KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Neue Regierung mit unsozialem Programm

Von: - (25.2.2018)

Nachfolgend eine Einschätzung des Regierungsprogramms aus Sicht des ZVPÖ (Zentralverband der Pensionistinnen und Pensionisten) – erstveröffentlicht in der Zeitung ZVPÖ-Aktiv (Nr. 1/2018). Weiterführende Informationen zum ZVPÖ finden sich unter www.zvpoe.at

Nun da die neue Regierung im Amt ist, wird gegen die sozialen Einrichtungen und Maßnahmen Sturm gelaufen. Es ist kein scheibchenweiser Abbau des bestehenden Sozialsystems und bestehender Rechte, sondern die Amputation ganzer Teile davon. Immer sind es zuerst die Menschen mit geringen Einkommen, die davon massiv betroffen sind. Dadurch dass die Aktion 20.000 für Langzeitarbeitslose über 50 gestrichen wird, dadurch dass der Beschäftigungsbonus (Ersparnis für Unternehmen: –50% Dienstgeberbeiträge für jeden zusätzlichen Mitarbeiter, für 3 Jahre) gestrichen wurde, dadurch dass die Notstandshilfe abgeschafft werden soll, und Langzeitarbeitslose so in die Mindestsicherung abstürzen. All das betrifft Menschen unten in der Gesellschaft, oben verspricht das Regierungsprogramm, Senkung der Körperschaftsste­uer, von der nur eine ganz kleine Minderheit von Kapitalbesitzen am meisten profitieren wird. Ebenso nur im oberen Drittel, bzw. der oberen Hälfte der Einkommen, wirkt auch der sogenannte Familienbonus. Es ist aber einfach falsch, wenn behauptet wird, dass dieser Familienbonus, also dass man von der Steuer pro Kind 1.500 € absetzen kann, auch den Geringverdiene­rInnen hilft, weil allein ein Drittel so wenig verdient, dass sie gar keine Steuern zahlen.

Es ist auch gar keine Frage, dass es zum Beispiel in Österreich vor 30 Jahren noch indiskutabel war, überhaupt nur in Erwägung zu ziehen, dass Arbeitslosen auch ihr Privatvermögen genommen werden kann. Das steht auch vollkommen im Widerspruch zur christlichen Soziallehre, wie das im Sozialwort der christlichen Kirchen ganz klar begründet ist und so gemeinsam mit den Menschenrechten die Basis der Sozialstaatlichkeit sein muss, auf die sich ÖVP und FPÖ immer wieder berufen.

Sozial gerecht?

Der Reichtums-Zuwachs in Österreich im Jahre 2017 ging zu 82 Prozent an das oberste 1% der Bevölkerung, auf die Mehrheit von 99 Prozent der Menschen, entfielen gerade 18 Prozent des Wohlstandzuwachses. Ebenso unerträglich ist die Tatsache, dass das unterste Drittel, also rund 2,5 – 3 Millionen Menschen in Österreich von diesem Wohlstand absolut nichts erhalten hat. Im Gegenteil, sie wurden sogar noch ärmer durch die unzureichende Abgeltung der Inflation. So wird noch immer mit einer Armutsgefährdun­gsschwelle gearbeitet, die ein mathematisches Konstrukt ist und in keiner Weise der Realität des Lebens entspricht. Dabei müsste eben nur mit den tatsächlichen Lebenskosten gerechnet werden, wie sie im Referenzbudget der Schuldnerberatung erfasst sind, welches monatlich neu berechnet wird und wesentlich über der statistisch ausgewiesenen Armutsschwelle liegt. Man müsste nur mit einem Pensionisten-Preis-Index, anstelle des Verbraucher-Preis-Index rechnen, so wie es der ZVPÖ seit Jahren fordert, oder einen Mikrowarenkorb-Index, der die wichtigsten Waren und Dienstleistungen enthält die zum Überleben in Würde erforderlich sind.

Wer ist die Mitte?

Die ÖVP-FPÖ Regierung wird, so ist zu befürchten, ihre unsoziale Politik nicht einstellen, so wie auch vorherige Regierungen. So hat die Sozialdemokratie nicht einmal in der Opposition das ärmste Drittel der Bevölkerung in ihren Blickpunkt. Da sagte SPÖ-Chef Christian Kern noch vor einigen Tagen anlässlich einer Bruno Kreisky Gedenkfeier wörtlich: „Wir müssen wieder eine Politik für die Mitte machen!“ Da fragen wir, wer ist denn die Mitte, wo beginnt sie und wo hört sie auf?

Geschenke an Unternehmen

Aber damit nicht genug, Die schwarz-blaue Regierung plant die Zusammenlegung der Krankenkassen, angeblich, um Geld zu sparen. In Wirklichkeit geht es um politische Kontrolle durch die Regierung, Einschränkungen der Selbstverwaltung und Profite der Unternehmen. Dabei geht es um nicht weniger als 60 Milliarden Euro Beitragsgelder pro Jahr. Der Gesundheitsbereich, so stellen „Gesundheitsöko­nomen“ und Wirtschaftskammer unermüdlich fest, ist ein großer und schnell wachsender „Zukunftsmarkt“. Die Sozialversicherung habe 154 eigene Einrichtungen (Kurheime, Reha-Zentren, Ambulanzen) – und die seien „zu teuer“. Privat geführte Anstalten wären im Vergleich „billiger“. Man überlege den Verkauf, die Verpachtung oder die Ausgliederung dieser Einrichtungen. Ähnliche Modelle seien auch für die Allgemeine Unfallversiche­rungsanstalt (AUVA), welche Unfallspitäler und Reha-Zentren betreibt, angedacht.

Unternehmen entlasten, Versicherungsle­istungen werden gekürzt

Die AUVA ist sozusagen eine Haftpflichtver­sicherung der Unternehmen, deswegen kommen die Gelder der AUVA auch zu 100 Prozent von den Unternehmen. Diese Beiträge zur AUVA sollen nun von derzeit 1,3 Prozent (ca. 1,5 Milliarden Euro) auf 0,8 Prozent gesenkt werden. Bei einer Eingliederung der AUVA in die Krankenkassen würde sich die Unternehmensseite 500 Millionen an Beiträgen ganz sparen – ein Geschenk an die Unternehmen, die Kosten müssen aber dann die sozialversicherten ArbeiterInnen und Angestellten zahlen, oder Leistungskürzungen in Kauf nehmen. Es ist wohl kein Zufall, dass der neue Finanzminister vom großen privaten Versicherungskon­zern UNIQA kommt.

Wir stellen fest, Neoliberalismus breitet sich in allen Bereichen des Lebens und in allen Bereichen der Gesellschaft aus. Bei uns selbst, in der Familie, in der Nachbarschaft in den Betrieben in unserer gesamt Gesellschaft, es ist ein Vormarsch der neoliberalen Ideologie, ein Prozess also, der den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft schwächt, letztlich zerstört.

Freiheit durch Unterwerfung!

Das ist natürlich eingebunden in eine neoliberale Wirtschaftspolitik. Wir sehen Europa weit, einen langfristigen Anstieg der Arbeitslosigkeit, besonders aber der prekären Beschäftigung. Generell sind in Europa ein Drittel der Unselbstständigen nur mehr atypisch beschäftigt. So wird der Wert des Menschen nur mehr über seine für die Wirtschaft erbrachte, bezahlte „Leistung“ definiert. Kurz, wer diese Leistung nie erbrachte, wer diese Leistung nicht mehr erbringen kann und wer von diesem System aus irgendeinem Grund ausgeworfen wird, diese Menschen sind nach neoliberaler Definition ganz alleine selbst schuld. Diese Ideologie erfordert, dass sich der Mensch den anonymen Kräften der Märkte unterwirft. Ereignisse wie Arbeitslosigkeit und Armut sind dann wie Naturereignisse für die niemand in der Gesellschaft verantwortlich ist und sich niemand verantwortlich fühlen muss, außer die, die selbst davon betroffen sind. Freiheit durch Unterwerfung! Genau diese langfristigen Trends und Entwicklungen verstärken nun die Vereinzelung, die Verbitterung und die Unzufriedenheit bei den Menschen. Dann kommen Politiker die diese Gefühle ausnützen – der Ökonom Stefan Schulmeister nennt es das Gefühl der zu kurz Gekommenen – und diese populistisch agierenden Politiker appellieren nun an diese Gefühle um dabei gleichzeitig Sündenböcke namhaft zu machen. Das sind dann die durchschummelnden Arbeitslosen, asylsuchende Fremde, und vermeintliche Sozialbetrüger.

Wir sehen also die politische Entwicklung in Österreich in diesem längerfristigen Zusammenhang und weil wir in diesem Regierungsprogramm in erster Linie eine neoliberale Handschrift finden, ist es ganz wichtig, einerseits eine Abwehrlinie gegen weitere Angriffe auf den Sozialstaat aufzubauen, gleichzeitig aber der Forderung Nachdruck verleihen, nach der Umsetzung einer Politik, in Gestalt eines starken Sozialstaates.