KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Allgemeine Wehrpflicht: Das kleinste Übel

Ein Bild aus besseren Tagen: Minister ernennt 2008 Chef des Generalstabes des Bundesheeres - gestern wurde Entacher von seinem Minister entlassen. (Foto: bmlv.gv.at)

Von Walter Baier (25.1.2011)

Seit dem Ende des Kalten Kriegs befinde sich das Bundesheer in einer „Sinnkrise“ schrieb dieser Tage eine Zeitung. Doch diese Behauptung ist ebenso paradox, wie wenn man schreiben würde, der Hydrant leide an einem Intelligenzmangel. Wo nämlich nichts ist, kann es weder eine Krise noch einen Mangel geben.

In der Tat, das österreichische Bundesheer war schon vor dem Fall der Berliner Mauer eine Sinnlosigkeit. „Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes“ setzte Österreich seit 1955 nämlich keineswegs auf seine bewaffnete Macht, die vor allem mit Rücksicht auf die USA aufgebaut wurde, sondern auf die „immerwährende Neutralität“. Mit gutem Grund, wie auch Bruno Kreisky wusste. Wäre es nämlich zum bewaffneten Konflikt zwischen NATO und Warschauer Vertrag gekommen, hätte das Bundesheer weder einen Atomschlag auf Österreich abschrecken noch eine Invasionsstre­itmacht abwehren können.

Solchermaßen gab es für die österreichische Landesverteidigung von allem Anfang an genau drei Optionen:

Erstens das Heer abzuschaffen, was zweifelsfrei die beste Variante ist, und es durch einen modern ausgerüsteten Katastrophenschutz zu ersetzen. Entsprechendes Gerät, etwa zur Wasseraufbereitung und die nötige Transportkapa­zitäten vorausgesetzt, ließe sich eine solche humanitäre Hilfseinheit auch international einsetzen.

Zweitens, mit der gegebenen Kombination von allgemeiner Wehrpflicht und Zivildienst weiter zu wurschteln. Unter dem Diktat der knappen Kassen ließ sich auch in der Vergangenheit immer wieder entsprechender politischer Druck aufbauen, um der mit jedem militärischen Beschaffungsvorgang verbundenen Geldverschwendung und Korruption gewisse Grenzen zu ziehen. Ausnahmen wie der Abfangjägerkauf bestätigen die Regel.

Und drittens, das ist der Weg, den sich die SPÖ – unter dem Druck der „Kronenzeitung“ – wider besseres Wissen zu gehen, anschickt: Der Aufbau eines Berufsheeres. Dies ist nicht aus den Verteidigungsbedürfnis­sen des Landes oder aus dem nach wie vor gültigen Neutralitätsgesetz heraus zu begründen, sondern aus dem politischen Wunsch, sich an NATO-Einsätzen und den EU-Kampftruppen zu beteiligen.

Innenpolitisch wird der Aufbau eines Berufsheeres, von den Kosten abgesehen, durch den Wagfall von Wehr- und Zivildienst zunächst zu einem Ansteigen der Arbeitslosigkeit unter den jungen Männern führen, deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt bereits heute nicht gut stehen. Diejenigen, die sich keinen anderen Job zutrauen, werden die nicht besonders gut bezahlten Stellen beim Heer besetzen. Es werden daher auch in Österreich die am wenigsten qualifizierten und am meisten desorientierten Schichten der Jugend sein, aus der sich die bewaffnete Macht rekrutieren wird und die ein gehorsames Instrument für die außen- aber auch innenpolitischen Zwecke der Obrigkeit abgeben werden.

Genau diese Erfahrung war es, die in der Linken und in der ArbeiterInnen­bewegung schon frühzeitig dazu führte, dass die allgemeine Wehrpflicht als das geringere Übel im Vergleich zum Berufsheer betrachtet wurde. Nach den Erfahrungen der militärischen Niederschlagung der Arbeiterbewegung im Februar 1934 war dies auch in der SPÖ die allgemeine Auffassung. Heute opfert die Parteiführung einmal mehr eine politische Haltung einem vermeintlichen – wohl kurzfristigen – Erfolg. So stirbt eine Partei.

Was Entacher den Spitzenjob kostete, Kurier.at vergleicht Aussagen Darabos' vom September 2010 mit denen seines Generalstabschefs: Zum Freiwilligen-Bedarf Entacher: "Wir erhalten aus Ländern, die mit uns vergleichbar sind, laufend Warnungen, dass wir die Wehrpflicht behalten sollen. Dort melden sich zu wenig geeignete Freiwillige." Darabos: "Wie die Erfahrungen der letzten 20 Jahre zeigen, funktioniert es aber in vielen Ländern, die ihr Wehrsystem geändert haben, nicht so einwandfrei. Viele Länder Europas haben enorme Aufbringungsprobleme." orf-online: „Im dienstlichen Interesse“