KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Heidemarie Ambrosch: Arbeitszeit und notwendige Arbeit

Heidi Ambrosch (Foto: Gisela Ortner)

(20.5.2013)

Teilzeit für alle, die Lohnarbeit suchen, ein garantiertes bedingungsloses Grundeinkommen für alle, die anderes wollen.

„Lass dein Geld arbeiten“ oder „die Finanzmärkte drohen“ sind nur zwei der unerträglichen Meldungen, die ich einerseits von jener Bank erhalte, die über meinen katastrophalen Kontostand Kenntnis haben sollte oder die ich in den Medien lese. Nur ein kleiner Auszug über all die täglich verbreiteten Lügen, die verhindern sollen, zu erkennen, wer den Reichtum schafft und wer ihn sich in der Hängematte liegend aneignet. Im 19. Jahrhundert nannte man sie auch Couponschneider.

In meinem Verständnis ist Arbeit sehr vielfältig aber einzig und allein dem Menschen zuzuordnen und hat einen Bezugspunkt in ihrem gesellschaftlichen Charakter. Umso bedeutender ist es alle gesellschaftlich notwendige Arbeit zu erfassen, vor allem auch die vielfach unentgeltlich erbrachte, die zur Wiederherstellung der entlohnten Ware Arbeitskraft unentbehrlich ist. Die frühen Kapitalisten haben das durchaus erkannt und die bürgerliche Familie erfunden.

Zur Wiederherstellung der Ware Arbeitskraft gehört aber nicht nur die unmittelbare Haushaltstätigkeit, dazu gehört auch die Pflege der sozialen Beziehungen, Kunst und Kultur, Bildung.

Nur mit diesem Blick wird im vollen Ausmaß deutlich, in welche inhumane Sackgasse der bildungs- und kulturfeindliche Neoliberalismus führt. Die Aufkündigung des Sozialstaates bei gleichzeitiger Zersetzung der Überreste der bürgerlichen Familie lässt selbst für das kapitalistische System die Fragen offen, wer sich künftig um die Wiederherstellung der Ware Arbeitskraft sorgt, der Gesunden wie der Bedürftigen, wer um die zukünftige Generation?

Insbesondere Frauen erleben es tagtäglich: an Arbeit mangelt es nicht, aber an der nötigen Existenzabsiche­rung. Oft sind sie gezwungen prekäre Beschäftigungsver­hältnisse anzunehmen, um den Spagat zwischen der Arbeit im Beruf und in der Familie zu meistern. Eine Übung, die den meisten Männern weiterhin erspart bleibt. Der nach wie vor dominante ökonomische Blick auf die vorhandene Lohnarbeit übersieht beharrlich, dass die wenigen darin noch gut bezahlten Plätze nach wie vor mehrheitlich von Männern besetzt sind, die auf die Zu-Arbeit von Frauen hoffen und die dann auch mal zur antifeministischen Keule greifen, sollte diese Hoffnung wie so viele andere Blasen zerplatzen, siehe Obsorgestreit. Der Kampf um den alten Sozialstaat übersieht noch immer, dass dieser jahrzehntelang das prekäre Leben von Frauen ignoriert hat.

Um für eine solidarische Gesellschaft neu zu ringen, muss der Blick auf die unsichtbare Arbeit von Frauen und die oft ebenso verschleierte Arbeit von Eingewanderten geschärft werden ohne die beispielsweise unser Gesundheits- und Pflegesystem längst kollabiert wäre. Sie erfordert die Neubewertung und bessere Entlohnung dieser Arbeit. Sie erfordert aber auch eine radikale Erwerbsarbeit­szeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, um die bezahlte wie die unentgeltlich erbrachte Arbeit gerechter verteilen zu können.

Daher meine Forderung:
Teilzeit für alle, die Lohnarbeit suchen, ein garantiertes Grundeinkommen für alle, die anderes wollen.

Längst ist erwiesen, dass die Produktivitätsste­igerungen der letzten Jahre eine Reduktion der Erwerbsarbeitszeit um die Hälfte ermöglichen würden, damit mehr Zeit bleibt die eigentliche Wesenskraft des Menschen zu entfalten. Das Studium der Texte von Frigga Haug zur Theorie der Geschlechterver­hältnisse wie ihr Text der vier-in-einem-perspektive ist an dieser Stelle jeder und jedem ans Herz zu legen. In dieser Perspektive ist auch die Notwendigkeit der Freisetzung von Zeit für politische Partizipation enthalten, Zeit um uns zu fragen, was wir da eigentlich alles für wen produzieren, wenn wir doch wissen, dass diese Art Wachstum ökologisch in die Katastrophe führt.

In seinen ökonomisch-philosophischen Manuskripten, Kapitel: Bedürfnis, Produktion und Arbeitsteilung schreibt Marx: „Innerhalb des Privateigentums …spekuliert jeder Mensch darauf, dem andern ein neues Bedürfnis zu schaffen, um ihn zu einem neuen Opfer zu zwingen, um ihn in eine neue Abhängigkeit zu versetzen und ihn zu einer neuen Weise des Genusses und damit des ökonomischen Ruins zu verleiten. … Mit der Masse der Gegenstände wächst daher das Reich der fremden Wesen, denen der Mensch unterjocht ist, und jedes neue Produkt ist eine neue Potenz des wechselseitigen Betrugs und der wechselseitigen Ausplünderung. Der Mensch wird um so ärmer als Mensch, er bedarf um so mehr des Geldes, um sich des feindlichen Wesens zu bemächtigen, und die Macht seines Geldes fällt grade im umgekehrten Verhältnis als die Masse der Produktion, d.h., seine Bedürftigkeit wächst, wie die Macht des Geldes zunimmt.“

Womit wir wieder beim Anfang wären, die Geschichte zu erzählen, wer den Reichtum der uns drohenden Couponschneider schafft und ob es nicht höchst an der Zeit ist ihnen die Schere wegzunehmen und gemeinsam über das gute Leben nachzudenken.

Heidi Ambrosch
KPÖ-Frauensprecherin, aktiv in der Plattform 20.000 Frauen
Statement beim Sozialkonvent am 20. April 2013

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