POSITIONEN & THEMEN
(8.5.2019)
Beitrag des Bundesvorstands der KPÖ bei der Befreiungsfeier am 5. Mai 2019 in Mauthausen an der Klagemauer
Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten!
Wien war schon am 13. April 1945 durch die Rote Armee befreit, die
2. Republik durch ihre Gründerparteien ÖVP, SPÖ und KPÖ am 27. April
1945 konstituiert, als in der Nacht vom 28. auf den 29. April 1945 hier im
KZ Mauthausen 42 Widerstandskämpfer der „Welser Gruppe“ ermordet
wurden.
„Meine Rechnung geht jetzt bis zum 1. Mai“ schrieb Sepp Teufl, damaliger
Landesobmann der KPÖ, in seinem letzten Brief aus dem KZ Mauthausen an seine
Frau. Sein Optimismus erfüllte sich nicht. Er wurde als einer der 42 hier am
5. Mai 1945 ermordet – kurz vor der Befreiung des KZ Mauthausen durch die
US-Army. Die „Welser Gruppe“ war Teil des europaweiten Widerstandes gegen
das verbrecherische Nazi-Regime. Ein Regime das mit größtem Terror alle
Andersdenkenden unterdrückt, den größten bislang gekannten Weltkrieg
ausgelöst und mit dem Holocaust die systematische Massenvernichtung als
minderwertig betrachteter Menschen praktiziert hatte.
Mit unserem Gedenken bei dieser 2001 von KZ-Verband und KPÖ angebrachten
Gedenktafel würdigen wir den politischen Widerstand gegen das Nazi-Regime.
Jenen Widerstand, der im etablierten Diskurs verdrängt wird, weil der Großteil
des politischen Widerstandes kommunistisch war. Über 2.000 Mitglieder der KPÖ
kamen dabei ums Leben.
Sie haben sich bewusst gegen das NS-Regime gestellt. Ihr aktiver Widerstand
machte das Wiedererstehen eines eigenständigen Österreichs erst möglich.
Legte doch die „Moskauer Deklaration“ von 1943 als Bedingung dafür fest,
dass es einen „eigenen Anteil“ an der Befreiung braucht.
Mit der Gründung der 2. Republik verbunden ist ein antifaschistischer
Verfassungsauftrag, festgeschrieben in der Unabhängigkeitserklärung, dem
NS-Verbotsgesetz und dem Staatsvertrag. Dieser Auftrag ist die historische Lehre
aus den Erfahrungen des Faschismus. Dabei war Österreich zwar durch die
Annexion durch Hitler-Deutschland 1938 auch Opfer, durch die Beteiligung
hunderttausender Österreicher und Österreicherinnen an den NS-Verbrechen vor
allem aber Täter. Eine Wahrheit die jahrzehntelang verdrängt und von manchen
auch heute noch nicht eingestanden wird.
Bertolt Brechts Spruch „Der Schoss ist fruchtbar noch aus dem das kroch“
zeigt sich leider auch heute noch als weitsichtige und berechtigte Voraussage.
Das machen vor allem die laufenden „Einzelfälle“ im Umfeld der FPÖ
deutlich: Wenn die Verbrechen des Nazi-Regimes bagatellisiert, bestimmte
Menschengruppen auf das Übelste diffamiert, kritischen Journalisten mit
„Folgen“ gedroht, der Ruf nach dem „starken Mann“ erhoben, demokratische
Errungenschaften verachtet und Fremdenfeindlichkeit zur Staatsdoktrin erhoben
wird.
Die FPÖ wurde in Nachfolge des VdU – einer Sammlung ehemaliger Nazis –
gegründet und kann daher zumindest indirekt als Nachfolgepartei der NSDAP
betrachtet werden. Dass ihr ein Nazi-Gen immanent ist, verwundert daher nicht.
Wichtiger denn je ist daher der antifaschistische Verfassungsauftrag, alles zu
tun, um eine Wiederholung von Entwicklungen zu verhindern, die als historische
Lehren aus dem Schrecken des Faschismus gelten, die 1933 zur Machtergreifung
der Nazis und 1938 zum „Anschluss“ geführt haben.
Umso tragischer ist es, wenn ÖVP, aber auch SPÖ, als Gründerparteien der
2. Republik diese Konsequenzen missachten. Beide sind aus Gründen des
Machterhalts mit eben dieser FPÖ Koalitionen – die ÖVP im Bund und in
Oberösterreich, die SPÖ im Burgenland und in Linz – eingegangen. Denn auch
für Blinde ist erkennbar, dass damit schon längst die Übernahme wesentlicher
Positionen der rechtsextremen FPÖ – nicht nur in der Sozial- und
Sicherheitspolitik – verbunden ist.
Vor allem haben ÖVP wie SPÖ seit den 1980er Jahren mit ihrer neoliberalen
Politik die Macht von Kapital und extremem Reichtum gestärkt, während ein
wachsender Teil der Bevölkerung zunehmend sozial verunsichert ist. Dadurch
werden immer mehr Menschen für die fremdenfeindliche Politik von Hass und Hetze
anfällig. Damit erst wurde der Aufstieg der rechtsextremen FPÖ ermöglicht.
Dass dies keine österreichische Besonderheit, sondern europaweiter Trend ist,
macht die Sache nicht besser.
Die scheinheiligen Warnungen der „glühenden Europäer“ vor einem Rechtsruck
vernebeln daher die wirklichen Ursachen. Denn tatsächlich sind Neoliberalismus
und Rechtsextremismus zwei Seiten einer Medaille. Weil nämlich statt über den
täglichen Klassenkampf von oben und die immanente Ungerechtigkeit des
gewöhnlichen Kapitalismus zu reden den Menschen am laufenden Band Feindbilder,
Hass & Hetze serviert werden. Weil statt allen Menschen im reichen
Österreich zu geben, was sie für ein gutes Leben brauchen der Neid geschürt
wird.
Für uns als Antifaschistinnen und Antifaschisten gilt Julius Fuciks Ausspruch
„Menschen ich hatte euch lieb, seid wachsam“. In diesem Sinne ehren wir hier
und heute die hier genannten 42 Widerstandskämpfer stellvertretend für den
antifaschistischen Widerstand und die Opfer des Faschismus.
Ehre ihrem Andenken! Wehret den Anfängen! Nie wieder Faschismus, nie
wieder Krieg!