Elisabeth Holzinger: Input Ausbildung
Von Elisabeth Holzinger (16.10.2012)
Einleitungsstatement für den Workshop "(Berufs)Ausbildung".
[Downoad als pdf: hier]
In Österreich absolvieren etwa drei Viertel der in die Sekundarstrufe II
übertretenden SchülerInnen eine berufsbildende Ausbildung, etwa die Hälfte
davon in Form der dualen Ausbildung oder Lehre, die andere Hälfte in
berufsbildenden mittleren und höheren Schulen.
Im Rahmen der dualen Ausbildung – zwei Drittel der etwa dreijährigen
Ausbildungszeit in einem Lehrbetrieb, ein Drittel in einer berufsbildenden
Pflichtschule werden die zukünftigen FacharbeiterInnen ausgebildet. Die
Lehre endet mit der Lehrabschlussprüfung bzw. Meisterprüfung.
Dieses in Österreich, Deutschland und der Schweiz (zum Teil auch in den
Niederlanden und in Frankreich praktiziert) dominierende System der
Berufsausbildung gilt auf europäischer Ebene (zuletzt von der Europäischen
Kommission gelobt) als erfolgreiches und nachahmenswertes Modell. Insbesondere
die im europäischen Vergleich niedrige Jugendarbeitslosigkeit wird als
Erfolgsbeweis angeführt. Einiges spricht dafür, dass Ausbildung durch frühe
Integration in das betriebliche Geschehen eine positive Wirkung auf die
Berufseinmündung hat. Es gibt allerdings keine systematischen und
differenzierten Untersuchungen, die diesen Ursache-Wirkungszusammenhang
eindeutig belegen.
Im Workshop soll dieses nichtschulische, praxisnahe Modell der
Berufsausbildung kritisch betrachtet werden. Seine Vorzüge sind eine
praxisorientierte Ausbildung im positiven Fall im Takt mit der
technologischen Entwicklung – und die Möglichkeit des Handlungslernens, die
gerade für jene Jugendlichen attraktiv, die an einer schulischen Ausbildung
nicht mehr/noch nicht interessiert sind.
Die Analyse der Unzulänglichkeiten des dualen Ausbildungssystems bedeutet
nicht, dass andere schulische – Formen der Berufsausbildung automatisch
die bessere Alternative sind. Die aus den Mängeln und Unzulänglichkeiten
abgeleiteten Forderungen können aber Diskussionsanstoß für Reformen in
anderen rein schulische Formen der Berufsausbildung sein.
Systemmerkmale der dualen Ausbildung
- Frühe und hochdifferenzierte Berufsbindung des Ausbildungssystem,
insbesondere der Lehrlingsausbildung (es gibt an die 200 Lehrberufe),
- (vorwiegend)privatwirtschaftliche Steuerung der Ausbildung,
- niedrigere Kosten der Ausbildung für die öffentliche Hand = geringere
Einflussmöglichkeiten,
<li<Abhängigkeit vom (Arbeits- bzw. Lehrstellen)Markt,
- Abhängigkeit vom Qualitätsniveau des Lehrbetriebes,
- geringe Durchlässigkeit des Ausbildungsweges (Bildungssackgasse)
- Status der SchülerInnen zwischen Auszubildenden und billiger
Arbeitskraft
Problematik
- geringer Anteil von allgemeinbildenden, fachübergreifende
Ausbildungsinhalten,
- betriebs- und branchenspezifischer Zuschnitt,
- heterogene Ausbildungsqualität durch Abhängigkeit von betrieblichen
Kosten/Nutzen-Kalkül,
- geringe Qualitätskontrolle
Handlungsbedarf
Allgemein
- (tendenzielle) Aufhebung der Trennung zwischen Allgemeinbildung und
Berufsausbildung durch Mischformen: Lehre mit Matura, Gymnasium mit Lehre,
- Ausbildungspflicht/Ausbildungsrecht bis zum 18. Lebensjahr,
- Bildungswahl- und Berufsberatung vor Ende der Schulpflicht,
- Schaffung von Brücken und Übergängen zwischen allen
Ausbildungstypen,
- Ausbau der berufsbegleitenden Weiterbildungsangebote für den vertikalen
und horizontalen Übertritt in andere Ausbildungsformen
speziell für die duale Ausbildung
- berufsfeldorientierte Grundausbildung und schrittweise
Spezialisierung
- Reduktion der Zahl Lehrberufe (Flächenberufe)
- Förderung für betriebliche, zwischen- und überbetriebliche
Lehrwerkstätten
- Professionalisierung (Planmäßigkeit, Richtlinienbezogenheit …)
- Schaffung von Instrumenten der Qualitätssicherung und wirksame
Qualitätskontrolle,
- Einführung eines Berufsausbildungsfonds (1 % der Bruttolohnsumme) für
nicht ausbildende Betriebe zur Finanzierung der notwendigen
Qualitätsverbesserungen
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