KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

„Raus aus der EU“?

Für die Rechten (wie im Bild die FPÖ) schließt die Forderung "Raus aus der EU" nahtlos an ihrer Fremdenfeindlichkeit (Sozialstaat nur für Österreicher) an.

Von Georg Polikeit (9.12.2008)

Unabhängig von der Frage, ob Eigenkandidatur der DKP oder nicht, halte ich den Vorschlag, unseren EU-Wahlkampf unter die Losung „Raus aus der EU“ zu stellen, für verfehlt. Kein Zweifel: die EU ist ein Instrument im Interesse des Finanzkapitals und der ihr ansässigen transnationalen Konzerne, ein imperialistisches Bündnis zur Durchsetzung ihrer Interessen im Weltmaßstab. Es wird maßgeblich von den herrschenden Kreisen Deutschlands dominiert. Diese Einschätzung findet sich ähnlich schon in unserem 2006 beschlossenen Parteiprogramm. Sie ist zweifellos auch der Ausgangspunkt für die Positionen und Forderungen der DKP zur Europawahl, die der Parteivorstand am 28.9.2008 bes­chlossen hat (UZ vom 10.10.2008).

Zu den Hauptmängeln der Parole „Raus aus der EU“ gehört aber, dass sie diese klassenmäßigen Zusammenhänge der EU-Konstruktion gar nicht deutlich macht und offen lässt, was an deren Stelle treten soll. Eben deshalb kann diese Parole auch leicht mit völkisch-nationalistischen Parolen wie „Deutschland den Deutschen“ kombiniert werden, vielleicht noch vermengt mit diffuser klassenneutraler Agitation gegen die „Brüsseler Bürokratie“. In deren Nähe sollten wir uns nicht begeben.

Was soll an die Stelle der EU treten? Für das normale Verständnis verknüpft sich mit „Raus aus der EU“ zunächst die Vorstellung von einer Rückkehr zu den früheren Nationalstaaten. Dies ist aber weder realistisch noch wünschenswert. Denn es suggeriert die Rückkehr zu den alten kapitalistischen und imperialistischen Nationalstaaten der Vergangenheit, in denen dann immer noch die gleichen Klassenkräfte und damit auch die gleichen neoliberalen, sozialreaktionären, expansionistischen und militaristischen Orientierungen herrschen würden, wie sie heute die EU dominieren. Für die Völker, für die Mehrheit der arbeitenden Menschen, für die Verwirklichung, einer alternativen gesellschaftlichen Entwicklung wäre damit nichts gewonnen.

Außerdem hat die in den letzten Jahrzehnten vorangetriebene ökonomische Integration der EU-Staaten, die Verflechtung der Produktions- und Zirkulationspro­zesse in einer neuen Dimension über die nationalstaatlichen Grenzen hinweg im Rahmen der kapitalistischen Globalisierun­gsprozesse ökonomische Realitäten geschaffen, die nicht so einfach wieder rückgängig zu machen sind. Wir sollten nicht den Eindruck zulassen, dass wir die Rückkehr zu nationalstaatlichen Zollschranken und Grenzkontrollen für eine wünschenswerte Alternative zur heutigen EU halten würden.

Die Alternative zur heutigen EU ist nicht der Rückzug in die Nationalstaaten, sondern die Entwicklung der Kämpfe für eine europäische Zusammenarbeit auf völlig anderer Grundlage und mit völlig anderen Inhalten. Die entscheidende Voraussetzung dafür ist eine grundlegende Veränderung der politischen Kräfteverhältnisse, sowohl auf nationalstaatlicher wie auf europäischer Ebene. Was aus der EU wird, hängt davon ab, ob die Gegenkräfte stärker werden und sich trotz unterschiedlicher Standpunkte zu gemeinsamem Handeln für ein „anderes Europa“ zusammenfinden.

Es geht zunächst darum, durch außerparlamen­tarische Mobilisierungen wie auch die Stärkung der Linkskräfte in den Parlamenten Widerstand gegen die heutige EU-Politik zu entwickeln und Verbesserungen im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen. Die Abwehrkämpfe von heute und das Eintreten für aktuell anstehende soziale, demokratische, friedenspolitische und ökologische Tagesforderungen und Reformen innerhalb der EU ist meines Erachtens der einzige Weg, um die Kräfte zu formieren, die eine grundlegende politische Wende durchsetzen, die Macht des Finanz- und Industriekapitals zurückdrängen und letztlich auch den Weg zu einem neuen Anlauf zum Sozialismus in Europa öffnen können. Dem muss unser Herangehen an die EU-Wahl und die Anlage unseres EU-Wahlkampfs untergeordnet sein.

„Nein zum Europa des Finanzkapitals und der Großkonzerne, des Sozialabbaus und der Privatisierung, der Militarisierung und der imperialistischen Kriegseinsätze in aller Welt – Ja zu einem Europa der Zusammenarbeit im Interesse des Friedens und des sozialen Fortschritts, der Erweiterung der demokratischen Bürgerrechte, des Umwelt- und Klimaschutzes“ – so oder ähnlich können die inhaltlichen Kernpunkte einer Alternative zur derzeitigen EU-Entwicklung, für die wir heute kämpfen und die Kräfte sammeln wollen, meiner Ansicht nach erheblich besser zum Ausdruck gebracht werden.

Georg Polikeit, Unsere Zeit, Wochenzeitung der DKP, 21.11.2008

Aktuelles:


KPÖ Oberösterreich: Jetzt Unterstützungserklärung unterschreiben!
(14.7.2021)

...mehr


Die Europäische Linke fordert einmal mehr das Ende der Blockade gegen Kuba
(13.7.2021)

...mehr


Die neue Juli Volksstimme 2021 ist da!
(13.7.2021)

...mehr


KPÖ Graz: Unsere Kandidatinnen und Kandidaten für Graz
(10.7.2021)

...mehr


38. Parteitag der KPÖ: In der ältesten Partei Österreichs übernehmen Junge das Ruder
(21.6.2021)

...mehr

Volksstimme - Politik & Kultur - Zwischenrufe links