POSITIONEN & THEMEN
Von Lutz Holzinger (13.3.2008)
Trotz der Ausrutscher von Otto Habsburg in einer Feierstunde der ÖVP agieren die beiden Regierungsparteien anlässlich der Okkupation Österreichs vor 70 Jahren, als könnten sie kein Wässerchen trüben. Fast unter den Tisch fällt, dass Engelbert Dollfuß 1933 die Demokratie gekillt und Kurt Schuschnigg an der Ausgrenzung der Arbeiterbewegung angesichts des deutschen Überfalls festgehalten hat. Praktisch gar nicht erwähnt wird das freudige Ja zum Anschluss, das Spitzen-Sozialdemokraten wie der doppelte Staatskanzler Karl Renner von sich gegeben haben.
Schön, dass am Heldenplatz der unmittelbaren Opfer des Nationalsozialismus in Österreich gedacht wurde. Ihre Zahl betrug angeblich die runde Summe von 80.000 Menschen. Tatsächlich kam die Auslöschung Österreichs seine EinwohnerInnen jedoch viel teurer zu stehen. Denn die Okkupation war die Voraussetzung für diejenigen Opfer, die im Krieg gefallen und in Bombenangriffen ums Leben gekommen sind.
Glatte Zahlen der angeführten Art bergen eine gefährliche Gleichmacherei in sich. Besonderer Ehre wert wären an Gedenktagen wie dem 12. März, alle jene Menschen, die der auf das Land von innen und außen einströmende nationalsozialistische Gewalt entgegengetreten sind. War die KPÖ nicht die einzige Partei, die noch in der Nacht nach dem Tag der Okkupation den Widerstand gegen Hitler und das Widererstehen Österreichs propagiert hat? Waren es nicht tausende Kommunistinnen und Kommunisten, die im In- und Ausland aktiv gegen die Wehrmacht und den Nationalsozialismus gekämpft haben?
Die Voraussetzung dafür war die zeitgerechte Erarbeitung einer theoretischen Grundlage für die Verteidigung der Besonderheiten Österreichs. Neben dem Konservativen Karl Winter hatte nur die Führung der KPÖ erkannt, welche Gefahr die Machtübernahme Hitlers 1933 in Deutschland angesichts des Deutschnationalismus nahezu aller Parteien in Österreich für die Eigenständigkeit des Landes bedeutete. Es war Alfred Klahr, der im Auftrag der KPÖ-Führung in der Illegalität die wissenschaftliche Begründung der österreichischen Nation erarbeitet hat.
In den Festtagsreden zum Gedenktag wurde wiederholt die Notwendigkeit beschworen, aus der Geschichte zu lernen. An sich gut gebrüllt, Löwe! So lange jedoch entscheidende Fakten und konkrete Alternativen, die es zum Anschluss-Jubel am Wiener Heldenplatz gegeben hat, verschwiegen werden, sollte man auch heut den herrschenden Politikern nicht über den Weg trauen.