Von: Rudi Gabriel (28.6.2017)
SPÖ und ÖVP machen sich die Gesetzesmaterien zu den geplanten primären Gesundheitsversorgungs-Zentren (als PHC bzw. PHE bezeichnet) jetzt also unter sich aus. Die Zustimmung der grünen NationalrätInnen ist nun nicht mehr notwendig, weil die eingebrachte Regierungsvorlage die Änderung von Verfassungsartikeln nicht mehr vorsieht.
Jahrelang schon forderte die Ärzteschaft, dass ordinationsführende ÄrztInnen beziehungsweise Gemeinschaftspraxen ärztliche KollegInnen anstellen dürfen. Bei den Verhandlungen zu den peripheren Gesundheitszentren (PHZ) konnte diese Forderung sehr lange Aufrecht erhalten werden. Allerdings verändert die Anstellung von ÄrztInnen bei ÄrztInnen grundlegende Rechtsbestimmungen! Aus einer Ordination würde dadurch eine Anstalt nach dem Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) werden und somit automatisch der Artikel 12 Absatz 1 der Bundesverfassung tangiert werden, der grundlegende Rechtsnormen in Bezug auf Heil-, Pflege,– Kranken- und Kuranstalten festlegt.
VP Parlamentsklub serviert die Ärztekammer ab
Wegen der ursprünglich angestrebten notwendigen Änderungen auf
Verfassungsebene waren Stimmen der Opposition notwendig. Die FPÖ führt zwar
den Vorsitz im Gesundheitsausschuss, allerdings wurden die PHE grundsätzlich
von der FPÖ abgelehnt. Somit verhandelten SPÖ und ÖVP mit den Grünen um die
zwei Drittel Mehrheit abzusichern. Die ÖVP sprach schließlich ein Machtwort,
strich die angestrebte Anstellung von ÄrztInnen bei ÄrztInnen und stellte den
ÄrztevertreterInnen in den eigenen Reihen (Dr. Rasinger) kalt. Das
Gesundheitsreformumsetzungsgesetz (GRUG 2017), das mittlerweile als
Regierungsvorlage eingebracht wurde, kann nun mit einfacher Mehrheit noch Ende
Juni beschlossen werden.
Gemeinnützigkeit bei der Ambulatoriums-Variante ist fix
Es ist relativ erfreulich, dass die Industriellenvereinigung, die
Wirtschaftskammer, der Hauptverband der Sozialversicherungen aber auch die
Arbeiterkammer und der ÖGB sich nicht durchsetzen konnten, die
ja den Status der Gemeinnützigkeit für selbständige Ambulatorien in der
Primärversorgung ausradieren wollten. Durchgesetzt haben sich allerdings die
Gemeinde- und Länderverwaltungen, die jetzt die Möglichkeit eingeräumt
bekommen, dass ihre Gesundheitsfonds über Tochterfirmen selbstständige
Ambulatorien im Sinne des Gesetzes betreiben können.
KPÖ lehnt PPP ab
Die KPÖ sieht aber in beiden beschriebenen Bereichen noch immer die
Möglichkeit, dass der Profitgier kapitalstarker Gruppen durch die Hintertür
Vorschub geleistet werden kann. Allein der Status der Gemeinnützigkeit von
Vereinen oder Konstruktionen über Landesfonds sind kein sicherer Schutz! Die
psychosomatische Rehaklinik in Gars am Kamp als Public-Private-Partnership
zwischen der privaten VAMED Gruppe und dem Land Niederösterreich ist nur ein
Beispiel für privates Gewinnstreben mit der Bevölkerung. Die VAMED Gruppe ist
ebenso beim psychosomatischen Zentrum Waldviertel in Eggenburg eingebunden.
Zur Errichtung von Immobilien für die PHZ nimmt das GRUG 2017 überhaupt
keinen Bezug! Es sind zahlreiche Konstruktionen aus der „gemeinnützigen“
Bauwirtschaft dokumentiert – bei denen sehr voluminöse Kapitalgeschäfte zum
Nachteil der Menschen ausgedealt worden sind.
Es sind laut dem regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) zunächst
71 periphere Gesundheitszentren österreichweit vorgesehen. Die KPÖ lehnt im
Zusammenhang mit einer Neustrukturierung der primären Gesundheitsversorgung
alle Formen des Public-Private-Partnership ab. Private Kapitalien und privates
Profitstreben haben bei der Errichtung, beim Betrieb und beim Erhalt der
öffentlichen Gesundheitsversorgungssysteme keine
Existenzberechtigung.
Darüber hinaus fordert die KPÖ, dass die Gemeinden als Errichter und Eigentümer von Immobilien für diese zu schaffenden PHZ fungieren müssen. Die Errichter beziehungsweise Errichtunggesellschaften, die zu hundert Prozent im öffentlichen Eigentum stehen, sowie der Betrieb oder die Betreiber müssen von Beginn an unter die Kontrolle der Landesrechnungshöfe gestellt werden. Diese Forderungen sollten in den entsprechenden Landesgesetzen zum GRUG 2017 Abbildung finden.
Rudi Gabriel ist Arzt inEisenstadt
Zum Thema siehe auch: Neue Gesundheitszentren mit Pferdefuß