POSITIONEN & THEMEN
Von Christiane Maringer (19.4.2008)
Tage vor dem Klimagipfel der österreichischen Bundesregierung schlugen die Wellen hoch: Der CO2 Ausstoß in Österreich ist um ein Drittel höher als erlaubt, die Bundesländer haben bei Energiesparmaßnahmen im Wohnbau versagt, das globale Klima erwärmt sich unaufgehalten, Hungerrevolten im Süden sind zu befürchten … Schlagworte medialer Berichterstattung zwischen gefordertem Olympiaboykott und seichter Society-Berichterstattung … und heute bereits wieder Schnee von gestern.
Übel wird mir vor allem davon, was nur in Halbsätzen und in den meisten Massenmedien gar nicht vorkommt.
Während der Großteil der Bevölkerung auf der nördlichen Halbkugel des Globus einen geringen Anteil seines Einkommens für Lebensmittel ausgibt, müssen die Menschen in manchen armen Ländern im Süden dafür 80 Prozent und mehr des Haushaltseinkommens aufwenden. Damit werden die Preise für Lebensmittel für den überwiegenden Anteil der Bevölkerung dieser Erde zur Überlebensfrage.
Nahrungsmittel werden gleichzeitig für die Herstellung von Bio- oder Agrarsprit verwendet. Erst an diesem Punkt – und den selbst gesteckten Zielen der reichen Länder, im Norden bis zu zehn Prozent des Treibstoffaufkommens durch Biosprit abzudecken, um ihren Klimasünden gegenzusteuern – setzt massive Spekulation und damit eine Preissteigerungsspirale für Lebensmittel ein.
Die Weltbank warnt vor Hungerrevolten, die doch nichts anderes wären, als Widerstand gegen Auswüchse, die das System, das sie repräsentiert, erst hervorbringt. Die normale Reaktion einiger Lateinamerikanischer Länder war, den Export von Lebensmittel stoppen zu wollen, um ausreichend davon im eigenen Land zu behalten, um die Menschen zu ernähren. Dem schob der Internationale Währungsfond einen Riegel vor: Die Landwirtschaft, auch in den von Hunger bedrohten Ländern, hat nach seinen Vorgaben weiter auf Export ausgerichtet zu bleiben. Denn woher sonst sollen die Devisen für die ausstehenden Zinszahlungen herkommen?
Anstatt die Probleme, die die Lebensweise im neoliberalen Kapitalismus Mensch und Umwelt beschert, selbst in den Griff zu bekommen, versucht der Norden weiter, sie auf Kosten Dritter zu lösen. Tatsächliche Lösungsansätze wären etwa, Transport und Verkehr auf die Schiene zu verlegen oder Energiegewinnung auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Das kostet allerdings Geld und bedarf eines gesamtgesellschaftlichen Umdenkens: Weg von kapitalistischen Dogmen, wie sie etwa die EU festschreibt, die völlig ignoriert, dass wir nur diese eine Erde zur Verfügung haben – die ein soziales, gleichberechtigtes Miteinander bräuchte.
Immer noch scheint es da viel einfacher, sich den alten kolonialistischen Reflexen hinzugeben.