POSITIONEN & THEMEN
Von Rudi Gabriel (19.1.2012)
Die Vermeidung von Abfällen ist der oberste Grundsatz im europäischen und österreichischen Abfallrecht. Der stark angestiegene Anteil von Einweg-Getränkeverpackungen in Österreich steht jedoch im Widerspruch zu dieser obersten Priorität der Abfallpolitik.
Der Anteil der Mehrweggetränkeverpackungen ist in den vergangenen Jahren drastisch zurückgegangen. Der aktuelle Umsetzungsbericht zur Nachhaltigkeitsagenda der Österreichischen Getränkewirtschaft zeigt die ungebremste Fortsetzung dieser Entwicklung.
Eine am 18. 1. 2012 an der WU-Wien präsentierte internationale Studie im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bietet eine gute Basis und beste Argumentation für die Verbesserung und Weiterentwicklung der Getränke-Verpackungssysteme und liefert gleichzeitig handfeste Argumente für eine Renaissance des Mehrwegsystems in Deutschland und Österreich und kommt somit abschließend zum Schluss: die Herausforderungen des zunehmenden Anspruchs an Energie- und Ressourceneffizienz, als auch der Klimaschutzthemen, könnte das Mehrwegsystems in Österreich wieder an Bedeutung gewinnen. (ANLAGE A Die Situation in Österreich, S.63) )
Als wesentliche Studienergebnisse werden folgende Punkte im Bezug auf Mehrwegsysteme präsentiert:
Ein Littering (unkontrollierte Vermüllung) von Mehrwegflaschen findet in der Regel aufgrund des finanziellen Anreizes zur Rückgabe nicht statt. Voraussetzung ist, wie auch beim Pfandsystem für Einweggetränkeverpackungen, dass für den Konsumenten ausreichende und bequem erreichbare Rückgabemöglichkeiten zur Verfügung stehen.
In ökonomischerHinsicht erhöht sich beim Einsatz von Mehrweggetränkeverpackungen für Getränkehersteller zwar der Investitionsaufwand durch erforderliche Investitionen in Waschanlagen, Pool-Flaschen und Logistikstrukturen. Bei den laufenden Betriebskosten können Getränkehersteller bei der Anschaffung von Mehrweggetränkeverpackungen aufgrund der Wiederverwendung deutlich Kosten sparen und so die höheren Investitionskosten überkompensieren.
Unter sozialen Aspekten wirken sich Mehrwegsysteme positiv auf die Beschäftigungssituation aus, da für den Betrieb eines Mehrwegsystems mehr Arbeitskräfte als bei Einweggetränkeverpackungen benötigt werden.
Ein volkswirtschaftlicher Vergleich aus dem Jahr 2000 zeigt auf, dass ein weiterer Übergang von Mehrweg- auf Einwegsysteme, ohne gleichzeitige Absatzsteigerung, mit makroökonomischen Wertschöpfungs- und Beschäftigungsverlusten einhergeht. Gleichzeitig wird aufgezeigt, dass es durch den Umstieg auf das Einwegsystem zu betriebswirtschaftlichen Kosteneinsparungen kommt. Dies erklärt den Anreiz für Handel und Wirtschaft das Einwegsystem zu präferieren. Das Mehrwegpfandsystem entspricht vollständig den Zielen einer erweiterten Produzentenverantwortung (extended producer responsibility).
Ein wichtiger Faktor für die Abnahme der Mehrwegverpackungen in Österreich ist die seit 2000/2001 fehlende gesetzliche Förderung von Mehrwegsystemen. Die österreichische Politik hat im vergangenen Jahrzehnt aberausschließlich auf freiwillige Maßnahmen der Getränkewirtschaft zur Sicherung des Mehrweganteils gesetzt. Die Nachhaltigkeitsagenda der Wirtschaft konnte hier bisher keinen Ersatz für die gesetzliche Unterstützung schaffen. Dass diese freiwilligen Vereinbarungen in Hinblick auf Mehrweg gescheitert sind und keine Wirkung zeigen, sieht man besonders deutlich am Beispiel Mineralwasser, bei dem der Mehrweganteil seit 2000 von 64,6 Prozent auf 16,3 Prozent abgestürzt ist, wie aktuell vom Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien bestätigt wird.
Umweltminister Berlakovich hat zwar in seiner damaligen Funktion als Umweltlandesrat des Burgenlandes 2008 die Forderung der Landesumweltreferentenkonferenz nach "verbindlichen Rahmenbedingungen für den Erhalt und Ausbau von Mehrwegsystemen (inklusive konkreter und sanktionierbarer Ziele) mitbeschlossen – offensichtlich hat er aber nunmehr enorme Schwierigkeiten, ein von seinen Experten im Umweltministerium ausgearbeitetes Quotensystem, das den Anteil von Mehrwegflaschen stufenweise anheben soll, durchzusetzen.