POSITIONEN & THEMEN
Von: Michael Graber (10.3.2016)
Während die Menschen in den Flüchtlingslagern etwa in Idomeneo nicht einmal mehr genug zu Essen bekommen, liefert Österreichs Regierung einen Irrsinn nach dem anderen.
Nach Aussage der Innenministerin und des provokativen Schnösel im
Außenministerium sei nun, nach vollbrachter Tat – der Schließung aller
Grenzen am Westbalkan – „Bewegung“ in die Sache gekommen. Die Sache ist
nicht die „Reduzierung der Flüchtlingsströme“ sondern schlicht und einfach
Stillstand, die Abschaffung des Asylrechts. Auf der Agenda der EU steht nämlich
der „Deal“ mit der Türkei, dass jeder und jede „illegal“ nach
Griechenland Ankommende in die Türkei „zurückgeführt“ werden soll. Dafür
soll für jeden derart abgeschobenen Syrer, oder abgeschobene Syrerin
„legal“ ein Syrer oder eine Syrerin in die EU gelangen dürfen. Aber
wohin?
Laut SP-Minister Doskozil sind jetzt andere Staaten als Österreich gefordert.
Die Aufteilung von 160.000 Flüchtlingen, die bereits im Herbst vereinbart
war, findet nicht statt. Sie wird umso weniger stattfinden, da sich die
österreichische Regierung, mit Herrn Faymann an der Spitze den rassistischen
Rechtsregierungen in Osteuropa und der rassistischen
„sozialdemokratischen“ Regierung in der Slowakei angeschlossen hat, aber
gleichzeitig heuchlerisch eine „europäische Lösung“ fordert.
Und was geschieht mit den Flüchtlingen aus dem Irak und Afghanistan oder aus
Afrika? Die bleiben laut Dublin-Abkommen in Griechenland oder Italien sitzen.
Denn Flüchtlinge dürfen es sich nicht „aussuchen“ wo sie Asyl bekommen und
sich aufhalten dürfen. Pech für die Geografie dieser Staaten, dass sie am Meer
und nächst der Kriegsgebiete liegen.
Aber zurück zum Asylrecht. Dieses sieht das Recht jeder Person vor, seine Asylgründe individuell prüfen zu lassen, unabhängig von der Art der Einreise. Pauschale Abschiebungen auf Grund ethnischer oder staatlicher Zugehörigkeit sind ein schwerer Verstoß gegen das Asyl- und Menschenrecht. Dieses Unrecht soll mit polizeilichen und militärischen, letztlich terroristischen Mitteln durchgesetzt werden, wie der schon erwähnte Schnösel im deutschen Fernsehen frech verkündete, samt den dazugehörigen Fernsehbildern, an die man sich gewöhnen solle, weil sie der „Abschreckung“ dienen. Derweil investiert die österreichische Regierung, um den Irrsinn auf die Spitze zu treiben, in die afghanische Werbeindustrie und verdreifacht nebenbei das Berufseinsatzheer – alles zur „Abschreckung“ von flüchtenden Menschen.
Die Panik, die die europäischen Regierungen erfasst hat, hat weniger mit der
Zahl der Flüchtlinge und MigrantInnen zu tun, sondern mehr denn je mit dem
rechtextremistischen und populistischen Geschrei, dem sie Zug um Zug Nahrung
und Raum geben. Dazu gehört die Vertiefung der sozialen Spaltung in den
einzelnen Ländern durch die herrschende Wirtschafts-, Budget- und
Sozialpolitik, die den „Finanzmärkten“ untergeordnet ist und soziale
Wüsten hinterlässt, sowie die Übernahme der fremdenfeindlichen Klischees, die
Integration zu einem Problem der „Sicherheit“ und damit der Polizei macht.
Aber die soziale und politische Repression trifft nicht allein die Flüchtlinge
und MigrantInnen, sondern unsere Gesellschaften insgesamt, wie der Druck der
Regierung auf die Mindestsicherung und der Überwachungswahn auch in Österreich
deutlich zeigt.
Gefordert ist demgegenüber eine dramatische Ausweitung öffentlicher
Investitionen in das Bildungs- und Gesundheitssystem und in leistbaren Wohnraum,
die allen Menschen zugute kommen müssen. In diesem Sinn ist auch der Satz zu
verstehen: Geht’s den Flüchtlingen gut, geht’s uns allen gut.
Und noch ein Vorschlag: Wie wär's, wenn sich die österreichische Regierung in
der EU dafür stark macht den Verursacher aller Kriege in Nahost – die
USA – zur Übernahme von Flüchtlingen zu veranlassen? Fehlt dazu der Mum?
Denn wer Krieg führt oder Waffen exportiert, wird Flüchtlinge schaffen.