KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Mit gutem Grund wird im Sozialbereich gestreikt!

(12.2.2019)

Roman Gutsch, im Verhandlungsteam der Gewerkschaft vida, im Gespräch

Bis Donnerstag finden Streiks im Sozialbereich statt. Zuvor wurden die Kollektivvertrag­sverhandlungen im SWÖ-KV (Sozialwirtschaft Österreich) unterbrochen, da sich die ArbeitgeberInnen weigern sich die zentralen Forderungen der Gewerkschaft zu akzeptieren. Diese fordert neben einer 6% Lohn- und Gehaltserhöhung auch eine 35-Stundenwoche und eine Aufwertung von Pflegeberufen.

GLB wie auch KPÖ stehen hinter den Forderungen der KollegInnen. Denn die rund 100.000 Beschäftig­ten in 461 Einrichtungen verdienen ein Viertel weniger als der österreichische Durchschnitt. Überdurchschnit­tlich oft arbeiten hier zudem Frauen oder MigrantInnen.

Roman Gutsch, BRV CS Caritas Socialis GmbH – Betreuung zu Hause und im Verhandlungsteam der Gewerkschaft vida, im Gespräch zu den Hintergründen der aktuellen Streiks und der Stimmung unter den KollegInnen.

Der Streik letztes Jahr war für viele Kolleginnen ermutigend. Das schnelle Ende aber auch für viele enttäuschend. Wie ist die Stimmung unter den KollegInnen in diesem Jahr?

Roman Gutsch: Im Vorjahr kam zur Unsicherheit, ob ein Streik erfolgreich im Sozial- und Pflegebereich organisiert werden kann, eine starke Entschlossenheit, den Streik zu wagen. Es war klar, dass ohne Streik keine adäquate Aufzahlung für die Pflegeberufe erkämpft werden kann. Dazu kam, dass zur 35-Stundenwoche ein Jahr lang eine Kampagne lief, die hohe Erwartungen erzeugte. Vor dem Hintergrund der hohen Erwartung bewegte sich in der Verhandlungsrunde, die den Warnstreiks folgte, nicht viel, aber es wurden im Rahmenrecht noch wichtige Schritte in die richtige Richtung gesetzt. Ich persönlich und viele KollegInnen sehen daher auf eine erfolgreiche Streikbewegung zurück. Der Erfolg zeigt sich allein darin, dass dieses Jahr erneut gestreikt wird und viele Betriebe diese Woche streiken, die es im Vorjahr noch für unmöglich hielten. Sollte am 18. Februar kein Abschluss erfolgen, weil die Arbeitgeber zum Thema Arbeitszeitver­kürzung keine annehmbaren Angebote machen ohne die bereits besprochenen Verbesserungen im Rahmenrecht (z.B. Altersteilzeit, geteilte Dienste und Dienstplansta­bilität) zurückzunehmen, dann können in einer weiteren Warnstreikwelle viele weitere Betriebe hinzukommen. Wir sind heuer breiter aufgestellt und wir werden noch an Breite gewinnen. Die Stimmung ist gut.

Die Arbeitgeberseite rund um SWÖ-Sprecher Erich Fenninger argumentiert, dass die Forderungen nicht erfüllbar sind, da die Budgets nicht erhöht werden. Eine zufriedenstellende Erklärung?

Roman Gutsch: Das Problem ist, dass viele Unternehmen mit Annahmen budgetieren, die sie selbst – wenn sie ehrlich sind – als unrealistisch einstufen müssen. Sie nehmen einen zu geringen Lohn- und Gehaltsabschluss an und stellen ihn Tarifsteigerungen gegenüber, an die sie nicht glauben, nur um ein ausgeglichenes Budgets vorlegen zu können. In anderen Worten, der finanzielle Spielraum der Sozial- und Pflegeeinrichtungen ist in vielen Fällen tatsächlich gering und er wird solange gering bleiben, solange die Politik Anbieter findet, die bereit sind, niedrige Tarife zu akzeptieren, weil sie bereit sind, die zu niedrigen Tarife in Form von schlechter Bezahlung, Arbeitsdruck, mangelnde Personalausstattung usw., also am Rücken der Beschäftigten, auszugleichen.

Betroffen sind davon aber nicht nur die Beschäftigten? Warum betrifft der Streik eigentlich alle?

Roman Gutsch: Der finanzielle Druck kommt auch längst bei den KlientInnen an. Angebote werden verschlechtert und Qualität kann nur mehr, wenn überhaupt, schwer aufrecht gehalten werden. Die Warnstreiks sind daher auch ein Signal an die Politik und die Gesellschaft, dass sich die Beschäftigten im Sozial- und Pflegebereich nicht länger von der Logik der geringen finanziellen Spielräume ihrer Arbeitgeber paralysieren lassen. Wir spielen dieses unwürdige Spiel nicht länger mit, auch zum Wohl unserer KlientInnen. Das Geld für unsere Forderungen ist da. Richtig ist, dass es nicht als Gewinnrücklagen in den Sozial- und Pflegeunternehmen liegt, sondern als Vermögen, das besteuert gehört, und in den öffentlichen Haushalten vorhanden ist. Unsere Streiks sind in den Tarifverhandlungen der Arbeitgeber mit den Kostenträgern ein gewichtiges Argument. Demnach müssten sie die Streikbeschlüsse begrüßen. Nur bessere Arbeitsbedingungen können den schon stark spürbaren Personalmangel in der Zukunft beheben und nur zufriedene Beschäftigte können die Qualität leisten, die unsere KlientInnen verdienen.


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