KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

1200 Euro für Luca?

Von Claudia Krieglsteiner (29.5.2009)

Aus einem Buben, der nur 17 Monate alt wurde, wurde der „Fall Luca“. Zunächst ein Fall für die Medien, dann auch ein Fall für das Gericht. Die Mutter des Buben und eine Sozialarbeiterin wurden dieser Tage gerichtlich verurteilt, ihrer „Fürsorgeverpflichtun­g“ nicht nachgekommen zu sein.

Ich kann über die Geschichte des kleinen Luca wenig mehr als sicher annehmen, als dass er gequält wurde und an den Folgen der Misshandlungen gestorben ist. Der Boulevard- Journalismus hat – neben der, die Würde des toten Buben verletzenden Darstellungen – wie meistens mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet.

Offen gesagt, kann ich die Situation der Mutter nicht wirklich nachvollziehen, kann ich mir aber die Entscheidungssi­tuationen, in denen sich die Sozialarbeiterin befand, wenig überraschender Weise durchaus vorstellen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Tirolerin – völlig unabhängig von ihrem tatsächlichen Verhalten – erleichtert wäre, wenn sie mit der (bedingt ausgesprochenen und nicht rechtskräftigen, weil berufenen) Geldstrafe von 1200 Euro jeden Gedanken daran und jede Im-Nachhinein-Infragestellung des eigenen Tuns dafür abgegolten sehen könnte. Welche Verantwortung sie selbst sich zuspricht, ist hier nicht meine Fragestellung.

Augenfällig ist jedenfalls, dass über die Mitverantwortung einer ganzen Reihe von Professionisten – den Ärzten, die Luca behandelten, den Vorgesetzten der Sozialarbeiterin und der anderen SozialarbeiterInnen aus den Bundesländern, in denen die Misshandlungen stattfanden, nichts zu lesen und zu hören war.

Eine einzelne Sozialarbeiterin wurde herausgegriffen und die „Öffentliche Meinung“, die zuvor hergestellt wurde, befriedigt, indem sie „zur Verantwortung gezogen“ wurde.

Selbstverständlich ist es kein Zufall, dass es nicht ein Arzt, oder aber die Hierarchie der Jugendwohlfahrt war: Je näher an der Klientin/am Klienten umso stärker die (gesellschaftliche) Identifizierung.

Ob nun Sozialarbeit deshalb nach wie vor zum überwältigten Teil Frauenarbeit (und damit schlecht bezahlt) ist oder umgekehrt, es sich (fast) nur Frauen leisten können, hoch belastende, schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen, sei dahin gestellt.

Tatsache ist, dass das Handlungsfeld Jugendwohlfahrt komplexer wird, aber Ressourcen nicht nur nicht aufgestockt, sondern – nimmt man die verschiedenen beteiligten Bereiche zusammen – weiter reduziert werden. Auch wenn Vieles in den Verfahren des Kinder- und Jugendschutzes in den letzten Jahren normiert und systematisiert wurde, hängt der effektive Schutz eben oft von den Möglichkeiten intensiver Prävention und ausreichender Betreuung und Begleitung von Risikofamilien ab. Das ist sehr personalintensiv. Dazu müssten auch neue Wege beschritten werden können, Einrichtungen ausgebaut, manche – den neuen Lebensweisen und Anforderungen gerechter werdende – neu entwickelt werden. Das verursacht Kosten. Mehr Geld für den öffentlichen sozialen Sektor? Dafür will sich zurzeit niemand aus dem Fenster hängen. Und wie immer zahlen den Preis ja andere: Säuglinge und Sozialarbeite­rinnen.

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