KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Der Nichtverbreitungsvertrag (NVV) an der Kippe?

Von Österreichischer Friedensrat (2.5.2010)

Am 3. Mai beginnt in New York die, alle fünf Jahre stattfindende, NVV-Überprüfungskon­ferenz. Nach dem quasi Scheitern der Konferenz 2005 in Wien und den nie eingelösten „13 Schritten zur Atomwaffenabrüstun­g“, welche im Jahr 2000 beschlossen wurden, ist diese Tagung von großer Brisanz für den Weiterbestand des Vertrages. Das wichtigste Kontrollinstru­mentarium gegen missbräuchliche Verwendung der Nukleartechnologie für militärische Zwecke – der NVV wurde 1968 unterzeichnet, in Kraft ist er seit 1970 – ist mit wesentlichen Schwächen behaftet. Jene vier Länder, die einen Beitritt verweigern oder im letzteren Fall den Vertrag wieder verlassen haben, sind auch illegale Kernwaffenstaaten: Indien, Pakistan, Israel und Nord-Korea.

Sicher ist es der Existenz des Vertrages und der Arbeit der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) zu verdanken, dass es heute nur 4 „Ausreißer“ gibt, dennoch könnte dies auch als Schwäche gesehen werden, da die Technologie auf dem Schwarzmarkt weitergegeben werden konnte. Aber das Faktum jener fünf Staaten, die Atomwaffen legal besitzen dürfen (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien), die bis heute den entscheidenden Artikel VI des Vertrages zur baldigen nuklearen Abrüstung, zur Beendigung der atomaren Abschreckung und letztlich zur umfassenden Abrüstung unter strenger internationaler Kontrolle seit 40 Jahren beharrlich zu erfüllen verweigern, steigert natürlich das Verlangen anderer Staaten nach Atomwaffen. Sie fühlen sich bedroht und ‚diskriminiert‘.

Umstritten sind auch jene Artikel des Vertrages, die Nichtkernwaffen­staaten, welche sich an die Bestimmungen halten bzw. Kontrollen durch die IAEA zulassen, die friedliche Nutzung der Kernenergie mit internationaler Unterstützung ermöglichen. Abgesehen von den Risiken und der ungelösten Abfalllagerung, ist der Schritt von ziviler zu militärischer Kerntechnologie ein kleiner. Der Nachweis, ob der Iran an einer Atomwaffe baut, konnte bis heute nicht erbracht werden. Trotzdem werden, ausgehend von den USA, alle Hebeln in Bewegung gesetzt, um dem NVV-Mitglied Iran den Zugang zu dieser Technologie, im Gegensatz zu anderen Ländern, zu erschweren. Eine schiefe Optik bekommt in diesem Kontext der USA-Indien-Deal, wo dem NVV-Verweigerer und illegalen Atomwaffenstaat Indien weit reichende Unterstützung im Nuklearbereich durch die USA gewährt wird. Solche Schritte untergraben das Vertrauen der Nichtkernwaffen­länder in den Geist des Vertrages.

Um das Vertrauen der Staaten in den NVV wieder herzustellen und um zu verhindern, dass der Vertrag jetzt auseinander bricht, weil einzelne Staaten eigene Wege in Richtung Atomwaffen gehen wollen, müssen die Atommächte Vorleistungen erbringen. Der START-Nachfolgevertrag ist so einzuschätzen. Ein Beitritt zum Umfassenden Atom-Teststopp-Vertrag durch die USA könnte ein weiterer Schritt in die richtige Richtung sein. Ob das aber ausreicht, die Staatengemeinschaft zufrieden zu stellen, ist mehr als fraglich.

Ein Vertrag, der solche Ungleichbehan­dlungen erlaubt, sollte sinnvollerweise überdacht werden. Zur Diskussion steht als Alternative der Entwurf einer Nuklearwaffen­konvention zum gänzlichen Verbot dieser gesamten Waffenkategorie. Mit ersten vertrauensbildenden Maßnahmen, wie dem Abrücken von der Erstschlagsdoktrin, der Löschung von Zielkoordinaten, der Rücknahme der Androhung von Atomschlägen gegen Staaten ohne Kernwaffen und dem zügigen Abbau der Arsenale unter strenger, unabhängiger internationaler Kontrolle wäre der Weg zu einer sicheren Welt frei.

Alle Menschen sind aufgefordert, Druck auf die Mächtigen dieser Welt auszuüben, damit Obamas Vision der nuklearwaffenfreien Welt nicht nur ein Lippenbekenntnis und ein Vorhaben späterer Generationen bleibt. Jetzt ist der Zeitpunkt der Umsetzung gekommen.

Quelle:

„Stimmen zur Zeit“, Zeitung des Österreischischen Friedensrates

Definition wikipedia: NVV – Atomwaffensperrvertrag