KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

"Eine bessere Partei ist möglich!"

Referat von Manfred Eber, Gegenkandidat zum amtierenden Vorsitzenden Walter Baier


Liebe Genossinnen und Genossen!


Bereits am 31. Parteitag im Dezember 2000 habe ich ein alternatives Referat zu jenem von Walter Baier gehalten. Hauptgrund dafür war, dass eine Minderheit des Bundesvorstands, aber - wie sich herausstellte - eine Mehrheit des Parteitages mit der Vorgangsweise und den Inhalten des damals vorgelegten Entwurfs für ein politisch-programmatisches Dokument nicht einverstanden war. Ähnliches gilt auch heute. Ich stehe hier, nicht um mit einem zusätzlichen Referat den Parteitag in die Länge zu ziehen, sondern um Positionen zu vertreten, die mehrheitsfähig in der Partei, aber nicht im Bundesvorstand, sind und sich von jenen unterscheiden.


Wir blicken heute auf zweieinhalb Jahre Arbeit unserer Partei unter schwierigen Umständen zurück. KommunistInnen müssen sich tagtäglich schwierigen Herausforderungen stellen, im Betrieb, am Arbeitsplatz, in den Gemeinden, in ihrem persönlichen Umfeld.

Die Frage Krieg und Frieden war eine der zentralen Herausforderungen in der letzten Zeit. Kommunistinnen und Kommunisten haben sich an Aktionen, Kundgebungen, Demonstrationen gegen die Kriege der USA und ihrer Verbündeten gegen Afghanistan und gegen den Irak beteiligt. Wir haben dabei den imperialistischen Charakter dieser Kriege aufgezeigt, wir haben beigetragen, die Lüge vom sogenannten "Krieg gegen den Terrorismus" bloßzustellen. Es ging den USA und ihren "Willigen" nicht um Demokratie und Menschenrechte oder um das Aufspüren von Massenvernichtungswaffen. Es ging ihnen um Öl und Macht, um die Neuaufteilung der Welt. Der Krieg gegen den Irak war somit auch ein Schuss vor den Bug des EUropäischen Kapitals, das seine eigenen Interessen in dieser Region durchsetzen wollte. Mit anderen Worten: die Widersprüche zwischen den imperialistischen Zentren verschärfen sich und niemand kann ausschließen, dass diese Widersprüche nicht schon bald in neue, unvorstellbar größere Kriege münden.


Wir waren und sind aktiv in Antikriegs- und Friedensbewegungen, in der sogenannten "Antiglobalisierungsbewegung", bei der Gründung des ASF, des österreichischen Sozialforums, wir arbeiten bei der Umsetzung des Friedensvolksbegehrens mit, das sich für eine aktive Neutralitätspolitik ausspricht und gegen eine NATO-Anbindung und gegen jegliche Beteiligung an einer EU-Armee wendet.


Wir Kommunistinnen und Kommunisten waren und sind gemeinsam mit dem Gewerkschaftlichen Linksblock an vorderster Linie bei den Protestaktionen gegen Sozialabbau und Pensionsraub beteiligt. Die sogenannte "Pensionssicherungsreform" ist keine Reform. Eine Reform ist "planmäßiges Umgestalten, um Verbesserungen zu erreichen". Bei den beschlossenen Maßnahmen gibt es aber ausschließlich Verschlechterungen. Und gesichert werden nicht die Pensionen, weder die bestehenden noch die zukünftigen, gesichert werden lediglich die Profite für das große Kapital, für Banken und Versicherungen, die die private Pensionsvorsorge für alle durchsetzen wollen. Oder besser gesagt: für alle, die es sich leisten können.


Kommunistinnen und Kommunisten haben sich in ihren Ländern und Gemeinden, in ihren Betrieben der Wahl gestellt. Am herausragendsten bleibt sicherlich das Grazer Ergebnis - 20,8 Prozent für die KPÖ mit Stadtrat Ernst Kaltenegger. Aber auch die Ergebnisse in Klagenfurt und Villach waren sehr erfreulich, auch wenn kein Mandat erreicht werden konnte. In Krems konnte Genosse Franz Kral sogar den Wiedereinzug in den Gemeinderat erreichen.


In so manchen Betrieben und Dienststellen kandidierten engagierte KommunistInnen als Betriebsräte oder PersonalvertreterInnen, oft erfolgreich. Auch ihre Arbeit, ihr Einsatz für die Kolleginnen und Kollegen wurde mit Mandataten belohnt. Hervorheben möchte ich nur das sensationelle Ergebnis von Robert Hobek, der an seiner Dienststelle mit über 70 Prozent der Stimmen einen eindrucksvollen Sieg über die FSG erringen konnte.


Und erfreulich waren auch die Ergebnisse der Wahlen an den Universitäten und Hochschulen, wo der KSV auf hohem Niveau leichte Gewinne erreichte und in der ÖH-Bundesvertretung weiterhin mit 2 Mandaten vertreten ist. Als Tiroler freut mich besonders das Ergebnis des Innsbrucker KSV, der an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät mit über 20 Prozent ein zweites Mandat dazugewinnen konnte.


Liebe Genossinnen und Genossen,

wenn es Kommunistinnen und Kommunisten vor Ort gelingt, mit ihrer Politik, mit ihrem persönlichen Einsatz erfolgreich zu sein, warum diskutieren wir dann nicht darüber, wie wir deren Arbeit besser unterstützen können, sondern über Kandidaturen und Gegenkandidaturen zum Bundesvorstand und für verschiedene zentrale Funktionen?

Ich meine, der Parteitag muss eine kritische Bewertung der Tätigkeit des Bundesvorstands vornehmen, Veränderungen, Verbesserungen vornehmen, um gestärkt und gerüstet für die Herausforderungen zu sein, denen wir uns tagtäglich gegenüber sehen. Dazu gehört auch eine personelle Erneuerung an der Spitze unserer Partei.


Ich möchte nur einige Beispiele für Neuerungen und Verbesserungen anführen.

Der 30. Parteitag hat einen Grundsatzbeschluss zur Neufassung eines marxistischen Parteiprogramms gefasst. Dieser Beschluss unseres höchsten Gremiums der Partei gab den Weg in groben Umrissen bereits vor, wie wir zu diesem Programm kommen sollten, welche Fragen unbedingt beantwortet werden müssen, welchen Aufgabenstellungen ein marxistisches Programm gerecht werden muss. Der für Programmfragen Hauptverantwortliche in unserer Partei, Walter Baier, hat diese Vorgaben systematisch ignoriert. Damit konnte weder am 31. noch am 1. Teil des 32. Parteitags ein deutlicher Schritt in Richtung eines neuen Programms gemacht werden. Allerdings haben wir vor 7 Wochen, am 1. Teil des 32. Parteitages - eine Struktur und einen Zeitplan für die Neuerstellung des Programms beschlossen. Ich halte das für richtig und für verbindlich für den neu zu wählenden Bundesvorstand.


Walter Baier hat in seinem Referat vom Kompromiss gesprochen, der gefunden wurde mit der Annahme des Papiers von Manfred Groß und dem steirischen Aktionsprogramm. Beide Papiere wurden als politische Dokumente, nicht als programmatische angenommen. Ich möchte aber daran erinnern, dass der Antrag des steirischen Landessekretariats mit großer Mehrheit angenommen worden ist, der vorsieht, dass innerhalb von eineinhalb Jahren ein Entwurf für ein Parteiprogramm vorgelegt werden soll. Führende GenossInnen unserer Partei, z. B. Waltraud Stiefsohn und Walter Baier, sind dagegen aufgetreten und haben dagegengestimmt. Ich frage mich, ob sie an der Umsetzung dieses Parteitagsbeschlusses mitarbeiten können und wollen.


In der Medienarbeit und Medienpolitik unserer Partei bedarf es einer Umorientierung. Was verstehe ich darunter?
Die Arbeit mit den bürgerlichen Medien ist ein wichtiger Faktor. Wir dürfen uns nicht zurückziehen, sondern müssen offensiv unsere Standpunkte vertreten und auch - bei allen Schwierigkeiten - versuchen, in bürgerlichen Zeitungen, im ORF, in Privatradios etc. "unterzukommen". Das ist mühsam und bedarf qualifizierter und permanenter Arbeit. Und selbstverständlich gibt es unterschiedlichste Voraussetzungen dabei. In Städten und Gemeinden, wo wir mit GemeinderätInnen oder gar Stadträten vertreten sind, wird dies wesentlich einfacher sein als beispielsweise in einer Großstadt wie Wien.


Wir haben zur Zeit eine ganze Reihe von lokalen und Bezirkszeitungen unserer Partei, die die jeweilige Öffentlichkeit über Standpunkte und Forderungen der KPÖ informieren. Im schriftlichen Rechenschaftsbericht des Bundesvorstandes gibt es dazu einen kleinen Überblick. Diese Zeitungen werden unter großem persönlichen Aufwand der Genossinnen und Genossen und unter schwierigen finanziellen Bedingungen herausgegeben. Sie sind unverzichtbarer Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit unserer Partei, die Sicherung ihrer Existenz gehört mit zu den vordringlichsten Aufgaben.


Wir haben seit nunmehr einigen Jahren einen ansprechenden internet-Auftritt; die steigenden Zugriffszahlen auf die KPÖ-homepage verweisen m. E. einerseits auf ein gestiegenes und weiter steigendes Interesse an linker, an kommunistischer Politik, an der KPÖ überhaupt, andererseits auch auf die immer noch wachsende Bedeutung dieses Mediums. Auch hier sind Verbesserungen möglich und notwendig, beispielsweise was die Aktualität anbelangt, aber auch was die Möglichkeiten für die internet-Benutzer anbelangt, direkter und schneller mit KommunistInnen in Kontakt zu treten, zu kommunizieren, zu diskutieren etc.


Und schließlich gibt es noch die Volksstimme, die ja wohl allen hier im Saal bekannt sein dürfte. Die Volksstimme ist die Zeitung der KPÖ, sie wird herausgegeben von der KPÖ, sie wird finanziert von der KPÖ. Aber sie ist nicht die Zeitung der Mitglieder der KPÖ, nicht die Zeitung der Parteiorganisationen.


Es hat in den vergangenen Jahren vielfach Kritik an dieser Zeitung, an diesem "Projekt", wie die VS gerne auch genannt wird, gegeben. Unberechtigte, zumeist aber wohl berechtigte Kritik:
Anliegen von Mitgliedern und Organisationen werden - bestenfalls - ignoriert, Angebote zur Mitarbeit werden nicht angenommen, angebotene Artikel werden nicht einmal ignoriert, Beispiele dafür könnte ich genügend nennen.
Manche GenossInnen meinen, "ja, aber in der VS finden sich ja doch auch gute und interessante Artikel, die man sonst nirgends liest". Ich meine, das ist zuwenig für eine Zeitung, die beträchtliche finanzielle Mittel der KPÖ benötigt. Mehrere Millionen Schilling erhält die VS aus dem Bundesbudget der KPÖ - wie viel bekommen die Herausgeber unserer Orts- und Betriebszeitungen? Einen Bruchteil!


Die VS muss umgebaut werden zu einer Zeitung, in der sich die Mitglieder unserer Partei wieder finden können, die über die praktischen Erfahrungen und Tätigkeiten unserer Parteiorganisationen, des Gewerkschaftlichen Linksblock, des Kommunistischen Student.inn.enVerbandes, der Kommunistischen Jugend, von Kinderland und Zentralverband der Pensionisten, berichtet. Dazu braucht es sicher nicht mehr, sondern wahrscheinlich weniger Geld, dafür aber die Mitarbeit der GenossInnen, v. a. aber die aktive Miteinbeziehung unserer GenossInnen.


Liebe Genossinnen und Genossen,


manche werfen mir und anderen vor, unsere Kandidatur sei zu spät bekannt gegeben worden, wir hätten unsere Kandidaturen bereits im Jänner ankündigen sollen, ein oberösterreichischer Funktionär sprach von einem "Putschszenario", es gebe eine Achse Steiermark - Wien-Ottakring, die die Partei unter ihren Einfluss bringen wolle, in einem Brief an alle Mitglieder unserer Partei heißt es sogar: "Wir halten ein Vorgehen hinter dem Rücken der Partei für undemokratisch, unproduktiv und auf Manipulation des Parteitages angelegt." Unterzeichnet war dieser Brief vom Bundesvorsitzenden Walter Baier, von der Wiener Vorsitzenden und stellvertretenden Parteivorsitzenden Waltraud Stiefsohn und den Landesvorsitzenden Leo Mikesch und Erich Stöckl.


Tatsache ist, gegen die Stimmen der steirischen, der Salzburger, der Tiroler und einiger anderer GenossInnen im Bundesvorstand, wurde beschlossen, den Parteitag in zwei Teilen durchzuführen. Ich habe die Worte des Parteivorsitzenden noch im Ohr, er meinte damals sinngemäß, man müsse zuerst inhaltlich diskutieren und programmatische Beschlüsse fassen, um dann zu sehen, wer überhaupt auf dieser Grundlage arbeiten kann und will. Ich war und bin der Meinung, dass man programmatische Fragen nicht von personellen trennen kann, dass man Standpunkte nicht trennen kann von den Personen, die sie vertreten. Aber ich habe diesen Beschluss zur Kenntnis genommen und habe mich daran gehalten, zunächst die inhaltlich-programmatische Diskussion zu führen und erst im Anschluss die personelle Diskussion zu eröffnen.


Der Bundesvorstand hat den 30. Mai als Stichtag festgelegt, als Tag, an dem Kandidaturen für den Bundesvorstand spätestens bekannt gegeben werden sollen. Und auch die zentralen Kandidaturen wurden erst nach dem 10. Mai bekannt gegeben. Die Gegenkandidaturen, die heute vorliegen wurden am 28. Mai, also fristgerecht eingebracht. Ich verstehe daher die ganze Aufregung nicht, ich weiß nicht, wie und wo und wer manipuliert werden soll, wenn man sich an die Beschlüsse des Bundesvorstands hält.


Liebe Genossinnen und Genossen,


ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Ich kandidiere für den Vorsitz der KPÖ nicht aus Jux und Tollerei. Es hat viele gute Gründe gegeben, von einer Kandidatur abzusehen, weil es ein tiefgehender Einschnitt in meine Lebensplanung ist, weil ich selbstkritisch und realistisch genug bin, zu wissen, dass diese Aufgabe nicht leicht zu bewältigen sein wird. Aber bestärkt wurde ich letztlich auch durch die Zusagen der Genossin Kahr und des Genossen Langmann, als Stellvertreter zu kandidieren und mich in meiner Arbeit zu unterstützen. Ich kandidiere, um einen Beitrag zu leisten, der KPÖ neue Impulse zu verleihen bei ihrem Weg der Erneuerung auf marxistischer Basis.


Bereits in den "Grundzügen einer Neuorientierung" von 1994 heißt es: "Unserer Meinung nach ist eine grundlegende Erneuerung der Arbeiterbewegung notwendig: Sie wird sich auf neue zeitgemäße Weise der Aufforderung des Hainfelder Programms, (..) stellen, "das Proletariat mit dem Bewusstsein seiner Lage zu erfüllen, um es physisch und psychisch kampffähig zu machen". Ich stehe auf dem Boden dieser Grundzüge, was aber leider nicht auf alle VerfasserInnen der programmatischen Thesen zutrifft, die dem 1. Teil des Parteitags vorgelegt wurden. Das ist aus den Diskussionen im Vorfeld des Parteitages bekannt.


Ich stehe für einen neuen Stil in unserer Partei. Was wir brauchen ist nicht Gängelung und das Ausrichten der Partei auf einen Mann an der Parteispitze, sondern wir brauchen einen kollektiven Führungsstil. Mit Elke Kahr, Helmut Langmann und Petra Stöckl, mit Werner Murgg, Selma Schacht, Rudi Reiter, Franz Parteder und einigen anderen kandidieren GenossInnen wieder bzw. neu für den Bundesvorstand, die bereit sind, größere Verantwortung für unsere Gesamtpartei zu übernehmen. Wir brauchen die Meinungsvielfalt in unserer Partei und wir brauchen die Mitarbeit, die Anregungen und die Kritik der Mitglieder unserer Partei, wenn wir nicht zu einer Partei des Stillstands werden wollen. Der neu zu wählende Bundesvorstand muss auf die Vorschläge von der Basis hören, er darf nicht abgehoben reagieren.


Ich stehe für eine eigenständige, für eine kommunistische Partei, die nicht jedem neuen Trend, neuen Modeerscheinungen hinterherrennt, sondern die sich aktiv und zäh für die Interessen der Arbeiterklasse einsetzt. Ich meine, wir müssen und wir können selbstbewusst an neue Herausforderungen herangehen, denn wir haben unsere marxistische Weltanschauung als Richtschnur für unser Handeln. Und der Marxismus ist für uns kein Glaubenssatz und er ist nicht beliebig, sondern nach wie vor das wirkungsvollste Instrument, um den gegenwärtigen Kapitalismus, den Imperialismus verstehen zu können.


Und ich stehe für innerparteiliche Demokratie, für sachliche, auch harte, Auseinandersetzungen. Für mich bedeutet dies, unterschiedliche Meinungen müssen ihren Platz in unserer Partei haben, auch Meinungen und Standpunkte, die mit meinen nicht ident sind. Aber ohne Widerspruch gibt es eben keine Entwicklung. Ohne produktiven Meinungsstreit gibt es keine Kommunistische Partei Österreichs, die diesen Namen auch verdient.


In diesem Sinne fordere ich jene GenossInnen, die in ihre Funktionen und in den neuen Bundesvorstand gewählt werden auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen und gemeinsam mit und für unsere Partei zu arbeiten, denn, wie es der steirische Genosse Andreas Fuchs formuliert: "Eine bessere Partei ist möglich".


Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.

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