KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

KPÖ-Bundessprecher Mirko Messner am EL-Parteitag in Berlin

Das Resultat für die Rechtsextremen ist keine Eintagsfliege

(18.12.2016)

Der Beitrag von Mirko Messner, Bundessprecher der KPÖ, an den Parteitag der Europäischen Linken, Berlin

Liebe Genossinnen und Genossen,

Nach dem dritten Anlauf der Bundespräsiden­tschaftwahlen in Österreich war schließlich klar, dass der Kandidat der Rechtsextremen sein Ziel, Bundespräsident zu werden, verfehlt hat. Ein Seufzer der Erleichterung war quer durch Europa zu hören. Erleichtert war auch die liberale Mitte inklusive Sozialdemokratie, das heißt jene politische Klasse, die durch ihre neoliberal inspirierte Politik, durch die damit verbundenen soziale und kulturelle Zerstörung den rechtsextremen Sozialdemagogen genau den Raum zur Verfügung stellt, den sie benötigt.

Zwei Missverständnisse gilt es diesbezüglich zu vermeiden:
Mit der knappen Niederlage des rechtsextremen, deutschnationalen Kandidaten ist lediglich Norbert Hofer, nicht jedoch seine Partei geschlagen worden. Wobei der Begriff „geschlagen“ in diesem Zusammenhang eine Übertreibung ist, denn eine knappe Hälfte der gültigen Stimmen wurde für ihn abgegeben. Was bedeutet, dass viele sozialdemokratische und bürgerliche Wählerinnen sich für den Kandidaten der Rechtsextremen entschieden haben.
Und zweitens: Das Resultat für die Rechtsextremen ist keine Eintagsfliege. Es bedeutet, dass wir in Österreich vor einer radikalen Änderung der politischen Landschaft stehen. Wären heute Wahlen, könnten die Sozialdemokraten und die Christlich-Sozialen keine Koalition der Mehrheit mehr bilden. Die Rechtsextremen sind nach sämtlichen Umfragen heute bereits die stärkste Wahlpartei. Sie setzt wie auch anderswo auf das sozialdemagogische Theaterstück mit dem Titel „Wir sind die Anti-System-Partei.“ Wir wissen, dass dies alles Mögliche ist, nur nicht die Wahrheit. Die Rechtsextremen haben keine soziale Agenda, sie haben bestenfalls eine soziale Rhetorik. Diese verbinden, amalgamieren sie mit Nationalismus und Rassismus. Das ist uns allen bekannt, haben wir ausgiebig analysiert.
Die Frage, die wir in Österreich praktisch-politisch noch nicht beantwortet haben, lautet: wie können wir den Raum für die Rechtsextremen einengen. Wie können wir den sozialreforme­rischen Raum besetzen, den die Sozialdemokratie verlassen hat, ohne uns von dessen Rahmen einengen zu lassen. Nun, wir arbeiten daran.

Aber erlaubt mir, einen zweiten Gedanken anzubringen, betreffend unsere Versammlung, die europäische Linke.
Wir beschließen heute ein jährliches Forum. Das ist eine sehr gute Idee. Sie kann uns ermöglichen, uns über ein Flaggschiff-Projekt zu einigen, über ein Projekt, dass europäisch konzipiert wird, aber bis auf die unterste kommunale Ebene handlungsanregend wirkt. Auf ein Projekt, auf das unsere diversen, allesamt wichtigen sozialen und kulturellen Forderungen bezogen werden können. Und das jeden Angehörigen der arbeitenden Klasse, jeder europäischen Bürgerin die Möglichkeit gibt, sich dafür zu engagieren, sich dafür oder dagegen zu entscheiden.
Ich meine, unser Problem ist nicht, den Menschen klarzumachen, dass die Lage beschissen ist. Unser Problem ist, dass wir beweisen müssen, dass sozialer und kultureller Widerstand machbar ist. Dass Ohnmachtsphantasien nicht berechtigt sind. Dafür bemühen wir uns alle im nationalen Maßstab. Es ist Zeit, dass wir das auch im internationalen Maßstab hinkriegen.

Noch einmal: Wir haben die Lage allseitig analysiert. Wir haben einen riesigen Forderungskatalog entwickelt, wir haben hundert Schritte vorgesehen, um zu einem solidarischen Europa zu kommen. Wir sollten mit einem beginnen. Viele von uns werden am kommenden Forum teilnehmen. Wir sollten an diese VertreterInnen der Parteien und Bewegungen den Anspruch stellen, aus ihren jeweiligen nationalen Erfahrungen heraus ihren Vorschlag nicht für hundert Projekte, sondern ihren Vorschlag für ein Projekt, für ein Projekt des sozialen Widerstands, für ein friedenspolitisches Projekt auf europäischer Ebene zur Diskussion zu stellen. Und wir sollten an das kommende Forum die Anforderung stellen, zu einem Ergebnis zu kommen. Es muss ja nicht so sein wie bei der Papstwahl in Rom, wo die Kardinäle erst dann den Raum verlassen dürfen, wenn sie sich geeinigt haben. Aber so ähnlich. Die Zeit drängt.


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