KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

In die Bredouille geraten

Von Leo Furtlehner (1.11.2008)

Mit dem offenen Ausbruch der internationalen Finanzkrise treten auch die dubiosen Finanzkonstrukte zutage, mit denen Gebietskörper­schaften und Unternehmen im öffentlichen Eigentum in den letzten Jahren zunehmend versucht haben ihre Finanzlöcher zu stopfen. Der Hintergrund dafür ist die gezielte Aushungerung der öffentlichen Infrastruktur durch die Vorgaben der neoliberalen Politik.

Der Euro-Stabilitätspakt für einen „harten“ Euro, die Maastricht-Kriterien für eine „nachhaltige“ Budgetsanierung, die vier Grundfreiheiten der EU (darunter jene des Kapitalverkehrs) festgeschrieben im Maastricht-Vertrag ebenso wie im am irischen Nein vorläufig gescheiterten EU-Vertrag von Lissabon haben Länder und Gemeinden ebenso wie wichtige Unternehmen der Infrastruktur im öffentlichen Eigentum zunehmend gezwungen sich nach neuen Einnahmequellen umzusehen.

Findige und windige Anlageberater der Banken waren rasch zur Stelle, wie sich jetzt herausstellt waren ihre Empfehlungen jedoch meist auf Sand gebaut und sind die betroffenen Länder, Gemeinden und öffentlichen Unternehmen brutal ausgedrückt in die Scheißgasse geraten:

  • Die Tiroler Landesenergie­gesellschaft TIWAG hat ab 2001 über Cross-Border-Leasing-Verträge 14 ihrer 15 Kraftwerke an US-Banken langfristig vermietet und zurückgeleast. Der bis zur Einstellung solcher CBL-Verträge durch eine Änderung der US-Steuergesetzgebung im Jahre 2004 ermöglichte Steuervorteil wurde geteilt. Die TIWAG hat aber die Verpflichtung übernommen, den Erlös von 1,5 Mrd. Euro Erlös immer verfügbar zu halten und entsprechend veranlagt. Nun mussten zwei Banken ihr Rating herabstufen und das Supergeschäft erweist sich als Bumerang. Eine Prüfung durch den Landesrechnungshof wurde angesetzt. Ähnliche Probleme plagen auch die Innsbrucker Kommunalbetriebe (IKB) mit solchen CBL-Geschäften.
  • Die ÖBB hat 612,9 Mio. Euro Erlös aus CBL-Verträgen über Loks, Waggons und Frachtenbahnhöfe auf Empfehlung der Deutschen Bank mit einer Laufzeit bis 2015 veranlagt, der Ertrag ist von 200 Börsetiteln abhängig. Mitbeteiligt sind die isländische Banken Kapthing, Landsbank und Glitnir sowie die US-Bank Washington Mutual. Aber schon 2007 wurde ein Buchverlust von 242 Mio. Euro verzeichnet, für 2008 werden sogar 350 Mio. Euro befürchtet.
  • Auch die Stadt Wien ist groß in CBL-Verträge eingestiegen. So wurden 2003 das Kanalnetz im 21. und 22. Bezirk, U-Bahn- und Straßenbahnlinien mit einer Laufzeit bis 2037 verleast und wieder zurückgeleast.
  • Der Wert der von der Fibeg verwalteten vom Land Niederösterreich veranlagten Wohnbaugelder betrug zu Jahresbeginn 2008 noch 4,36 Mrd. Euro und sank seither um 300 Mio. Euro. Die Landesregierung beschwichtigt, dass von 2002 bis 2007 860 Mio. Euro Ertrag und jährliche Wertsteigerung von 5,5 Prozent erfolgt seien.
  • Die AUVA hat für 300 Mio. Euro in Anleihen von Freddie Mac und Fannie Mae, Washington Mutual, Lehman Brothers und Island-Bonds veranlagten Rücklagen einen Verlust von  29 Mio. Euro zu verzeichnen.
  • Im Burgenland haben zwölf Gemeinden, meist auf Empfehlung der Bank Austria, riskante Devisengeschäfte eingegangen, elf sind mittlerweile davon wieder ausgestiegen. Der Landtag hat mit einer Novelle der Gemeindeordnung solche Aktionen- und Spekulationsges­chäfte genehmigungspflichtig gemacht.
  • In Niederösterreich haben 90 Gemeinden, davon 50 auf Empfehlung der Raiffeisen Landesbank Wien-NÖ und andere sogar auf Empfehlung der landeseigenen Hypo Investmentbank, durch hochspekulative Finanzgeschäfte etwa als Wetten auf kurzfristige Marktzinsen hohe Verluste zu verzeichnen. So etwa die Gemeinde Warth 20.000, Göstling 150.000, Retz 320.000, Hofamt Priel bis zu zwei Millionen, Bad Vöslau mit Meinl European Land Zertifikaten 85.000, Euratsfeld 63.000, Bruck an der Leitha mit Aktien und Zins-Swaps 1,2 Mio. und Perchtoldsdorf 1,5 Mio. Euro. Geübte Praxis in Niederösterreich ist die Auslagerung gemeindeeigener Immobilien an eine gemeindeeigene Immobilientochter­firma, die mit den Gebäuden besicherte Kredite aufnimmt und mit dem Geld auf dem Kapitalmarkt spekuliert. Eine gesetzliche Beschränkung solcher Geschäfte wie im Burgenland mittlerweile erfolgt lehnt das Land NÖ jedoch als „Bevormundung“ der Gemeinden ab.
  • Kräftig auf die Nase gefallen sind mit dem Erwerb von Meinl-European-Land-Papieren sind die burgenländische Gemeinde Oberschützen (210.000 Euro Verlust) und die steirische Gemeinde Hartberg (1,6 Millionen Euro Verlust).
  • Nervös geworden im Zusammenhang mit CBL-Verträgen ist auch die mittlerweile teilprivatisierte oö Energie AG, die mehrere Kraftwerke und Teile des Stromnetzes CBL verleast hat und als Vertragspartner u.a. die in die Pleite gerutschte US-Versicherungsge­sellschaft AIG hat. Ähnliches gilt für die stadteigene Linz AG.
  • Zum Nutzen der Banken sind auch die jetzt immer stärker in Mode kommenden Public-Private-Partnership-Modelle zur Finanzierung öffentlicher Investitionen. So kritisierte der Rechnungshof sowohl bei der Umfahrung Ebelsberg als auch beim Landesdienstle­istungszentrum in Linz, dass eine herkömmliche Kreditfinanzierung für die Stadt Linz bzw. das Land OÖ als Errichter günstiger gekommen wäre als die von der Raiffeisen-Landesbank realisierten PPP-Modelle.

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