KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Der Ausflug des Herrn Kurz ins Blaue

Ungleichverteilung von Möglichkeiten und Chancen als immanenter Teil des Systems

Von Michael Graber (12.6.2015)

Minister Sebastian Kurz lernt schnell um: vom Integrations- zum Desintegration­sminister. Wahrscheinlich merkt er den blauen Wind auch in der ÖVP und empfiehlt sich auch in diese Richtung.

Nicht anders ist sein ganzseitiges Interview in der Krone vom 11. Juni zu verstehen. Was treibt den Minister um? „Die Niederlassungsfre­iheit in der EU darf nicht verwechselt werden mit der Freiheit, sich das beste Sozialsystem auszusuchen“, verkündet er. Es gehe darum, ab welchem Zeitpunkt, also nach wie kurzem Arbeitsverhältnis man Anspruch auf Versorgung habe. Österreich habe das Problem, dass Personen in den Arbeitsmarkt zuwandern, dann „sehr bald“ arbeitslos werden und in unserem „sehr attraktiven“ Sozialsystem verweilen.

Nun zunächst ist es offensichtlich, dass Herr Kurz noch nie arbeitslos war. Sonst wüsste er, dass die Nettoersatzquote für Arbeitslose in dem Land in dem er Minister ist, gerade einmal 55 Prozent beträgt, und damit am unteren Ende der EU-Länder rangiert. Weiters sollte zumindest sein Stab wissen, dass eine Anwartschaft auf Arbeitslosenhilfe erst nach 52 Wochen versicherungspflichti­ge Beschäftigung binnen 24 Monaten vorliegt und diese zunächst nur 20 Wochen ausbezahlt wird. 30 Wochen Arbeitslosengeld stehen erst nach drei Jahren Beschäftigung und 39 Wochen Bezug nach sechs Jahren Beschäftigung zu. Wer „sehr bald“ arbeitslos wird, hat also ein Problem.

Was Kurz also will, sind zwei Kategorien von Beschäftigten schaffen: Solche mit Anspruch auf Arbeitslosengeld und solche ohne, also eine weitere Spaltung des Arbeitsmarktes. Natürlich, so muss man Herrn Kurz auch interpretieren, Sozialversicherung sollen alle zahlen. Das heißt also auch die „Ausländer“ für die „Inländer“. Gefordert wird zwar gleiche Arbeitsleistung, aber das Gegenteil vom Grundsatz: Gleiche Rechte für alle.

Was aber noch mehr den Rechtspopulismus des Herrn Außenminister entlarvt: Wie ist das mit der Niederlassungsfre­iheit der Konzerne? Können diese es sich im Binnenmarkt der EU nicht aussuchen wo sie am profitabelsten investieren? Gibt es da nicht einen Steuer- und Standortwettbewerb? Ist nicht die Einkommensteuer der Konzerne, die Körperschaftsste­uer, in Österreich vor wenigen Jahren von 34 Prozent auf 25 Prozent gesenkt worden, was dem Fiskus Jahr für Jahr Milliarden Euro kostet? Zahlen einige der Konzerne denn überhaupt noch irgendeine Steuer? Nehmen die Konzerne denn nicht die von der öffentlichen Hand finanzierten ausgebildeten Arbeitskräfte in Anspruch? Nutzen die Konzerne nicht die öffentliche Infrastruktur und wird ihnen nicht auch da und dort noch eine zusätzlich hingestellt?

Kurz, Herr Kurz: Dass sich Arbeitende grenzüberschreitend günstige Beschäftigungsver­hältnisse suchen, dabei allerdings oft vom Regen in die Traufe kommen, macht ihnen Sorge, weil das angeblich die Sozialtöpfe leert; dass sich die Konzerne die günstigsten Profitmöglichkeiten in jedem Land allerdings auf Kosten der öffentlichen Haushalte einschließlich auf Kosten der Sozialtöpfe suchen, ist ihnen wurscht. Was den (Konzern)Herrn erlaubt ist, ist es noch lange nicht dem Knecht. Und Schuld sind natürlich die „Ausländer“ und nicht der Herr Kurz und seinesgleichen.

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