KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Das „heiße Eisen“ ELGA

Von Rudolf Gabriel (15.11.2012)

Die Speicherung und der Versand von Daten im Gesundheitssystem haben sprunghaft zugenommen. Seit 2000 wird im Auftrag der Bundesgesundhe­itskomission am Aufbau rechtlicher Grundlagen und technischer Hilfsmittel zur Verwendung personenbezogener Gesundheitsdaten gearbeitet. Über die Zwischenlösung des Gesundheitste­lematikgesetzes wurde ELGA (Elektronische Gesundheitsakte) entwickelt, das Gesetz liegt nun dem Parlament vor.

Was steht im Gesetzentwurf?

Nach jahrelangen Verhandlungen einigten sich Ärztekammer und Gesundheitsmi­nister, nachdem die Verpflichtung zur Mitarbeit der Ärzteschaft aufgeweicht wurde. Der Minister spricht freilich weiterhin von einer verpflichtenden Speicherung von Entlassungs-, Labor- und Röntgenbefunden und Medikationsdaten in standardisier­ter Form.

Eindeutig hält das Gesetz fest, dass bei Gefahr in Verzug keinerlei Verpflichtung besteht auf ELGA zuzugreifen. Wichtige Sofortmassnahmen bei Akut-Diagnostik und Behandlung werden demnach rechtzeitig durchgeführt.

Opt Out-Regelung

PatientInnen können ab 2014 bestimmen ob sie überhaupt oder nur teilweise an ELGA teilnehmen wollen. Ein solcher Widerspruch kann elektronisch über www.gesundheit.gv.at per Bürgerkarte oder Handysignatur oder schriftlich bei den Widerspruchsstellen abgegeben werden. Dabei können Verweise zu Gesundheits- und Medikationsdaten ein- oder ausgeblendet und auch gelöscht werden.

Die ELGA-Befürworter stellten die Verbesserung der Patientensicherheit in Aussicht, wenn über eine zentrale Speicherung aller Medikationsdaten auch die möglichen Wechselwirkungen analysiert werden könnten. Nach der Evaluierung von Pilotprojekten lehnten die Ärzte dies jedoch als untauglich für den Praxisbetrieb ab.

Umstrittene Kostenfrage

Gerade die Kostenfrage führte bis zuletzt zu großen Auseinanderset­zungen zwischen Betreibern und Gegnern von ELGA. Die Ärztekammer publizierte eigene Zahlenwerke, welche die Schätzungen des Ministeriums um ein vielfaches übertreffen. Verwiesen wurde auch darauf, dass in anderen Ländern (Großbritannien, Deutschland, Tschechien, Niederlande) solche Projekte wegen explodierender Kosten gestoppt wurden.

Es wird befürchtet, dass der Kostenfaktor ELGA das ohnehin angespannte Gesundheitsbudget weiter unter Druck setzt und die Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit entgegenwirkt.

Wem nutzt ELGA?

Im Gesetzesentwurf wird auf das öffentliche Interesse an der Nutzung von ELGA hingewiesen. Doch in der Debatte wurden die Interessen der Systempartner (Bund, Länder, Krankenversiche­rungen) nicht klar ausgesprochen. Dass die ELGA-Systempartner die Daten für eine ökonomische Analyse aufbereiten ist grundsätzlich begrüßenswert. Spannend wird jedoch, ob dieses Wissen zu Leistungseinschränkun­gen führt oder ob ELGA-Daten zur Absicherung und dem Ausbau einer allgemein zugänglichen und umlagefinanzierten Gesundheitsver­sorgung dienen.

Es ist zu bezweifeln, dass die ÄrztInnen von ihrer derzeitigen Praxis abgehen werden, zumal die Einsichtnahme in die ELGA-Daten nicht verpflichtend geregelt ist. Sowohl im Krankenhaus als auch in den Ordinationen werden die ÄrztInnen weiterhin jene Befunde neu erheben, welche sie für den jeweiligen Fall für sinnvoll erachten. Ob durch ELGA unnötige und teure Mehrfach-Befunde reduziert werden können, bleibt abzuwarten.

ELGA in der Praxis

ÄrztInnen sind verpflichtet, ihre PatientInnen über ihre Rechte gegenüber ELGA zu beraten. Wenn bis Ende 2013 keine Informationskam­pagne über das Widerspruchsrecht erfolgt, wird das vielfach zu einer Verunsicherung führen und in den Hausarztordina­tionen viele Fragen an die Ärztinnen aufwerfen.

Eine generelle Empfehlung für ein absolutes Opt-Out ist derzeit nicht sinnvoll. Es ist zu hoffen, dass eine intelligente Form des selektiven Opt-Out umsetzbar wird. Schlecht aufgeklärte und verunsicherte Menschen werden jedoch zunächst eher ein generelles Opt-Out in Anspruch nehmen und die Entwicklung weiter beobachten. Es besteht ja jederzeit die Möglichkeit das Opt-Out rückgängig zu machen um dann an ELGA teilzunehmen.

Der Autor, Dr. Gabriel Rudolf, ist Arzt in Eisenstadt

Aktuelles:


KPÖ Oberösterreich: Jetzt Unterstützungserklärung unterschreiben!
(14.7.2021)

...mehr


Die Europäische Linke fordert einmal mehr das Ende der Blockade gegen Kuba
(13.7.2021)

...mehr


Die neue Juli Volksstimme 2021 ist da!
(13.7.2021)

...mehr


KPÖ Graz: Unsere Kandidatinnen und Kandidaten für Graz
(10.7.2021)

...mehr


38. Parteitag der KPÖ: In der ältesten Partei Österreichs übernehmen Junge das Ruder
(21.6.2021)

...mehr

Volksstimme - Politik & Kultur - Zwischenrufe links