KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Ohne Kontrolle ins Desaster

Von Leo Furtlehner (12.12.2008)

Vom Sog der internationalen Finanzkrise sind auch viele Gemeinden erfasst, wie sich immer deutlicher herausstellt. Der Hintergrund dafür ist die gezielte Aushungerung der öffentlichen Infrastruktur durch die Vorgaben der neoliberalen Politik, durch die auch Gemeinden genötigt wurden sich auf waghalsige Finanzgeschäfte einzulassen.

Der Euro-Stabilitätspakt für einen „harten“ Euro, die Maastricht-Kriterien für eine „nachhaltige“ Budgetsanierung, die vier Grundfreiheiten der EU (darunter jene des Kapitalverkehrs) festgeschrieben im Maastricht-Vertrag ebenso wie – im Juni 2008 vorläufig am irischen Nein vorläufig gescheiterten – EU-Vertrag von Lissabon haben neben Ländern und öffentlichen Unternehmen vor allem auch die Gemeinden gezwungen sich nach neuen Einnahmequellen umzusehen.

Von Banken aufs Glatteis geführt

Findige und windige Anlageberater der Banken waren rasch zur Stelle. Wie sich jetzt herausstellt waren ihre Empfehlungen jedoch meist auf Sand gebaut und sind die betroffenen Gemeinden in die Bredouille geraten. Soweit bisher bekannt ist, haben Gemeinden im Burgenland, Niederösterreich und der Steiermark auf Empfehlung namhafter Banken – BA-CA, Raiffeisen, Hypo NÖ usw. – riskante Veranlagungen getätigt, die sich jetzt als Bumerang herausstellen welcher den betroffenen Kommunen teilweise Millionenverluste beschert.

So hat die Stadt Hartberg (Steiermark) durch Veranlagungen bei Meinl European Land 2,5 Millionen Euro verloren und weitere 0,8 Millionen durch Veranlagungen im britischen Steuerparadies Virgin Island versenkt. Zudem droht der Gemeinde ein EU-Verfahren, weil die gemeindeeigene Sparkasse zu billig verkauft wurde (was auch für zahlreiche andere Gemeinden gelten dürfte). ÖVP-Bürgermeister Karl Pack verkündete trotzdem wacker, dass die Gemeinde auch künftig „nicht am Bettelstab“ gehen werde.

Der erste Pleitefall ist die Stadt Trieben (Steiermark), die unter noch nicht geklärten Umständen 30 Millionen Euro Schulden angehäuft hat und vor kurzem unter Aufsicht eines Landeskommissärs gestellt wurde. Relativ wirkungslos ist bei solchen Fällen die Gemeindeaufsicht des Landes: diese ist ganz großkoalitionär so geregelt, dass rote Gemeinden von SP-Ressorts, schwarze hingegen von VP-Ressorts „geprüft“ werden.

Bei aller Wertschätzung der Gemeindeautonomie wird sie ins Gegenteil verkehrt, wenn manche Ortskaiser nach eigenem Gutdünken schalten und walten und die Kommune für Prestigeprojekte in die Pleite wirtschaften. Denn aufkommen müssen für die Folgen letztlich wieder die BürgerInnen über ihre Steuerleistung. Hier müsste allemal noch der Grundsatz „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ gelten, also lieber eine Kontrolle zuviel als zuwenig. Wenn sich etwa eine Kleingemeinde mit 900 EinwohnerInnen wie Strem (Burgenland) ein Altenheim um 4,5 Millionen Euro „leistet“ ohne die Auslastung sicherzustellen, mangelt es zweifellos an der Aufsicht.

Gelernt hat man freilich aus solchen Fällen nur sehr bedingt: Immerhin, im Burgenland sind künftig derartige Finanzgeschäfte von Gemeinden genehmigungspflichtig. Eine Maßnahme, die man im benachbarten Pröll-Land Niederösterreich für überflüssig ansieht. Und der Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer, ÖVP-Bürgermeister von Hallwang (Salzburg), wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen, dass im Regierungsprogramm der neu aufgelegten rotschwarzen Koalition vorgesehen ist, dass der Rechnungshof künftig auch Gemeinden mit weniger als 20.000 einwoh­nerInnen prüfen darf.

Mödlhammer gegen mehr Kontrolle

Dabei hätte gerade Mödlhammer allen Grund mea culpa zu sagen: Sitzt er doch bedingt durch den Anteil des Gemeindebundes von 0,22 Prozent im Aufsichtsrat der Kommunalkredit AG, die um symbolische zwei Euro vom Staat übernommen werden musste, um gravierende Auswirkungen auf die Gemeindefinan­zierung zu verhindern. Warnungen wie jene der KPÖ, dass eine Finanzierung kommunaler Aufgaben über den Kapitalmarkt auf Dauer nicht funktionieren kann und die Forderung nach Wiedereinführung staatlicher Fonds die den Gemeinden zinslose oder zinsgünstige Darlehen zur Verfügung stellen wurden von ihm in den Wind geschlagen.

Noch Anfang Oktober lobhudelten Mödlhammer und der Gemeindebund ausgiebig anlässlich des 50jährigen Jubiläums der Kommunalkredit AG, welches mit Beteuerungen, dass trotz der aufdräuenden Finanzkrise alles in bester Ordnung sei. Der Vertrag von Generaldirektor Reinhard Platzer wurde gleich bis 2014 verlängerte. 60 Prozent der Gemeinden und fast alle Bundesländer sind Kunden, um deren Finanzierung zu sichern ist ein dreistelliger Millionenbetrag des Staates notwendig, die Volksbanken AG muss zur Rettung 170 Mio. Euro, Dexia 200 Mio. Euro beitragen.

Doch kaum war das rauschende Fest vorbei, kam die Kommunalkredit AG ins Gerede und beantragte als „Schutzimpfung“ (Ex-Finanzminister Molterer) eine Staatshaftung aus dem beschlossenen 100-Milliarden-Paket, weil sonst die mangels Spareinlagen über Geschäfte am Kapitalmarkt finanzierten Darlehen für Länder und Gemeinden in Gefahr kommen würden. Die mit 48,78 Prozent beteiligte Dexia musste in Frankreich und Belgien bereits mit 6 Mrd. Euro vom Staat gestützt werden. Der Kommunalkredit droht nämlich ihr massives Engagement in Osteuropa zum Verhängnis zu werden, wo etwa Ungarn, die Ukraine und Rumänien vor dem Staatsbankrott stehen. Die Kommunalkredit AG verlor in der Slowakei 82 Mio. Euro, war mit 200 Mio. Euro in Island engagiert und ließ rund zehn ihrer 35 Mrd. Euro Bilanzsumme aus steuertechnischen Gründen über eine Zypern-Filiale laufen. Über genaueres wurde mit dem Finanzministerium „Stillschweigen vereinbart“.

Leichen im Keller

Aber die Gemeinden haben noch weitere Leichen im Keller: So wurden durch die (mittlerweile durch eine Änderung der US-Gesetzgebung eingestellten) Cross-Border-Leasing-Verträge wichtige kommunale Einrichtungen zahlreicher Gemeinden oder gemeindeeigener Unternehmen (Kanalnetze, Straßenbahnen, Kraftwerke usw.) an US-Banken verleast oder gar verkauft und unter Nutzung steuertechnischer vorteile zurückgeleast, der dabei erzielte Gewinn geteilt. Auch die Risiken von Fremdwährungskre­dite in Schweizer Franken oder japanischen Yen, wie nicht nur zigtausende Häuslbauer sondern auch einzelne Gemeinden aufgenommen haben sind noch unbekannt.

Trotz gegenteiliger Beteuerungen profitieren nicht die Gemeinden, sondern die Banken bei den jetzt immer stärker in Mode kommenden Public-Private-Partnership-Modellen zur Finanzierung öffentlicher Investitionen. So kritisierte der Rechnungshof sowohl bei der Umfahrung Ebelsberg als auch beim Landesdienstle­istungszentrum in Linz, dass eine herkömmliche Kreditfinanzierung für die Stadt bzw. das Land als Errichter günstiger gekommen wäre als die von der Raiffeisen-Landesbank realisierten PPP-Modelle.

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