KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Start in einen kalten Winter

Vergessen oder Schnee von gestern, die Wahlversprechen auf den Plakaten der Grünen in Wien …

Von Harald Luiki (7.12.2010)

Wien erlebt zurzeit einen der heftigsten Wintereinbrüche der letzten Jahre. Dichter Schneefall und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt sorgen nicht auf den Straßen, sondern auch in tausenden Wiener Haushalten für Chaos und nicht gerade besinnliche vorweihnachtliche Stimmung.

Grund dafür ist auch ein außergewöhnliches Weihnachtsgeschenk der gerade mal eine Woche in Amt befindlichen rot-grünen Stadtregierung: Die Kürzung des Heizkostenzus­chusses für soziale Bedürftige von einmalig 200 Euro im Jahr 2009 auf einmalig 100 Euro im Zeitraum 2010/2011 – und das bei steigenden Energiepreisen.

Stolze sieben Millionen Euro stellt Wien für diesen Akt der sozialdemokra­tischen-grünen Nächstenliebe zu Verfügung.

Nur ein Vergleich am Rande: Das von der ÖVP regierte, einwohnermäßig viel kleinere Vorarlberg macht 3,1 Millionen Euro für seine Hilfsbedürftigen locker und – man höre und staune – der Heizkostenzuschuss im Ländle beträgt einmalig 250 Euro.

Wie auch sonst – die sozial Schwachen sind die Verlierer der Krise und zahlen die Zeche derjenigen, die diese verursacht haben – nun auch im nun rot-grünen Wien.

Des Lesens und Interpretierens Kundige ahnten schon bei Studium des Sozialkapitels im rot-grünen Regierungsabkommen, dass in den nächsten fünf Jahren – wieder einmal – auf Kosten der Ärmsten gespart werden wird.

Mit keinem Wort wird darin etwa auf die Tatsache eingegangen, dass die Bundeshauptstadt immer mehr zu einer Stadt der Mittellosen mutiert. Laut Statistik Austria hat sich etwa die Zahl der Sozialhilfeem­pfängerinnen und Sozialhilfeem­pfänger von 1998 bis 2008 von 60.529 auf 111.626 erhöht – eine Steigerung um 84,4% (Vergleichswert Österreich +69,9%).

Anfang September ist auch in Wien die sogenannte „bedarfsorientierte Mindestsicherung“ (744 Euro monatlich) eingeführt worden.

Gleichzeitig hat der Fonds Soziales Wien beschlossen, dass Obdachlose die stadteigenen Notquartiere nur noch zwei Monate unengeltlich benutzen dürfen, danach wird ein Kostenbeitrag von vier Euro die Nacht eingehoben. Insgesamt gibt es Wien über 5.000 „betreute“ Obdachlose, die Dunkelziffer ist aber beträchtlich größer und täglich werden es mehr. Wie die Caritas erst vor wenigen Tagen alarmierend festgestellt hat, stieg die Zahl der „neuen Obdachlosen“ bereits im Vorjahr von 2.200 auf 2.600 Menschen (+ 20%).

Groß war damals der Aufschrei der jetzt in der Stadtregierung befindlichen Grünen. David Ellensohn, nun Klubchef im Rathaus, in einer Aussendung: „Menschen in ihrer prekären Situation auch noch zur Kasse zu bitten, kann nur als zynisch betrachtet werden. Das soll das soziale Wien sein? Viktor Adler würde sich im Grab umdrehen!“.

Sie haben absolut Recht, Herr Ellensohn! Es ist zynisch und Viktor Adler würde sich mit Sicherheit – falls er es könnte – in seiner letzten Ruhestätte am Zentralfriedhof im Grab umdrehen. Noch viel zynischer ist allerdings, dass die Grünen nun diese Maßnahme offensichtlich ohne Wenn und Aber mittragen!

So löblich und dringend notwendig es auch sein mag und ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist, den Richtsatz für Kinder bei der Mindestsicherung um 200 Euro zu erhöhen, werden damit gleichzeitig tausende – alleinstehende – Wienerinnen und Wiener, die dringend soziale Unterstützung benötigen, vor den Kopf gestoßen.

Vergessen scheint – zumindest für die Grünen – was im Wahlkampf vollmundig unter dem Slogan „Wir schaffen Gerechtigkeit, damit alle in Wien gut leben können“ versprochen worden ist.

Es stimmt, Frau Vassilakou, was Sie in ihrem Wahlprogramm beschreiben: „Die Regierung verspricht seit Jahren eine Mindestsicherung. Das was nun im September 2010 unter diesem Namen in Kraft tritt, ist nicht viel mehr als eine Umbenennung der Sozialhilfe. Weiterhin zu wenig zum Leben und weiterhin ein soziales Abstellgleis. Das Grüne Wien hat das Konzept der Grünen Grundsicherung: Wenn man es braucht, dann wird einem/einer umfassend geholfen. Und zwar mit Geldleistungen über der Armutsschwelle“.

Im rot-grünen Arbeitsüberein­kommen liest sich dieser Punkt schon etwas unverbindlicher an: „Die Mindestsicherung ist ein erster, essenzieller Schritt zur Harmonisierung der österreichischen Sozialstandards und zur verstärkten Bekämpfung und Vermeidung von Armut. Neben der finanziellen Unterstützung ist ein Hauptanliegen der Mindestsicherung die Förderung einer dauerhaften Eingliederung der BezieherInnen in das Erwerbsleben. Wir bekennen uns dazu, gemeinsam Österreichweit darauf zu drängen, zusätzliche und harmonisierte Schritte gegen Armut, insbesondere von Eltern, Kindern und SeniorInnen, zu setzen. Dieser Weg ist mit der Einführung der Mindestsicherung am 1. September 2010 noch lange nicht abgeschlossen“.

Frau Vassilakou, wie hat Sie Bürgermeister Häupl doch beschrieben: „Sie hat halt ein gutes Herz“. Nun, ob sie wirklich ein solches besitzen, mögen andere beurteilen. Ihr im Arbeitsüberein­kommen mit der SPÖ ans Licht gebrachtes soziale Verständnis ist mit Sicherheit nicht angebracht, die sozialen Probleme in dieser Stadt grundlegend zu verbessern.

Papier mag geduldig sein, die Wienerinnen und Wiener schon weniger.

Sie werden schon bald daran gemessen werden, was Ihre vor der Wahl getätigten politischen Aussagen nach dem 10. Oktober 2010 wert sind. Tausende – nicht nur diejenigen, die zurzeit in ihren Wohnungen oder auf der Straße frieren – werden schon bald sehr bald beurteilen, ob neben dem strengen Winter nun nicht auch „soziale“ Kälte in der Bundeshauptstadt Einzug hält.

Tausende – nicht nur diejenigen, die zurzeit in ihren Wohnungen oder auf der Straße frieren – werden spätestens bei den nächsten Wahlen in fünf Jahren ihrer gewonnenen Erkenntnis auch Taten an der Wahlurne folgen lassen.

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