KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Wir wissen sehr genau, was wir nicht wissen!

(30.5.2007)

Ich bin 39 und habe rund fünf Versicherungsjahre angespart. Oder eigentlich weiß ich es nicht so genau. Denn wie sich meine Kurzzeit-Anstellungen, Geringfügigen Beschäftigungen und Freien Dienstverträge auf meine Alters- oder Pflegesicherung auswirken, darüber habe ich sehr wenig Ahnung. Nach wenigen Jahren, in denen ich die Möglichkeit hatte „voraus zu planen“, ist zurzeit meine nähere Zukunft so unsicher, dass sie die Fragen nach einer Alterssicherung wieder in den Schatten stellt.

Seit September 2002 bin ich ohne Unterbrechung Angestellte (nicht aber bei ein und demselben Dienstgeber – da kamen Umstrukturierungen und Ausgliederungen dazwischen …), da war ich 34, heuer werde ich 39. Ob das Projekt, in dem ich seitdem beschäftigt bin nach dem 01. August dieses Jahres noch existiert, ist heute noch unklar. Ich hoffe, dass ich bis Mitte Juli Bescheid weiß. Das sind die Zeithorizonte, die Subventions- und Ausschreibungspo­litik vorgeben. Das ist die Planungssicherheit, die meine Kolleginnen und ich leben: „Es wäre schon ganz angenehme, wenn wir im Juni schon wüssten, ob wir am 31.07. unsere Arbeitsplätze räumen müssen.“

Wir wissen sehr genau, dass wir nicht wissen, ob wir diesen September

o kontinuierlich weiter

o unter geänderten Bedingungen

o oder überhaupt nicht mehr

arbeiten.

Zutreffendes ankreuzen werden aber nicht in erster Linie wir selbst. Diese Entscheidung treffen andere.

Diese Unsicherheit muss gut organisiert werden – wir sind auf alle Fälle vorbereitet, wir haben unsere Arbeit gut zu leisten, unsere Aufträge zu erfüllen, wir haben auch unsere eigene Liquidierung, wenn nötig, gut abzuschließen. Diese Unsicherheit muss gut organisiert werden – im Großen wie im Kleinen. Urlaube sollen abgebaut werden, die Urlaubsplanung soll ebenfalls allen oben genannten Eventualitäten angepasst werden. Die Mütter unter uns stehen vor den Sommerferien und Schließzeiten der Betreuungsein­richtungen, unsere PartnerInnen wollen Reisen planen, FreundInnen warten auf eine Zusage eventueller Ferienbesuche, … „Ich weiß leider noch gar nichts“, antworte ich.

Die Sicherheit, die nun wiederholt zu Ende geht, genoss ich jeweils in 1 bis 2-Jahres-Abschnitten, auf fast fünf Jahre hab ich es gebracht. Geht es weiter? Ja. Geht es weiter? Ja, aber unter veränderten Bedingungen. Geht es weiter?

Nach Jahren des Jobbens und anderer Zeitvertreibe, habe ich am Alter von 26 Jahren am 2. Bildungsweg zu studieren begonnen. 20 Semester lang bin ich der Uni treu geblieben.

Studium und Leben finanzierte ich als Tutorin und als Freie Dienstnehmerin in dem Jugendprojekt, um das ich heute zittere.

Als Freie Dienstnehmerin wusste ich das flexible Leben zu schätzen. Studium, Hobbies, diverses und politisches Engagement konnten parallel zur Erwerbsarbeit laufen. 5-, weniger- und null-Tages-Wochen wechseltet sich ab. Diese Abwechslung war hilfreich, angenehm, ermöglichte viele Hochzeiten auf denen ich tanzte und langsam aber doch den Studienabschluss. Freilich, viel Ruhe oder Stetigkeit kam nicht auf. Der Taschenkalender war der wahrscheinlich wichtigste Alltagsgegenstand. Gehegt, gepflegt, gebraucht, mit bunten Zetteln gespickt.

Leistbar war das, weil günstiger Wohnraum vorhanden war und ein bisschen finanzielle Unterstützung der Eltern und tatkräftige von FreundInnen, wenn was zu reparieren war. Mir ging es gut, mir geht es gut, ich habe alles, was ich brauche. Freilich, Rücklagen bilden sich so nicht und Auto hab ich keines und Kinder auch nicht, die wären wohl schwieriger leistbar. Die Flexibilität hatte viele Vorteile. Freie Zeit, nein-sagen können, längere Wochenenden, Phasen für Ideen, Phasen des Lernens.

Trotzdem – Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, bezahlter Krankenstand – das wär mal was! Das war ein Ziel. Monateweise waren Anstellungen möglich. Ich habe sie gerne genommen. Arbeitszeitta­bellen, rosa Krankenstandsbes­tätigungen, Urlaubsplanungen waren angenehme Abwechslungen. Nur drei Monate meiner Dienstzeit habe ich übrigens Vollzeit gearbeitet, sonst zwischen 24 und 32 Stunden. Etwas Zeit für Engagement, Ideen und ein paar ‚Hochzeiten‘ bleibt also noch, der Taschenkalender hat so seine Hauptrolle behalten. Aus der Abwechslung wurden fünf Jahre Sicherheit. Aber was wird im Herbst 2007 sein?

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