KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Am Gängelband

Von Manfred Bauer (23.7.2008)

Früher galt das Institut für Höhere Studien (IHS) als „Kaderschmiede“ für fortschrittliche Wirtschaftswis­senschafterIn­nen, die in der Tradition Keynesianischer Theorien ihre ökonomischen Konzepte entwickelten. Noch während der Regierungszeit von Bruno Kreisky waren die ExpertInnen des IHS maßgeblich an der Ausformulierung der sozial-, wirtschafts- und gesellschaftspo­litischen Leitlinien beteiligt. Das emanzipatorische Potential des IHS zeigte sich etwa auch an der aktiven Teilnahme von AbsolventInnen und WissenschafterInnen des Instituts am Beirat für gesellschafts- und wirtschaftspo­litische Alternativen (BEIGEWUM).

Seit dem Amtsantritt von Berhard Felderer im Jahr 1991 mutierte das Institut indes mehr und mehr zu einem konservativen Think Tank. Populismus und neoliberale Schamlosigkeit lösten die lange gegen den bürgerlichen Mainstream gebürsteten Konzepte ab. Der Output des Instituts wurde von seinem Boss in einer Weise der „Marktlogik“ unterworfen, dass es fast schon den Charakter einer Bestechung trug.

Ein abermaliges Beispiel für die Liaison von politischer Willfährigkeit und ökonomischer Phantasielosigkeit lieferte der IHS-Chef vergangenen Montagabend in der ZIB2:

Auf die Frage von Armin Wolf, ob sich Felderer eine Steuerreform bereits im Jahr 2009 vorstellen könne, kam wie ein Pawlowscher Reflex die Erwiderung, dass eine vorgezogene Steuerreform „unfinanzierbar“ sei. Denn dafür müsse man etwa 1,5 Prozent des Bruttoinlandspro­dukts (BIP) am freien, internationalen Kapitalmarkt aufnehmen; dies würde, so das abschließende Lamento von Felderer, zu einem anhaltenden Defizit führen.

Man könnte angesichts der Schamlosigkeit und Ignoranz des IHS-Chefs und Vorsitzenden des Staatsschulde­nausschusses aus der Haut fahren, müsste frau/man sie nicht ohnehin täglich zu Markte tragen. Darlehen am freien (?) Kapitalmarkt aufnehmen??? Für eine gerechte Steuerpolitik? Im viert-reichsten Land der EU? Im siebt-reichsten Land der OECD?

Wo lebt Felderer eigentlich?

Ihm, als Vorsitzendem des Staatsschulde­nausschusses, sollte mitnichten entgangen sein, dass es allein zwischen Jänner und Mai 2008 zu Steuermehreinnahmen von 1,44 Milliarden Euro gekommen ist. Die Abrechnung am Jahresende wird – vorsichtig geschätzt – das Doppelte ergeben – also rund drei Milliarden Euro Mehreinnahmen von den Lohnsteuerzah­lerInnen. Das sind bereits 1,1 Prozent des von Felderer als Referenzgröße genannten BIPs (270,8 Milliarden Euro im Jahr 2007).

Wenn es dann noch zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer kommen würde, zur Hebung des Spitzensteuersatzes zumindest für die 77.700 MillionärIn­nen in Österreich oder zur Abschaffung der Steuerprivilegien von Privatstiftungen (dies würde allein pro Jahr zwei Milliarden Euro Mehreinnahmen bei der Einkommenssteuer bringen), kann man/frau sich sehr leicht ausrechnen, wie abgesichert die Finanzierung einer Steuerreform in ÖsterReich in Wirklichkeit wäre.

Aber all dies wollte dem stv. Vorsitzenden der Österreichischen Bundesfinanzi­erungsagentur (ÖBFA) im ZIB2-Interview nicht über die Lippen kommen, ganz im Gegenteil: Als er mitten in seiner konservativen Suada steckte, verlor er, wie er zugab, plötzlich den „roten Faden“.

Da fragte ich mich: Was kann es einem schon ausmachen, den Faden zu verlieren, wenn er ohnedies am Gängelband der Herrschaft hängt?

Und was heißt rot???

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