KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Ein Paukenschlag aus Kärnten

Von Walter Manoschek (1.7.2009)

Ein Kärntner Bürgermeister blamiert die nationale und regionale rassistische Asylpolitik. Gastkommentar.

Als ich am Abend des 26. Juni das Radio einschaltete, wurden in den ORF-Nachrichten die beiden Südkärntner Orte Bad Eisenkappel und Neuhaus erwähnt. Es ging um die Einrichtung eines Erstaufnahmezen­trums für AsylbewerberInnen.

Sicher nicht nur zu meiner Überraschung zeigten sich die Bürgermeister der beiden Gemeinden interessiert, ein solches Zentrum für 250 Asylbewer­berInnen auf ihrem Gemeindegebiet zu errichten. Nachdem Innenministerin Fekter wochenlang vergeblich nach aufnahmebereiten Gemeinden Ausschau gehalten hatte, war dies ein kleiner politischer Paukenschlag. Nicht zuletzt, da Bad Eisenkappel/Železna Kapla und Neuhaus/Suha einen mehrheitlich slowenischen Bevölkerungsanteil aufweisen. Und die Reaktion von Landeshauptmann Dörfler kam auch prompt: „Die beiden Bürgermeister wissen nicht, was sie tun“.

Zwei Tage danach ergriff der Bürgermeister von Bad Eisenkappel, Franz Josef Smrtnik, bei der Gedenkfeier auf dem in der Gemeinde Bad Eisenkappel gelegenen Peršmanhof das Wort und machte deutlich, dass er sehr wohl weiß, was und worum er es tut. Am Peršmanhof, jenem Ort, an dem noch wenige Tage vor Kriegsende zwei slowenische Familien von Waffen-SS-Angehörigen abgeschlachtet wurden, spann der Bürgermeister der slowenischen bzw. zweisprachigen Einheitsliste einen erinnerungspo­litischen Bogen von jenen Ereignissen zur gegenwärtigen Asylpolitik. Als Vertreter einer Volksgruppe, die von den Nazis verfolgt wurde, sieht er es als seine Aufgabe an, eine besondere Sensibilität für politisch Verfolgte zu entwickeln: „Es geht auch um Humanität, um Menschen, und nicht um Schwerverbrecher“.

Dass finanzielle Aspekte mit eine Rolle spielen, ließ Smrtnik nicht unerwähnt. Zusätzliche Arbeitsplätze und Standortgarantien für Schulen und Polizeistation sind in einer strukturschwachen Wirtschaftsregion mehr als willkommen. Doch dieses Argument würde auch für zahlreiche andere Gemeinden gelten, die allerdings nicht die geringste Gesprächsbere­itschaft zeigen, in denen Xenophobie wirtschaftlichen Überlegungen bei weitem überlegen ist.

An den Nationalsozialismus und seine Verbrechen zu erinnern beschränkt sich in der Politik oftmals auf Sonntagsreden. Das Schlagwort „aus der Geschichte lernen“ erweist sich meist als hohle Phrase ohne politische Konsequenzen in der Alltagspolitik. Doch erst wenn Erinnern politisch handlungsanleitend wird, kann von einer zufriedenstellenden Erinnerungspolitik gesprochen werden.

Ao. Univ. Prof. Dr. Walter Manoschek ist Politikwissen­schafter am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien. Forschungsschwer­punkte: Nationalsozia­lismus, Holocaust, Vergangenheit­spolitik. Manoschek war Festredner am diesjährigen antifaschistischen Gedenktreffen am Peršmanhof

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