KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Kaufen und gekauft werden

Von Manfred Bauer (2.5.2011)

Lobbying und Wissenschaft

Wissenschaftlichke­it und Expertise als Verkaufsschlager des Lobbyismus.

Die Methoden von Lobbyisten sind nicht immer subtil – aber meistens äußerst wirksam, weil infam. Nicht selten hängen sich Lobbyisten das Mäntelchen der Wissenschaftlichke­it über ihre Schulter, um sich den Anschein expertiser Distanz zu geben.

So läuft zum Beispiel wegen der Monopolstellung der seit dem Jahr 2000 privatisierten Staatsdruckerei ein EU-Verfahren gegen Österreich, das ein so genanntes »Institut für tayloristische Studien« angestrengt hat. Dieses Institut bot offenbar ausländischen Druckereien an, das Verfahren zu unterstützen, und empfahl für die »rechtsfreundliche« Beratung die Kanzlei von SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim »für den Fall, dass Ihr Unternehmen Interesse am äußerst lukrativen österreichischen Markt hat und das Anliegen der Öffnung dieses Marktes unterstützen will«, wie es im Angebot heißt.

Wer im weltweiten Netz Recherchen nach diesem obskuren Institut anstellt, wird dabei mitnichten fündig; die einzigen Treffer, die erzielt werden, sind lediglich Verweise auf die aktuellen Medienberichte um den SPÖ-Lobbyisten Jarolim.

Der hatte jedenfalls bei seinem Kampf gegen das Monopol der Staatsdruckerei einen damals noch potenten Gegner: Ernst Strasser saß nämlich bis 2010 im Beirat der Druckerei, einem politisch besetzten Gremium. Noch in diesem Jahr beteuerte der Lobbyist Strasser, dass er diese Funktion ehrenamtlich und daher unentgeltlich ausgeübt habe; heute ist bekannt, dass er sein Engagement über seine Beraterfirma abgerechnet hat. Außerdem hatte er eigenen Angaben zufolge in Sachen Staatsdruckerei einen Termin bei EU-Binnenmarktkom­missar Michael Barnier, den er angeblich von der »Sinnhaftigkeit« der Monopolstellung der Staatsdruckerei überzeugen konnte. Damit lag der Lobbyist Strasser im damaligen Match gegen den Lobbyisten Jarolim noch eine Nasenlänge voraus.

Studie als Instrument der Panikmache

Die Umtriebe so genannter wissenschaftlicher Institute oder die Verbreitung von Studien als massenmediale Zurichtung des Terrains für zukünftige geschäftliche Tätigkeiten zählen zu den Basisinstrumenten von Lobbyisten.

So gründeten zum Beispiel eine Reihe österreichischer Banken und Versicherungsun­ternehmen im Jahr 1990 den »Fachverband der Pensionskassen«. Nach einem intensiven Lobbying bei der Regierung Vranitzky sowie im Parlament war es dem Finanzkapital endlich gelungen, dass der Nationalrat das so genannte »Pensionskassen­gesetz« als Voraussetzung für die betriebliche Altersvorsorge abnickte. Dieses schuf für die Banken- und Versicherungsmultis neue Anlagemöglichkeiten für ihr immenses Finanzvermögen und leistete darüber hinaus einen maßgeblichen Beitrag für die Teilprivatisierung von Alterssicherun­gssystemen. Die neoliberalen Speerspitzen der Regierung Vranitzky-Schüssel bejubelten dieses Pensionskassen­gesetz, zumal sich mit dem von ihnen favorisierten Drei-Säulen-Pensionsmodell (staatliche Pension, Firmenpension, private Vorsorge) auch trefflich gegen das staatliche Umlageverfahren polemisieren ließ.

Der neu gegründete Fachverband der Pensionskassen gab bald nach seiner Entstehung die Studie »Die Entwicklung der betrieblichen Altersvorsorge in Österreich« in Auftrag. Diese WIFO-Studie sollte nicht nur die Konjunkturstimmung für die neuen betrieblichen Pensionskassen anheizen, die sich alle in Banken-, Versicherungs- oder multinationaler Unternehmenshand befinden, sie zielte auch darauf ab, über Panikmache eine höhere Zustimmungsrate für die Privatpension zu erzeugen. Dazu wurde die demografische Keule geschwungen: Durch die massive Zunahme der Zahl der PensionistInnen, hieß es, gerate die staatliche Finanzierung der Pensionen in Gefahr. Als Lösung aus der »demografischen Falle« wurden nicht etwa eine Verbreiterung der Beitragsgrundlage über die Bruttolohn- und Gehaltssumme hinaus, etwa in Form einer Wertschöpfungsab­gabe, oder alternative sozialpolitische Modelle angeboten, sondern, welche Überraschung, die massive Förderung der betrieblichen Altersvorsorge durch die privaten Pensionskassen.

Die Pensionskassen-Blase platzt

Die Strategie des Fachverbandes ging auch prompt auf: Landauf, landab überboten sich die so genannten »Experten« – von IHS-Chef Felderer über WIFO-Boss Kramer bis hin zum deutschen Expertenimport Bert Rürup – geradezu im Bejubeln der Pensionskassen. Der damalige Fachverbandvor­steher Dietmar Neyer halluzinierte Renditen von sechs bis acht Prozent für die zukünftigen PensionistInnen, die auf diese hanebüchenen Verheißungen prompt hereinfielen.

Der Schwung dieser kaltschnäuzig provozierten Pensionskassen-Euphorie wurde von den Lobbyisten gleich weiter genutzt: So brachten sie es durch intensive und hartnäckige Kontakte zu maßgeblichen Parlamentariern zuwege, dass das Pensionskassen­gesetz bereits nach kurzer Zeit novelliert wurde; jetzt durften die Pensionskassen 60 Prozent der veranlagten Gelder in risikoreiche Aktien und andere spekulative Wertpapiere investieren; was sie auch ausgiebig taten. Mit dem Erfolg, dass sie bereits im Jahr 2007 ein Vermögen von 13 Milliarden Euro verwalten konnten.

Auf der Jagd nach immer höheren Renditen und immer höherem Profit wurde kein Risiko gescheut, und schließlich platzte auch hierzulande die Pensionskassen-Blase: Die Erträge schrumpften empfindlich, die Renditen mussten auf zwei bis drei Prozent herab korrigiert werden. Mehr als 550.000 Personen, die den Hochglanz-Verheißungen der Manager Glauben geschenkt hatten, müssen seither empfindliche

Einbußen bei ihren betrieblichen Pensionszahlungen hinnehmen.

Gekaufte Klimaskeptiker

So infam die Methoden heimischer Lobbyisten auch sind, so provinziell wirken sie im Vergleich zu den Propagandafeldzügen ihrer US-amerikanischen Vorbilder; und dies nicht nur, wenn man sich Ernst Strassers hilflos-lächerliche Versuche einer Konversation in englischer Sprache ins Gedächtnis ruft.

So gelang es dem weltweit größten Ölkonzern Exxon-Mobil, die amerikanische und die globale Öffentlichkeit maßgeblich zu beeinflussen. Der Multi investierte über Jahre in scheinbar seriöse und unabhängige »Denkfabriken« und Institute, deren Ziel darin bestand, Zweifel über den wissenschaftlichen Konsens im Hinblick auf die globale Klimaerwärmung und effiziente Gegenmaßnahmen in Form der Förderung erneuerbarer Energietechnologien zu verbreiten. So strich z. B. die weltbekannte »Heritage Foundation« viele Exxon-Dollarmillionen ein. Mit diesen wurden Wissenschafter gekauft und als Exxon-Lobbyisten eingesetzt. Ihre Aufgabe war, den Eindruck zu erwecken, als gäbe es eine kontroversielle Diskussion über die Ursachen des Treibhauseffektes innerhalb der wissenschaftlichen Community.

Sowohl in den USA als auch in Europa wirken diese Kampagnen bis in die Gegenwart nach, wie zahlreiche Meinungsumfragen zum Thema bestätigen. Konservative TV-Imperien – wie zum Beispiel FOX-News des Medienzaren Rupert Murdochs oder quotenorientiertes Privatfernsehen (im deutschsprachigen Raum beispielsweise VOX) – stellten und stellen sich bereitwillig in den Dienst von Exxon und räumen »wissenschaftlichen« Klimaskeptikern breiten Raum ein.

ÖBB

Bei den österreichischen Bundesbahnen dagegen hat man gar nicht lange die Umleitung über bezahlte Lobby-Agenturen gesucht, hier wurden gleich die Lobbyisten der Privatbahn des Strabag-Bau-Moguls Hans Peter Haselsteiner im ÖBB-Vorstand installiert. Zunächst beschäftigte sich der LIF-Spaltpilz Alexander Zach 2006 bis 2008 – auf einem SPÖ-Ticket im Nationalrat – im Auftrag seines Mentors Haselsteiner als Parlaments-Lobbyist mit der Zerschlagung der ÖBB. Gleichzeitig werkte Stefan Wehinger als bestbezahlter Vorstand bei den Bundesbahnen, um nur zwei Jahre später in den Vorstand von Haselsteiners schärfstem ÖBB-Konkurrenten »Westbahn« zu wechseln. Zuvor hat Wehinger als ÖBB-Vorstand die Einstellung zahlreicher Nebenbahnen betrieben, danach eine massive Personalreduktion angestoßen; schließlich lieferte er noch sein Meisterstück ab, das ihm das wohlfeile Einstiegsticket bei der »Westbahn« sicherte: Die Einstellung der Verbindung zwischen Linz und Graz.

Als Ergebnis erfolgreicher Lobby-Arbeit wird ab 2012 diese zentrale Strecke zwischen der oberösterreichis­chen und der steiermärkischen Landeshauptstadt von Hans Peter Haselsteiners privater Westbahn mehrmals täglich befahren werden.

Volksstimme, Mai 2011

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