POSITIONEN & THEMEN
Von Doris Schlager (28.10.2008)
Die Wahlkarten waren noch nicht ausgezählt, präsentierte die heimische Immobilienwirtschaft die „Plattform Immobilien Österreich“, um ihre „Wünsche und Forderungen“ bei der künftigen Regierung anzumelden. Dieser hochorganisierten Kraft mit einer enormen ökonomischen Potenz haben die traditionellen Mieterorganisationen wenig entgegenzusetzen. Die MieterInnen-Plattform lässt noch auf sich warten.
Kein anderer Wirtschaftssektor wie der Wohnungsmarkt hat in der Vergangenheit
so oft bewiesen, dass der freie Markt nicht die Lösung, sondern das Problem
ist. Die Regierungen der Welt müssen Milliarden von Steuergeldern zu Verfügung
stellen, um die schwerste Finanzkrise seit 1929 in den Griff zu bekommen
ausgelöst von der Immobilienwirtschaft im Mekka des Neoliberalismus, der USA.
Während wir also täglich die Folgen der Gier nach dem schnellen Geld in einem
völlig deregulierten Markt in den Nachrichten verfolgen können, fordern die
selbsternannten Experten der „Plattform Immobilien Österreich“ für die
„Schlüsselbranche der österreichischen Volkswirtschaft“ die Deregulierung
des Wohnungsmarktes auch für Österreich.
Dabei ist die Constantia, die erste verkrachte österreichische Bank, genau aus
den gleichen Gründen in Schwierigkeiten gekommen wie die Banken jenseits des
Atlantiks. Durch die personelle Verfilzung mit dem heimischen Immo-Riesen
Immofinanz gepaart mit der Aussicht auf Renditensteigerung durch die
Deregulierung 1994 hat auch auf dem heimischen Wohnungsmarkt der
Casinokapitalismus Einzug gehalten.
Unter anderen politischen Kräfteverhältnissen wäre der Wunsch nach noch weiterer Deregulierung ein Grund, sich über die Lösungskompetenz der österreichischen Vertreter lustig zu machen tatsächlich ist dies aber eine ernstgemeinte und ernstzunehmende Drohung. Die Mythenbildung zur Wohnungspolitik durch das Herunterbeten altbekannter neoliberaler Dogmen verfehlen nicht ihre Wirkung in den Herzen und den Köpfen der Menschen. Kaum einE AltmieterIn, der/die sich nicht schon „privilegiert“ fühlt, weil er/sie nicht das Dreifache an Miete zahlen muß. Dass Vermieter und Makler bei Neuvermietungen im Altbau ihr Einkommen seit 1994 verdreifachen konnten, geht dabei unter.
Dabei ist nichts mehr widerlegt, als die Idee der Markt könnte auch bei Wohnungen einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage, wenn es keine Einmischungen des Staates gibt. Es sei einfach nur daran erinnert, dass trotz völliger Freigabe des Mietzinses bei Neubauten seit Anfang des Mieterschutzes der freifinanzierte Neubau nur eine Phantasie war. Der Wohnungsneubau in Österreich wurde ausschließlich durch die öffentliche Hand finanziert.