Elisabeth Holzinger: Berufsausbildung
Elisabeth Holzinger (Foto: Gisela Ortner)
(24.4.2013)
Berufsausbildung erfolgt in Österreich vorwiegend im Rahmen des dualen
Systems, einer Kombination von Ausbildung im Lehrbetrieb 4 Tage pro
Woche – und Berufsschule 1 Tag pro Woche. Die Mehrheit der
PflichtschulabsolventInnen etwa 40 % – wählt diesen Ausbildungsweg in
einem von 206 Lehrberufen.
Den Vorteilen praxisorientierten Lernens stehen allerdings Mängel
gegenüber, die in der Steuerung und Organisationsform des dualen Systems
begründet sind. Sie kommen in Zeiten wirtschaftlicher Krisen besonders stark
zum Tragen.
Strukturelle Mängel des dualen Systems:
– Es ist (vorwiegend) privatwirtschaftlich gesteuert. Die
Einflussmöglichkeiten der öffentlichen Hand auf Qualitätssicherung sind
beschränkt;
- Lehrstellensuchende sind abhängig vom Arbeits- bzw. Lehrstellenmarkt und
dessen strukturellen und konjunkturbedingten Problemen. Da nur etwa ein Fünftel
der Betriebe ausbildet herrscht seit Mitte der 90er-Jahre ein Mangel an v.a.
qualitätsvollen Lehrstellen;
- Die Qualität der Ausbildung schwankt je nach Ausbildungsbereitschaft
(Personal, systematische Unterweisung) des Lehrbetriebs. Der Status der
Lehrlinge reicht von Auszubildender/m zu billiger Arbeitskraft, die nach Ablauf
der Lehrzeit durch eine neue ersetzt wird;
- Der hohe Spezialisierungsgrad (206 Lehrberufe) vernachlässigt den Erwerb
von Schlüsselkompetenzen für einen breiten Anwendungsbereich und schränkt
die Flexibilität der AbsolventInnen ein;
Dazu kommen Mängel, die aus der spezifischen Stellung im Bildungssystem
resultieren:
- Die soziale Selektion in der Sekundarstufe I durch die Trennung in
Mittelschule (Hauptschule) und Gymnasium setzt sich in der Sekundarstufe II
fort: In der Lehrlingsausbildung finden sich nicht nur Jugendliche mit Vorliebe
für praktische Tätigkeit, sondern viele Schulmüde, Lernschwache und durch
ihre bisherige Schulerfahrung Demotivierte;
- Die vertikale und horizontale Durchlässigkeit in der Sekundarstufe II ist
gering. Man spricht von der Lehrlingsausbildung auch von einer
Bildungssackgasse.
Die angeführten Probleme und Mängel der Berufsausbildung stellen nur einen
Ausschnitt aus einem großen Reformbedarf dar, der seit Jahrzehnten
existiert.
Ziel einer Berufsausbildungsreform muss es sein, allen Jugendlichen eine
qualitätsvolle Ausbildung zu ermöglichen, die sie mit Fertigkeiten,
Kenntnissen und Fähigkeiten für ein interessantes und existenzsicherndes
Berufsleben ausstattet.
Die folgenden Forderungen stellen daher auch nur einen Auszug aus vielen
Voraussetzungen dar, die dafür geschaffen werden müssen:
- (tendenzielle) Aufhebung der Trennung zwischen Allgemeinbildung und
Berufsausbildung durch Mischformen: Lehre mit Matura, Gymnasium
mit Lehre, Praxisorientierung im gesamten sekundären Bildungswesen;
- Schaffung von Brücken und Übergängen zwischen allen Ausbildungs-
typen, Ausbau der berufsbegleitenden Weiterbildungsangebote für den
vertikalen und horizontalen Übertritt in andere Ausbildungsformen;
- Ausweitung der Berufsschulzeit (für allgemeinbildende Inhalte, für
Grundausbildung und zur Unterstützung der horizontalen und vertikalen
Mobilität);
- Förderung für betriebliche, zwischen- und überbetriebliche
Lehrwerkstätten;
- Schaffung von Instrumenten der Qualitätssicherung und wirksame
Qualitätskontrolle;
- Einführung eines Berufsausbildungsfonds (%-Satz der Bruttolohnsumme) für
nicht ausbildende Betriebe zur Finanzierung der notwendigen
Qualitätsverbesserungen.
Elisabeth Holzinger ist Sozialwissenschafterin mit langjähriger
Erfahrung als Berufsschullehrerin
Statement beim Sozialkonvent am
20. April 2013
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