KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Wir wollen eine andere Welt

Liebe Genossinnen und Genossen,

die erste Sitzung unseres Parteitages haben viele GenossInnen mit einem Gefühl der Erleichterung verlassen: Durch die gemeinsame Beschlussfassung des von Manfred Gross vorgelegten Papiers "Wofür steht die KPÖ?" und des steirischen Alternativantrages "Wir wollen eine nützliche Partei für die Menschen sein", die sich in weiten Passagen inhaltlich entsprachen, war ein tragfähiger Kompromiss für die Weiterarbeit gefunden. Aus jetziger Perspektive ist ein solcher tragfähiger Kompromiss für unsere 2. Sitzung noch in weiter Ferne. Gescheitert ist z.B. der gemeinsame Versuch von Ernest Kaltenegger und mir zu einem deutlich verkleinerten Wahlvorschlag zu kommen. Charakteristisch für die Lage ist auch ein Antrag, der darauf hinaus läuft, dass die Arbeit der Wahlkommission, die von der ersten Sitzung des Parteitages gewählt wurde, faktisch aufgehoben werden soll. Wollte man einen möglichst irrationalen Wahlvorgang erfinden, dann würde er ungefähr so wie in diesem Antrag skizziert ausschauen: man nehme möglichst viele KandidatInnen, die möglichst wenig Leute kennen, präsentiere sie möglichst unübersichtlich und warte, was heraus kommt.

Gerade angesichts dieser Lage sind Augenmaß, Ruhe und Übersicht auf der zweiten Sitzung unseres Parteitages besonders entscheidend.

Vor neuen Herausforderungen und Möglichkeiten

Trotz der ernsten Probleme, die meines Erachtens nicht weniger als den Bestand unserer Partei in Frage stellen, möchte ich zunächst von den Herausforderungen und Möglichkeiten sprechen, vor denen unsere Partei steht.

Der österreichische Kapitalismus, Teil der neoliberalen kapitalistischen Globalisierung, befindet sich mitten in einem Umbruch. Dieser Umbruch, der von der Technologie und den Arbeitsbeziehungen seinen Ausgang nimmt, wälzt den gesamten Überbau einschließlich der Kultur und der Lebensweise um - und zwar auf seiner kapitalistischen Grundlage, der er neue Dynamik verleiht.

Für unsere heutige Diskussion ist vor allem wichtig: erstmals seit Jahrzehnten stößt dieser kapitalistische Umbruch auf Widerstand in weiten Teilen der Gesellschaft. Das ist ein Einschnitt in der Geschichte der Zweiten Republik.

Dabei stimmt, was der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, im Interview mit der Volksstimme über den Streik sagt: "Der ÖGB hat seine zentralen Forderungen nicht durchgesetzt."

Dafür ist ein Bündel von Faktoren verantwortlich: zu allererst der brutale Zynismus der blauschwarzen Regierung, die den Abfangjägerkauf und die Pensionskürzungen in einer Sitzung durchgezogen hat. Verantwortlich ist aber auch die politische Instinktlosigkeit von Alfred Gusenbauer, der meinte, die Koalition über ein Spargelessen mit Jörg Haider ausheben zu können; möglich wurde das das letztliche Durchsetzen der Pensionsabbaus aber vor allen, weil es zu seiner Notwendigkeit, Unausweichlichkeit eine generelle Übereinstimmung zwischen Regierung, Opposition und veröffentlichter Meinung gab.

Das ist einer der Gründe, weshalb die ÖGB-Spitze den Streik quasi mit angezogener Handbremse geführt hat, und der Präsident über weite Strecken nicht genau gewusst hat, ob sein Platz eher am RundenTisch mit den sogenannten "Sozialpartnern" und den Spitzen der Republik oder bei den Betriebsversammlungen der Kollegen sein soll. Für diese Unentschiedenheit ist die politische und ideologischen Bindung der ÖGB-Spitze an die Sozialdemokratische Partei ausschlaggebend, die sie mit dem in der Gesellschaft bestehenden neoliberalen Konsens verbindet.

"Reformieren statt abkassieren", so der Hauptslogan des ÖGB im Streik, steht für das strategische Dilemma der SP-Gewerkschafter. Naiverweise könnte man annehmen, dass mit "Reformen" so etwas wie die "bedarfsorientierte Grundsicherung", die "Sozialversicherung für alle Beschäftigungsverhältnisse" oder das "das gleiche Recht für MigrantInnen" gemeint wäre. Doch gerade so ist es eben nicht. Sagen soll der Slogan vielmehr: Ja - auch wir ÖGB-Spitze akzeptieren, dass die Gesellschaft sich das Alt-werden in der bisherigen Form nicht mehr leisten kann. "Reformieren in diesem Sinne, dem Sinn der Regierung, der "Sozialpartner", der Experten und der Medien buchstabiert sich immer als: Länger arbeiten für weniger Geld.

Dabei müsste es die ÖGB-Spitze besser wissen. Aus einer neuen Studie der AK-Wien ist zu entnehmen, dass zwischen 1997 und 2001 die Arbeitsproduktivität in der Industrie um 17 Prozent gestiegen ist, während sich der Personalaufwand je MitarbeiterIn um schmale 10 Prozent erhöht hat. Diese Zahlen illustrieren ein quasi-Naturgesetz des heutigen Kapitalismus, dass nämlich die Zuwächse in der Arbeitsproduktivität, die wie schon der Namen sagt, erarbeitet werden, automatisch dem Kapital zufallen.

"Wär' ich nicht arm, wärst du nicht reich", heißt es bei Bertold Brecht.

Und so erhöhte sich auch die Gewinnausschüttung in der Industrie um 116 Prozent - und die stets beklagte, angeblich zu niedrige Eigenkapitalquote der österreichischen Unternehmen von 38 auf 41 Prozent.

Es nimmt daher auch nicht Wunder, wenn schon nicht die Wirtschaft in Österreich wächst, so doch die Zahl der Euro-Millionäre: und zwar auf 60.000, wie man dem neuen "World Wealth-Report" entnehmen kann.

Wenn man - anders als SP und Grüne - das Gesetz von der wunderbaren Kapitalvermehrung durch Steigerung der Arbeitsproduktivität nicht akzeptiert, zeigt die Studie der Arbeiterkammer zweierlei:

- wo und wie das Geld für eine nachhaltige Finanzierung der Pension zu holen wäre: nämlich beim Großvermögen. Und zwar auf dem Wege einer Wertschöpfungsabgabe bzw. einer durchgreifenden Kapitalbesteuerung. Das sind keineswegs, wie man meinen könnte, nur steuertechnische Forderungen. Hier geht es um Grundfragen der Verteilung. Mehr noch: Es geht darum, den Anspruch des Kapitals auf die Arbeitsproduktivität zu bestreiten, die Frage zu stellen, woher in hochtechnisierten Gesellschaften der Reichtum kommt, und wer darauf Anspruch erhebt.

Namen und Gesichter der Partei

- Deutlich wird an der AK-Studie aber auch, wie seltsam die Strategie des ÖGB-Vorsitzenden angelegt war, ausgerechnet mit den Unternehmervertretern, die die Produktivitätszuwächse der Besteuerung entziehen um sie einzustreichen, die damit für die Finanzierung des Sozialstaates fehlen, eine "sozial ausgewogene Pensionsreform" auf die Beine stellen wollen.

Interessant ist auch, dass Hans Sallmutter auf die Frage der Volksstimme, ob es nicht besser gewesen wäre, den Streik fortzusetzen zu Protokoll gibt: "Die Stimmen, die diesen Weg einforderten, waren nicht stark genug." Daran, dass diese Stimmen nicht stark genug waren, sollte man sich vor allem bei den AK-Wahlen im nächsten Jahr erinnern und für den Gewerkschaftlichen Linksblock stimmen!

Aber immerhin es gab Stimmen, die für eine kämpferische Fortsetzung der Aktion eintraten. Und daher kann man den ÖGB auch nicht ausschließlich und soll ihn auch nicht in erster Linie von seiner Spitze her beurteilen.

Hunderttausende Menschen haben in den letzten Wochen konkrete Kampferfahrungen gemacht, und KommunistInnen und GLBlerInnen waren mitten unter ihnen.

- Genosse Rennert, der in Salzburg namens des Sozialforums vor Tausend ArbeiterInnen auf der Staatsbrücke gesprochen hat

- Robert Hobek, der "sein Postamt" als erstes von fünf in Wien in den Streik geführt hat

- Karin Antlanger, Betriebsratsvorsitzende, die auf einer wichtigen ÖGB-Konferenz in Oberösterreich durchsetzte, dass die Wertschöpfungsabgabe prominent in den Forderungskatalog aufgenommen wurde,

-Theo Schneider, der gemeinsam mit Beatrix Todter und Robert zu den InitiatorInnen der Initiative zur Verteidigung des öffentlichen Eigentums an den Unternehmen der Daseinsvorsorge gehört, und der diese Woche mit 94 Prozent in die Zentralleitung der Gewerkschaft der Eisenbahner gewählt wurde. (Ich erwähne das nicht nur deswegen, weil mir selbst auf diesem Parteitag ein solches Wahlergebnis nicht vergönnt sein wird, sondern weil er damit mehr Stimmen erhalten hat, als der Vorsitzende seiner Gewerkschaft und der Leiter der christlichen Fraktion.)

Alle diese Erfahrungen zählen und gehören dazu, wenn wir unserer Partei Namen und Gesicht geben wollen.

Auf unserem Parteitag wird es uns - leider - aus den bekannten Gründen nicht möglich sein, die Auswertung dieser Erfahrungen vorzunehmen. Wir sollten uns aber darauf verständigen, das Memorandum über die Sicherung des Sozialstaates zu beschließen und den neu gewählten Bundesvorstand beauftragen, eine Konferenz zur Auswertung der Streikerfahrungen vorzubereiten.

Teilnahme an der Friedensbewegung

Über eine zweite wichtige Erfahrung wurde auf der ersten Sitzung des Parteitage bereits gesprochen: unsere Teilnahme an der Bewegung gegen den imperialistischen Krieg, den die USA, Großbritannien und ihre Verbündeten im Irak geführt haben. Zwanzig Millionen Menschen waren am 15. Februar weltweit in 650 Städten auf Demonstrationen gegen diesen imperialistischen Krieg auf der Straße und haben damit den Aufruf der Sozialforen beantwortet. Auch in Österreich waren die Demonstrationen in Wien und in den Landeshauptstädten die größten Friedensdemos seit der Raketenstationierung in den 80er Jahren. Auch in Österreich waren sie durch ein neues breites Bündnis von GewerkschafterInnen, neuen Sozialen Bewegungen, Linken, SozialdemokratInnen, ChristInnen, KommunistInnen und VerteterInnen der Migranten-Gemeinschaften charakterisiert.

Hier ist eine neue Zusammenarbeit zwischen traditionellen und neuen TrägerInnen des Widerstands gegen Neoliberalismus und Krieg entstanden, ein neues Vertrauen und eine neue Solidarität. Das hat auch inhaltliche Voraussetzungen: entschieden und entschlossen war unser Widerstand gegen die neuerliche imperialistische Aggression, und genauso unzweideutig haben wir klar gemacht, dass der Widerstand gegen den US-Krieg nicht die Zustimmung oder die Solidarisierung mit dem blutigen Regime von Saddam Hussein bedeuten kann.

Linke und kommunistische Politik verlangt grundsätzlich, sich mit den Entrechteten und Unterdrückten zu solidarisieren. Hier kann es nicht um eine Wahl zwischen zwei Üblen gehen, und "Antiimperialismus" läuft nicht darauf hinaus, wie manche behaupten, dass ich den Feind meines Feindes zu meinem Freund erkläre.

Drei strategische Differenzen

Wenn man die letzen 10 Jahre der Parteientwicklung Revue passieren läßt, dann waren sie einerseits gekennzeichnet durch die immer schwieriger werdende finanzielle Lage, durch Einsparungsrunden, Improvisationen und davon ausgehenden politischen Auseinandersetzungen; andererseits durch das ständige Suchen nach Möglichkeiten, das nach 1989/90 verloren gegangene politische Terrain wieder zu gewinnen. Manches hat sich dabei als ein Irrweg herausgestellt. Der selbstkritische Blick auf diese Periode der Parteientwicklung ist also notwendig. Andererseits aber sind wir in politischen und grundsätzlichen Fragen aber richtig gelegen.

Wenn man die Fülle der geleisteten Arbeit vor Augen hat, würde nachgerade absurd, die letzten 12 Jahre als "verlorene Jahre der Parteientwicklung" zu disqualifizieren.

- War richtig oder falsch, gegen den EU-Beitritt gekämpft und gestimmt zu haben - und zwar trotz einiger Entgleisungen konsequent von internationalistischen und linken Positionen ausgehend?

- War richtig oder falsch, dass wir als einzige österreichische Partei, 78 Tage lang mit den hier lebenden Jugoslawen und Jugoslawinnen gegen den völkerrechtswidrigen Krieg der NATO-Aggression demonstriert haben?

- Ich bin auch, und heute mehr denn je, davon überzeugt, dass es richtig und nicht falsch war, nicht nur in den ersten Wochen, sondern auch danach gegen die Schwarz-Blau Regierung demonstriert zu haben. Die Regierungsbildung 2000 war keine normale Angelegenheit, sondern eine Grenzüberschreitung und gegenüber Rassismus egal in welcher Form darf es auch keine Gleichgültigkeit geben.

Wenn man die These von "zwölf verlorenen Jahren" akzeptierte, so träfe das nicht nur auf die leitenden Menschen zu oder auf den Bundesvorstand, sondern auf die Gesamtpartei, und die Mitglieder, die in dieser Zeit der KPÖ beigetreten sind.

Sollen wir beispielsweise der Genossin Todter erklären, die über die Bewegung gegen Schwarz-Blau der KPÖ beigetreten ist und jetzt eine wichtige gewerkschaftliche Funktion ausübt, dass das ein Irrtum war; oder dem Genossen Schäfer, der zu einem wichtigen Koordinator des Sozialforums in Wien geworden ist, dass er Angehöriger einer quasi "verlorenen Generation" ist.

Schauen wir doch genau hin!

Der Genosse Zach hat bei einer der letzten Bundesvorstandsitzungen mit einer Statistik darauf hingewiesen, dass im Bundesvorstand, so wie übrigens im österreichischen Parlament die überwiegende Mehrheit der Beschlüsse einstimmig oder fast einstimmig beschlossen worden ist. Neben diesen Übereinstimmungen gab es allerdings drei bedeutsame Auffassungsunterschiede, die die politische Strategie betreffen:

1. Die Wahlpolitik:

Praktisch die gesamten 90er Jahre war strittig, ob wir bei allgemein politischen gesamtösterreichischen Wahlen antreten sollen oder nicht.



Unsere Ergebnisse lesen sich dabei folgendermaßen:

1990 (Spitzenkandidat:Silbermayr) 25.000 Stimmen

1994 12.000 Stimmen

1995 14.000 Stimmen

1996 18.000 Stimmen

2000 22.000 Stimmen

2002 27.000 Stimmen

Diese Fortschritte sind sehr bescheiden, aber zum einen sind es Fortschritte und zum anderen muss man wissen, dass wir noch 1990 einen Parteiapparat mit 300 Beschäftigten hatten, eine Tageszeitung herausgeben haben und uns finanzielle Mittel zur Verfügung standen, die vier bis fünf mal zu groß waren wie heute.

JedeR weiß, dass heute die erste Kampfaufgaben bei Wahlen darin besteht, überhaupt bundesweit auf dem Stimmzettel zu stehen, das heißt die Unterstützungserklärungen beizubringen, was in Vorarlberg, Salzburg, Kärnten und Tirol (dort zu 80 Prozent) nur durch einen großen Einsatz zentraler HelferInnen möglich ist.

War und ist es richtig oder falsch, diesen Kampf zu führen?

Hätte es uns weiter gebracht, wie uns manche empfohlen haben, nicht anzutreten?

Meiner Meinung nach und das war die Argumentation, die sich im Bundesvorstand mehrheitlich herausgebildet hat, wäre die einzige Konsequenz eines Heraushalten aus allgemein politischen Wahlen, dass eben keine linke Alternative auf dem Stimmzettel aufscheint. Wir hätten aber kein einziges Betriebsrats- und kein einziges Gemeindesratsmandat mehr gewonnen! Wir haben in den letzten Jahren gerade in Gemeinden und Betrieben Positionen ausbauen und neue gewinnen können.

Zu Recht wurde und wird über unser außerordentliches Wahlergebnis in Graz gesprochen. Wir haben aber auch eine starke kommunalpolitische Position in Hallein erkämpfen können, in Krems hat der Gen. Kral sein Mandat zurückgeholt, in Villach haben wir uns bei den letzten Gemeinderatswahlen verdoppelt und in Klagenfurt vervierfacht

Macht es also Sinn, die allgemein politische und die lokale politische Arbeit in einen so schroffen Gegensatz zu stellen, wie es bisweilen geschieht? Tatsache ist doch, dass viele neue Mitglieder erst in Wahlkampagnen die KPÖ kennengelernt haben und nicht wenige unserer neuen Strukturen sich im Vorlauf von Wahlkämpfen gebildet haben.

Die Differenzen der letzten Jahre lassen sich nicht über die Schlagworte "Parteiaufbau von unten" gegen "Parteiaufbau von oben" abhandeln. Das wäre allein schon deswegen unrichtig, weil die Spitzenfunktionäre unserer Partei gleichzeitig an der Basis arbeiten.

Die Differenzen gehen um andere Fragen:

- um den offenen und ehrlichen Umgang mit der Geschichte unserer Bewegung, die eben nicht nur eine des Heroismus und des Antifaschismus ist, sondern auch den Stalinismus und das jahrzehntelange Nicht-zur-Kenntnis-nehmen seiner Verbrechen beinhaltet. Dieser offene Umgang ist erforderlich, um unsere neue Identität entsprechend des Ideals eines demokratischen, antipatriarchalen und emanzipatorischen Sozialismus zu entwickeln. Es ist kein Zufall, dass nach der Publikation der Untersuchung über die Stalinismus-Opfer unserer Partei durch Franz Muhri und mich die Angriffe auf die Parteiführung mit solcher Erbitterung begonnen haben.

- Die Bedeutung des Feminismus in Theorie und Praxis. Es ist kein Zufall, dass die Genossin Ambrosch, die nicht nur in der Öffentlichkeit für das Frauenprogramm der KPÖ steht, sondern auch innerhalb der Partei konsequent gegen jeden Sexismus auftritt und dafür sorgt, dass das Frauenprogramm mit Punkt und Beistrich auf der Tagesordnung bleibt, mit solcher Heftigkeit und Bösartigkeit attackiert wird.

- Darum, dass wir in der Migrationspolitik Kurs halten, auch wenn uns das in der konkreten "Alltag-Politik" in Gegensätze zu Stimmungen in nicht geringen Teilen der Arbeiterklasse bringt. Daher ist wichtig, dass sich mit der GO-42 in Wien eine Parteigruppe gebildet hat, die die Migrationspolitik ins Zentrum der Aktivitäten stellt.

- Ein pluralistisches und demokratisches Politik-Verständnis in Bewegungen und innerhalb der eigenen Partei.

Zu alle dem haben wir uns in den letzten 10 Jahren Positionen erarbeitet, und diese sollen jetzt revidiert werden. Darum geht es in den Auseinandersetzungen. Und diese Auseinandersetzungen werden mit Recht auch an Personen festgemacht, denn mit der gegenwärtigen Parteiführung wäre eine Revision dieser Positionen nicht durchführbar.

2. Politische Differenz: Europapolitik

Wir haben 1995 den EU-Beitritt aus vielen und guten Gründen abgelehnt. Wir haben die EU als das Europa der Konzerne gekennzeichnet, die Maastricht-Kriterien als die Geißel, mit der der neoliberale Sozialabbau durchgepeitscht wird. Wir haben den Gegensatz zwischen der Mitgliedschaft in einer Gemeinschaft, die sich perspektivisch zu einer Militärunion entwickeln möchte und der österreichischen Neutralität herausgearbeitet. Und wir haben um noch ein Beispiel zu nennen, die EU als Festung der Reichen charakterisiert, die sich mit rassistischen Einwanderungs- und Asylgesetzen von den Auswirkungen der eigenen Politik abschotten möchte.

Wir haben in all diesen Punkten recht behalten.

Die Grünen haben einen weiten Weg zurückgelegt vom ursprünglichen Nein zum beinahe fundamentalistischen Eifer, mit dem der EU-Abgeordnete Voggenhuber heute den EU-Bundesstaat verficht.

Auch wir haben unsere Politik verändert, allerdings in anderer Weise als die Grünen. Auf der ersten Sitzung des Parteitages haben wir die Umakzentuierung noch einmal bestätigt: der EU-Austritt ist aus heutiger Sicht nicht prioritäres Ziel, sondern nur eine Option, die wir langfristig offen halten wollen.

Gewollt oder ungewollt, jedenfalls ist es ein Missverständnis, dass wir mit dieser neuen Akzentsetzung unsere EU-kritische Position aufgeben wollten.

Weiterhin stehen wir

- gegen die Militarisierung der Europäischen Union und für die Beibehaltung und Weiterentwicklung der österreichischen Neutralität. Deshalb unterstützen wir auch das Neutralitäts-Volksbegehren, dessen Einleitung bis zum Ende dieses Jahres sichergestellt werden soll.

- Für die Öffnung der Festung Europa und ihrer Grenzen. Gleiche Rechte für alle in Europa lebenden Menschen: Menschenrechte statt Staatsbürgerrechte!

- Angleichung der sozialen und ökologischen Standards und zwar nach oben

- Transparenz und Demokratisierung der EU-Institutionen

- Kein Einbau der EURATOM-Verträge in eine EU-Verfassung

- Europaweite Volksabstimmung über den Verfassungsentwurf der EU

Österreich im Jahr 2003 unterscheidet sich wesentlich von Österreich zu Anfang der 90er Jahre. Mit Ausnahme der Schweiz und Liechtenstein werden demnächst alle Nachbarstaaten Österreichs Mitglieder der EU sein . Wirtschaftlich besteht eine entscheidende neue Rahmenbedingung darin, dass in der große Verstaatlichten Industrie- und Finanzsektor heute privatisiert und unter der Kontrolle der transnationalen Konzerne steht. Die österreichische Wirtschaftspolitik wird heute von der Europäischen Zentralbank und den Finanzmärkten wesentlich gesteuert.

Nicht, dass damit die Bedeutung von lokalen Kämpfen oder Auseinandersetzungen im nationalstaatlichen Rahmen abnehmen würde. Aber klar ist, dass sozialpolitische Forderungen und Fortschritte nicht mehr ausschließlich im nationalstaatlichen Rahmen erhoben und durchgesetzt werden können, sondern europaweit - und vielfach global - vertreten werden müssen.

Ist es denn Zufall, dass Streiks gegen den von der EU verordneten Pensionsabbau in Griechenland, in Spanien, Frankreich und Österreich stattgefunden haben.

Wirksamen Widerstand gegen den Neoliberalismus zu leisten erfordert die Vernetzung der sozialen Bewegungen, der Gewerkschaften und der linken Parteien, die mehr und anderes wollen als den Kapitalismus verwalten.

Im Zeitalter der kapitalistischen Globalisierung wird die Internationalisierung der Linken zu einer der entscheidenden Zukunftsfragen. Das müssen wir in unserer Programmatik, in unserer Politik und Methodik der Arbeit berücksichtigen. Es hatte große Bedeutung, das die KPÖ Teil dieses Prozesses ist. Und ob wir das weiterhin sein wollen und sein können, entscheidet sich auch auf dem heutigen Parteitag.

3. KommunistInnen und Bewegungen

Die seltsamste Debatte, die wir in den letzten Jahren geführt haben, ist die , ob sich die KPÖ in sozialen Bewegungen, wie die gegen Schwarz-Blau oder der GlobalisierungskritikerInnen beteiligen soll.

"Die KPÖ hechelt hinter Bewegungen her, ohne eigenes Profil zu entwickeln", meint Manfred Eber im "Standard". Wäre der Gen. Eber in Hallein gewesen, so wie 2000 andere, könnte er nicht von "hinter her hecheln" reden, sondern wüßte, dass vieles dort nur stattfinden konnte, weil Kommunistinnen und Kommunisten, so der Gen. Eschbacher, unser Gemeinderat, auf vielfältige Weise beigetragen haben.

Im "Kommunistischen Manifest" lese ich: "Der Kommunismus ist die selbständige Bewegung der ungeheuren Mehrzahl im Interesse der ungeheuren Mehrzahl."

Bei Lenin könnte man lernen: Aufgabe der KommunistInnen ist es, alle Körner des gesellschaftlichen Protests aufzuspüren, und sie im Sinne einer allseitigen Auseinandersetzung mit dem kapitalistischen System zusammenfassen.

In der "Deutschen Ideologie", dem ersten von Marx und Engels verfassten gemeinsamen Werk liest man: "Kommunismus ist nicht ein Zustand und nicht ein Ideal, sondern die wirkliche Bewegung, die den jetzigen Zustand aufhebt."

Und etwas weiter unten: "Das Proletariat kann nur weltgeschichtlich wie der Kommunismus als weltgeschichtliche Aktion" bestehen.

Das Entstehen solcher Bewegungen im Kampf gegen den Neoliberalismus und dem Krieg erleben wir gerade heute. In Seattle, in Prag, in Genua, in Porto Alegre und in Florenz. Wir KommunistInnen sind weltweit und auch in Österreich Teil dieser Bewegung. Nur wer Hallein und die zahlreichen inhaltlichen und organisatorischen Beiträge, die die KommunstInnen und GLBlerInnen geleistet haben, ignoriert, kann behaupten, dass wir diesen Bewegungen "ohne eigenes Profil" hinter her hecheln.

Wir sind eine Partei mit antikapitalistischem Programm, hier haben wir eine Bewegung, deren wesentliche und dynamischten Teile Grundstrukturen des weltweiten Kapitalismus in Frage stellen.

Wir sind eine internationalistische Partei, hier haben wir eine Bewegung, die von den unteren Schichten der Weltbevölkerung ausgeht, den ArbeiterInnen, den indigenen Völkern, den Landlosen und den Frauen um den Kapitalismus auf globaler Ebene herauszufordern.

Wir sind eine Partei, die auf die Zukunft setzt. Hier ist eine Bewegung, die vor allem von der jungen Generation getragen wird.

Wo also, wenn nicht an der Seite dieser Bewegung, in ihren Reihen und in ihren Netzwerken wäre der Platz der KommunistInnen?

Abschließend einige persönliche Anmerkungen

Lange habe ich überlegt, was ich zur allgemeinen internen Lage unserer Partei sagen soll. Zunächst einmal:

Normal ist, dass auch in Kommunistischen Parteien gegensätzliche politische Auffassungen in alternativen Kandidaturen für führende Funktionäre münden. Nicht normal ist aber die politische Kultur, in der die Auffassungsunterschiede in unserer Partei ausgetragen werden. Einerseits haben die Genossen und Genossinnen recht, die sagen, dass es Entgleisungen auf allen Seiten gibt.

Aber ich akzeptiere nicht, wenn man nur weise, scheinbar neutral, das Haupt schüttelt und für den unwürdigen Zustand in der Partei alle und damit in Wirklichkeit niemanden verantwortlich macht. Es ist nämlich eines, sich in einer Diskussion im Ton zu vergreifen, was auf allen Seiten geschieht und es ist etwas ganz anderes, politisches Mobbing, Verächtlichmachung und psychologischen Terror zur systematischen Methode der parteiinternen Auseinandersetzung zu machen.

Es ist vielleicht nicht bekannt, dass Manfred Gross auf der letzten Sitzung vor seiner schweren Erkrankung als "Korruptionist" beschimpft wurde, der sein Papier für die erste Sitzung des Parteitags aus "materiellen Gründen" verfasst habe; dass Waltraud Stiefsohn am Rande der selben Sitzung tätlich angegriffen wurde und die Verantwortlichen der Bezirksorganisation dazu bis heute nicht Stellung nehmen, weil das erst "nach Abschluss" der offiziellen Tagesordnung stattgefunden habe.

Im von Manfred Eber betreuten sogenannten "Diskussionsforum der KommunistInnen", in dem angeblich keine "moralisch bedenklichen Texte" geduldet werden, konnte man im Februar lesen: "Der Argumentationslinie der Genossin Antlanger folgend 'müsste' man sich die 'Frage stellen' ob es sich bei Walter Baier nicht um ein verlogenes antikommunistisches Schwein handelen 'könnte'. Und wenig später: "Warum besudelt ihr die Schweine? Meine, die können doch nichts dafür dass sie Schweine sind! Anders verhält es sich bei ..."

Alles "moralisch" nicht bedenklich!

Man konnte aber auch anderes lesen: "Recht so Genossin! Und: Fest die Gelder sichern - sind schon alle in Tel Aviv?"

Ich erspare es dem Parteitag das zu qualifizieren und herauszuarbeiten, welche Vorurteilsstrukturen und Traditionslinien in solchen Äußerungen aufgerufen werden. Ich sage nur: Alles das ist unannehmbar!

Ich teile in diesem Falle auch nicht die Meinung des Gen. Mende, der in der Volksstimme geschrieben hat, dass das eben die normale politische Kultur in Österreich darstelle.

Wir brauchen eine andere Kultur als in den anderen Parteien und auch in den kapitalistischen Betrieben, weil wir für eine andere Welt kämpfen, von der wir behaupten, dass sie möglich ist.

Die KommunistInnen, so argumentiert Marx sinngemäß, müssten in den Beziehungen, die sie in ihrer Partei eingehen, wenn schon nicht vorwegnehmen, so doch vorstellbar machen, wie die Gesellschaft aussähe, die sie zu schaffen gedenken. Wenn kommunistische Politiker wie Ernest Kaltenegger und andere große Glaubwürdigkeit gewinnen konnten, so letztlich deswegen, weil die Menschen etwas anderes wollen als ihnen von den etablierten Parteien geboten wird.

Wir wollen eine andere Welt, eine andere Politik und eine andere Partei als die anderen. Wir wollen eine Partei, in der demokratische Normen, Respekt für den und die Andersdenkende und Solidarität existieren. Eine Partei, in der das Kämpfen und Streiten Spass macht, und in der lebt, was Mirko Messner einen "Föderalismus der Ideen und Zugänge" genannt hat.

Eine andere Welt ist möglich, dazu ist ein anderes Wirtschaftssystem, eine andere Politik und eine andere Kultur notwendig. Dazu wollen wir mit unserer kommunistischen Partei als selbständige und selbstbewusste Partei beitragen.

Es lebe unsere Partei, die Kommunistische Partei Österreichs!

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