, was gesagt wird. Während die kommunistischen Zeitungen sich dezidiert und stolz als Zentralorgan titulierten und Dinge klar als das benannten, was sie, jedenfalls im Auge der Partei waren oder die Propagandalinie vorgab, bestehen parteiische Medien dieser Tage darauf, sich als »unabhängig« zu deklarieren, obwohl Schlagwörter wie wirtschaftsori­entiert, liberal und christlich oft das Gegenteil meinen.

In der Berichterstattung nimmt es sich, den Boulevard ausgenommen, so aus, dass unliebsame Themen nicht zu Feinden erkoren, sondern ignoriert werden. Exemplarisch sei hier der Umgang mit der KPÖ und anderen linken Bewegungen genannt. Während Medien über die Abspaltung der grünen Jugend von der Mutterpartei genüsslich berichteten, war der Zusammenschluss von Teilen der Jungen Grünen mit den KommunistInnen zu KPÖ PLUS kaum eine Erwähnung wert. Trotzdem die KPÖ als staatstragende Partei und maßgeblich für die Unabhängigkeit des Staates Österreich verantwortlich war und unter anderem in der Steiermark beachtliche Ergebnisse einfährt, wird sie in den meisten Umfragen nicht dezidiert genannt. Ähnlich erging es den Piraten, die trotz des deutschen Hypes um sie in Österreich medial abgestraft wurden, während die NEOS als neoliberaler Zusammenschluss damit keine Probleme hatten.

Auch die Einladungspolitik bei den Fernsehdiskus­sionen, die durch den Druck der Privatsender mittlerweile immer zahlreicher, wichtiger und auch oberflächlicher werden, zeugt über Jahrzehnte hinweg von einem beachtlichen »Desinteresse«. Wichtiges Werkzeug ist dabei das willkürliche Regelwerk: Mal wird eingeladen, wer in der letzten Periode ausreichend gewählt wurde, mal alle jene, die Klubstärke haben, mal wieder geht es um realistische Chancen für den Einzug. Bei der kommenden Nationalratswahl, mit ihren vielen neuen Listen, wird besonders interessant zu beobachten sein, welche Kriterien dieses Mal aufgestellt werden. Immer ist aber ausschlaggebend: Die angebliche Neutralität der Berichterstattung ist zum Euphemismus dafür verkommen, das, was man nicht mag und nicht will, nicht zu kritisieren, sondern zu ignorieren und totzuschweigen.

Man braucht sich jedenfalls nicht zu wundern, in welche Richtung es auch die Kommunikation­skultur der großen politischen Parteien in den letzten Jahren verschlägt, die sich längst ganz der Hörigkeit gegenüber diesem Medienspektrum verschrieben hat.


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