KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

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Geht's den Flüchtlingen gut, geht es allen gut

Von: Melina Klaus (18.3.2016)

Als im letzten Sommer die aktuelle Flüchtlingskrise, oder vielleicht besser Vertreibungs- und Aufnahmekrise, unübersehbar wurde, war schon abzusehen: Krankgesparte Systeme können hier weniger ausrichten als gemeinwohl-ökonomisch potentere. Als ein Beispiel hierfür kann wohl die Bahn angeführt werden, die in öffentlicher Hand versus die privatisierte. Wir würden das leicht schaffen! Mit gemeinwohlori­entierten, politisch handlungsfähigen Staaten. Mit sozialem Wohnbau, Existenzsicherung für alle, Potenz für Ausbildungspro­gramme, professionali­sierter – weil gut bezahlter – Betreuung und Begleitung etc etc.
„Was wäre, wenn die Milliarden des militärischen Grenzregimes, all die Investitionen in Abschottung und Repression in die Aufnahme von Menschen investiert würden? Oder all die Zeit und Energie in die politischen Lösungen für Kriegs- und Krisenherde?“ haben wir vor sechs Monaten geschrieben. Doch nun? … Nun scheint Vieles in die andere, total falsche Richtung zu gehen.

Leider auch vorhersehbar war schon lange: Das herrschende Integrationsver­ständnis tut sein Übles dazu! Sich integrieren hieß hier immer auch schon nach herrschenden Vorstellungen zu funktionieren. Und wer nicht funktioniert, der fliegt. Mitgepackt in den Integrationspaketen ist implizit eine Warnung an alle, eine Götze kapitalistischer Gesellschaften, die jederzeit auch von einer sogenannten Minderheit auf Mehrheiten überspringen kann, die plötzlich nicht mehr nur aufenthaltsrechtlich gemeint sein kann: Wer nicht funktioniert, der fliegt. Übertragen auf vielfache Weise.

Und nicht zuletzt absehbar war das Spaltungs- und Repressionsspo­tenzial der bedarfsorientierten Mindestsicherung (bMS). Auch hier wurde ab dem ersten Tag an den Schwächsten geprobt, was in den Gesetzen ideologisch angelegt ist. Kurz nach deren Einführung 2010 ging es übrigens gegen Obdachlose („unsre Leut“?) – Zur Erinnerung, Menschen, die inkludiert in der bMS 186 Euro Wohngeld bezogen, dann aber in Notschlafstellen übernachteten, wurde ein Teil der Mindestsicherung wieder abgezogen. Die haben sich das nicht verdient! Die kassierten doppelt! Das ist ungerecht! Der deutsche Autor Ronald Blaschke meinte dazu: „Bedürftigkeit­sgeprüfte Transfersysteme sind einem ständigen Abschaffungs- und Senkungsdruck ausgesetzt, da jederzeit (bewusst) geschürt werden kann, dass einzelne Personen oder Zielgruppen zu Unrecht Transfers beziehen und Nichttransfer­beziehende die Leidtragenden(!) wären.“ Der Bedarf kann immer neu verhandelt werden und das Recht auf soziale Leistungen jederzeit für bestimmte (nach politischer Großwetterlage auch austauschbare) Gesellschaftsmit­glieder in Frage gestellt werden.

Beschränkungen, Kürzungen – immer soll auch ein Gewöhnungseffekt eintreten! Auch wenn je ich jetzt gerade nicht betroffen bin, die Schraube wird nach unten gedreht. Und das hat dann doch etwas mit mir zu tun. Dieser Wind weht aktuell so rau, dass derzeit nichtmal mehr die Politik der kleinen Schritte herrscht und der Gewöhnungseffekt langsam sich einnisten soll. – Zeitgleich mit den Kürzungen von Sozialleistungen für Fremde, oder besser mit der Beschneidung von sozialen Rechten, stehen Rechte und Leistungen für alle zur Disposition. Parallel zur Streichung der Mindestsicherung für Subsidiär Schutzberechtigte*) in Nieder- und Oberösterreich (womit sie mit Burgenland, Steiermark und Salzburg gleichziehen) möchten schwarzrotblau gleich die Mindestsicherung für alle Mehrpersonenhau­shalte auf 1.500 Euro deckeln unabhängig davon, wie viele Personen davon leben müssen, statt wie bisher Beträge pro Erwachsenem und pro Kind zu summieren. Oder in Oberösterreich auch gleich den Aktivpass demontieren. Im Linzer rotblauen Koalitionspakt soll dessen Bezug beschnitten werden und somit ein niederschwelliges Angebot, das Möglichkeit zu Mobilität und Teilhabe an Bildung und Freizeitangeboten schafft, angegriffen werden. (Details dazu www.aktivpasslinz.at)

Wer nun also argumentiert, eine Mehrkind-Familie, die Mindestsicherung bezieht, bekomme zu viel, weil eine Familie mit Allein- oder ZuverdienerInnen im Schnitt weniger habe, muss eigentlich die Gleichung nur umdrehen. Nicht die bMS ist zu hoch, nein die Löhne sind zu niedrig. Mindestsicherung muss zumindest ihren Namen verdienen. Aber dem nicht genug! Wer so tut, als könne, müsse, solle nun bei den Aufgenommenen gespart werden, da sonst viele andere (denen's ja auch nicht rosig geht, etc. etc.) ungerecht behandelt würden oder so ähnlich …, hinterfragt nicht genügend, offenbart soziale Böswilligkeit oder missbraucht die Diskussion wissentlich. Oder wie Gregor Gysi einen besorgten Bürger fragte, dem's auch nicht gut geht: „Als weniger Flüchtlinge da waren, ging's ihnen da besser?“ Gab's da Geld für Soziales, Bildung, Schwimmbäder, …?

Nein! Nur wenn's den Flüchtlingen gut geht, geht’s uns allen gut. Alles andere geht in eine falsche Richtung. Nämlich nach rechts. Denn eigentlich bedeutet nach dieser Logik für unsre Leut doch auch: wenn's wem andern schlechter geht, geht’s mir besser. Aber war da nicht mal was? Sowas wie „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“?

Sei es bei Fragen des Friedens und der Lösung militärischer Konflikte, bei den Fragen globaler Verteilung oder dem solidarischen Kampf um soziale Rechte hierzulande – Spaltung ist nicht die Antwort, schon gar nicht in einer solidarischen Gesellschaft. Geht's den Flüchtlingen gut, geht’s uns allen gut!

*) Aufenthaltstitel nach dem Asylgesetz für Personen deren Asylantrag zwar abgewiesen wurde, aber deren Leben oder Gesundheit im Herkunftsland bedroht wird. Sie sind daher weder AsylwerberInnen noch Asylberechtigte (Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskon­vention), erhalten aber zeitlich befristeten (verlängerbaren) Schutz vor Abschiebung. Betroffene haben Zugang zum Arbeitsmarkt und suchen durchaus eine langfristige Aufenthaltsper­spektive wie Asylberechtigte. Die Streichung der bMS wirft sie auf ein Leben mit 320,– Euro monatlich innerhalb der ‚Grundversorgung‘ zurück, was auch bedeutet, dass sie die Flüchtlingsqu­artiere nicht in ein ‚privates Leben‘ verlassen werden können. – Außer durch eine Übersiedlung nach Wien, denn schon jetzt leben über 60% aller Subs. Schutzberechtigten in Wien, da sie hier (noch) MS beantragen können. (Womit wahrscheinlich die betreffenden Bundesländer auch gerne spekulieren …).


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