KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Tänzerin aus Leidenschaft

Von Anna (24.4.2007)

Anna, 28, ist Tänzerin aus Leidenschaft – und hat es damit nicht leicht. Zu ihren Tanz-Projekten kommen zwei Jobs hinzu, ohne die es einfach nicht ginge. Und selbst mit der Unterstützung ihrer Eltern ist ihr Leben ein prekäres Durchgewurschtel.

Anna, lebst du prekär?

Ja, sicher. Es ist einfach dieses Unsichere, immer schauen wo die nächsten Projekte herkommen. Immer wieder Auditions, wo es oft schon alleine wegen der großen Anzahl an TänzerInnen unwahrscheinlich ist, dass du genommen wirst. Und selbst wenn, wie gut dann die Bezahlung ist. Aber eben nicht nur das. Weil wenn nur das Finanzielle wichtig wäre, würde ich mir einfach irgendeinen Job suchen. Und dann eben drinnen sitzen, in irgendeinem Büro. Es ist mir einfach auch wichtig, dass ich einen Job habe, der mich interessiert und dass ich dadurch motiviert bin, der mir einfach auch was gibt.

Welche Ausbildung hast du gemacht?

Ich hab eigentlich zuerst die Kindergartenschule gemacht, dann gleich im Anschluss das Konservatorium. Fünf Jahre, Zeitgenössischer Bühnentanz und Tanzpädagogik.

Ja, und dann natürlich immer auch Weiterbildung: Workshops, zum Beispiel die Sommertanzwochen. Und ins Training muss ich regelmäßig gehen – und für alles immer noch extra zahlen. Man kann’s zwar theoretisch von der Steuer absetzen, wenn man über der Grenze ist. Aber über die Grenze komm ich derzeit sowieso nicht drüber.

Wie finanzierst du derzeit dein Leben?

Zum einen von Tanzjobs, eben verschiedenen Projekten. Und dann noch vom Babysitten und Promotion-Jobs. Natürlich wär’s mir lieber, wenn ich das nur übers Tanzen machen könnte, aber… geht halt nicht.

Das ist auch ganz unterschiedlich… weil wenn grade ein Projekt läuft, dann sind oft jeden Tag Proben; so wie in den kommenden zwei Wochen, wo ich in Frankreich bin und wirklich jeden Tag probe. Und oft ist es so, dass ich manche Wochen nichts zu tun hab, vom Tanzen her gesehen. Dann ist aber auch immer was. Entweder ruft dann jemand wegen einer Promotion an – „hast du morgen Zeit?“ – oder wegen Babysitten und dann mach ich das, was grade ansteht.

Es ist recht unvorhersehbar… außer, wenn ich – wie jetzt – drei Babysitter-Kinder hab, dann ist es ein bisschen absehbar was in einer Woche auf mich zukommt, auch wenn noch nichts geplant ist. Aber sonst, muss ich eben flexibel sein und nehmen was kommt. Und Training eben, das bringt ein bisschen Struktur in die Woche.

Kannst du von deinen drei Jobs leben?

Nein, nicht wirklich. Meine Eltern zahlen mir die Miete und was ich sonst brauch finanzier ich selber. Das macht es auch nicht grade einfach. Natürlich, wenn ich was brauch, jetzt sozusagen vorm Verhungern stehe, würden mir meine Eltern schon aushelfen. Aber es reicht mir schon, dass sie die Miete zahlen, das will ich ja eigentlich jetzt schon nicht. Weil da solche Abhängigkeiten entstehen. Ich kann dann nicht immer sagen, was ich mir denke. Da habe ich einfach gleich ein schlechtes Gewissen. Sie zahlen ja schließlich meine Miete. Müssten sie ja nicht. Es ist schon ein Gefühl von ausgeliefert sein, und das ist unangenehm. Geht im Moment aber auch nicht anders.

Hat deine prekäre Lebenssituation Auswirkungen auf dich, auf deine körperliche und seelische Gesundheit?

Ja, schon. Eben diese Abhängigkeiten, das stresst schon. Aber im Laufe der letzten Jahre, seitdem ich eben so leb, hab ich mich daran gewöhnt. Man vertraut mehr darauf, dass immer irgendwas daher kommt, wenn man’s braucht. Auch wenn’s finanziell manchmal scheiße ist. Da hab ich dann schon Angst – und borg ich mir auch mal was von Freunden. Also nur, wenn’s wirklich ein Notfall ist.

Manchmal denk ich mir schon „so wie’s ist, kann’s nicht weiter gehen“. Aber im Laufe der Zeit gewöhnt man sich auch daran, und ich denk das immer seltener. Weil man dann sieht, es geht schon irgendwie – das letzte Mal ist es gegangen, dann wird’s auch jetzt wieder gehen.

Warst du schon einmal arbeitslos gemeldet? Und wie machst du das mit Kranken- und Sozialversiche­rung?

Nein, mit dem AMS hab ich absolut nichts zu tun. Ich glaub, dass ich teilweise Unterstützung kriegen könnte, wenn ich mich auskennen würde und mehr dahinter wäre. Ehrlich gesagt bin ich vielleicht auch etwas zu faul mich damit auseinanderzu­setzen.

Zum Beispiel mit Arbeitslosengeld: ich seh’s bei einer Freundin von mir, mich würde das stressen. Da wäre ich gezwungen irgendwelche Angebote anzunehmen, auch wenn das blöde Jobs sind in denen ich dann sehr gebunden bin. Wo sich dann wieder meine Tanzprojekte nicht ausgehen. Da würde ich mich in meiner Freiheit eingeschränkt fühlen. Und dann lieber gleich gar nicht – irgendwie schaff ich’s auch so, selber. Es wäre mir zu mühsam, mich da durchkämpfen, alles Mögliche und Unmögliche ausfüllen.

Es gibt dann schon noch die IG-Kultur, da bin ich dabei. Die geben Infos über Sozialversicherung und so weiter, welche Möglichkeiten es gibt. Und man kann dort auch Unterstützung zur Krankenversicherung bekommen; man muss halt beweisen, dass man KünstlerIn ist, dass man hauptsächlich davon lebt. Aber jetzt gerade bin ich über das Babysitten versichert. Eine Zeit lang war ich’s nicht, ein halbes Jahr oder auch ein Jahr. Das ist mir eigentlich schon viel zu unsicher.

Du hast vorhin gemeint, Tanzen wäre eigentlich dein Wunsch und es wäre dir am liebsten wenn du davon leben kannst – warum ist das so schwierig?

Es gibt einfach wenig Jobs. Einige Choreographen haben schon vor, ein Stück mit mehreren TänzerInnen zu machen, aber es geht finanziell für sie selber nicht. Weil es einfach zu wenig Subventionen gibt. Und dann ist es schon manchmal so, dass man bei einem Projekt mitmacht, auch um wenig oder gar kein Geld, um wenigstens mal gesehen zu werden. Um ein bisschen bekannt zu werden, für ein anderes Projekt, und natürlich einfach um zu tanzen weil ich’s ja gern mach. Davon lässt es sich dann aber auch nicht leben.

Im Theater ist es im Prinzip so – da gibt es immer sehr lange Probenzeiten und viel Arbeit die drinnen steckt – wenn man das aufrechnen würde, was dann ein Zuschauer zahlen müsste… das könnt sich ja niemand leisten! Drum gibt es zwar Subventionen, aber davon eben viel zu wenig.

Würdest du – mit dem Wissen um deine jetzige Situation – dieselbe Ausbildung trotzdem noch einmal machen?

Ja, schon, sicher. Es macht mir ja sehr viel Spaß. Das Rundherum müsste nur einfach anders sein.

Wenn du es dir frei aussuchen könntest – wie würdest du dein Leben dann gestalten wollen?

Vor allem einen interessanten Job, der herausfordernd ist, wo mir nicht langweilig wird. Und eben so, dass ich finanziell über die Runden komm – dass ich mir wirklich mein ganzes Leben selber finanzieren kann – auch die Miete.

Ich kann jetzt schwer sagen, ob das ein Job mit fixen Stunden sein sollte, oder eben Projekte wie jetzt. Sicher wär’s fix vom Finanziellen her angenehmer, zu wissen dass und wie viel fürs nächste Monat da ist. Aber ich hab das auch noch nie gemacht, und ich kann mir vorstellen, dass das fad wird. Es müsste dann schon hundertprozent genau die Arbeit sein, die mir Spaß macht und die interessant bleibt. Wobei es so ist, dass bei manchen Companys die Gruppe immer gleich bleibt, aber eben immer mit verschiedenen Choreographen gearbeitet wird. Das wäre schon super, mal für ein paar Jahre.

Angenommen, es gäbe ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle. Was würde das für dich bedeuten?

Vielleicht würde ich selber ein Stück machen. Zu sagen: Okay, da steck ich jetzt meine Zeit rein und hab immer noch Geld zum leben auch wenn es nicht subvensioniert wird. Das wär schon Luxus. Weil wie es jetzt ist, schreckt mich einfach die ganze Organisation ab – Geld auftreiben, nicht sicher sein können ob das auch klappt, nicht genau wissen wie soll ich die TänzerInnen zahlen. Und das würd ich jedenfalls sicher wissen wollen, weil ich ja von mir weiß, wie unangenehm da die Ungewissheit ist – bekomm ich Geld für Probenzeit und Vorstellung oder nicht? Ich sehe das bei anderen ChoreographInnen, wie schwierig das im Moment ist.

Jedenfalls, ich würde sicher auch mehr reisen, mich mehr in anderen Städten umschauen. Und vielleicht würde ich auch studieren oder eine Ausbildung zur Shiatsupraktikerin machen. Ich hätte jedenfalls sehr viel mehr Zeit um die Dinge zu machen, die mir einfach Spaß machen. Für mich einfach, und nicht weil sie sich rentieren. Sprachen lernen, zum Beispiel. Und ich könnte mich eben ohne Sorgen ganz meinen Tanzprojekten widmen.

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