KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS
10. Treffen des São Paulo Forums
4. - 7. Dezember 2001
La Habana, Cuba


Abschlußerklärung


Am 10. Treffen des São Paulo Forums, das in La Habana/Cuba von 4. bis 7. Dezember 2001 abgehalten wurde, nahmen 518 Delegierte aus 81 Ländern Lateinamerikas und der Karibik, Nordamerikas, Europas, Asiens, Afrikas, des Nahen Ostens und Australiens teil. Sie repräsentierten 74 politische Mitgliedsparteien und -bewegungen sowie 127 als Gäste eingeladene Parteien und Organisationen.

Angesichts des Kriegsklimas und einer beispiellosen politischen, ökonomischen, sozialen und moralischen Krise, bekräftigt das 10. Treffen des São Paulo Forums seine Verpflichtung unter dem Banner der nationalen Unabhängigkeit, sozialen Gerechtigkeit, des Friedens, der Demokratie und des Internationalismus; es erneuert seine Bereitschaft, den Kampf für ein ökonomisches, soziales und politisches Projekt zu verstärken, das auf diesen Prinzipien beruht, und für eine alternative internationale Ordnung, die den untergeordneten Charakter unserer Länder umkehrt und den Interessen der großen Mehrheit verpflichtet ist.

Das 10. Treffen des São Paulo Forums bestätigt seine Vitalität, Relevanz und Berechtigung, es identifiziert sich als links, antiimperialistisch, antineoliberal, gegen alle Formen des Kolonialismus und Neokolonialismus, als solidarisch und durch die Beteiligung an der Formulierung alternativer Projekte für die Völker Lateinamerikas und der Karibik überzeugt davon, daß eine bessere Welt möglich ist.

Dieses 10. Treffen hatte mit Cuba ein Szenario von hohem symbolischen Wert, aufgrund der Bedeutung dieses Landes für die Linke des Kontinents, seiner Würde, als Beispiel des Widerstands und durch seine unumstößliche Verpflichtung gegenüber den Prinzipien, die das Forum leiten. Der Dank aller Teilnehmer geht an das cubanische Volk für die brüderliche Aufnahme, die sie uns zuteil werden ließ, und an die Kommunistische Partei Cubas für ihre organisatorische Kapazität und ihren Beitrag zum Erfolg dieser Zusammenkunft, die durch ein brüderliches Klima, konstruktive Einstellung und den wertvollen Inhalt der gehaltenen Beiträge gekennzeichnet war.

Diese Anerkennung gilt auch der Arbeitsgruppe und allen Organisationen, die zur Vorbereitung des 10. Treffens beigetragen haben. Besonders anzuerkennen ist die zahlreiche Teilnahme der Organisationen der Karibik und die wachsende Eingliederung neuer Organisationen der Andenregion.

Internationaler Kontext

Konsens gibt es in der Analyse des sozioökonomischen und politischen Kontext als Rahmen für dieses Treffen, der gekennzeichnet ist durch die wachsende Kontrolle der Produktion, die Kommerzialisierung der Güter und Dienstleistungen sowie die Finanzströme seitens einer geringen Anzahl entwickelter Länder und transnationale Megaunternehmen, die ihrerseits die protagonistischen Vertreter des Prozesses neoliberaler Globalisierung sind. Diese, weit davon entfernt, eine homogenere Teilname der verschiedenen Länder an der Weltwirtschaft zu fördern, haben die Differenzierung zwischen den entwickelten Ländern und ihrer Peripherie verschärft, ja sie haben sie noch mehr an diese gedrängt, und die Polarisierung des Reichtums im Innern beider Gruppen von Ländern ist angewachsen.

Die Teilnehmer am 10. Treffen diskutierten besonders die ökonomische und soziale Situation Lateinamerikas und der Karibik. Ins Auge springen die mageren Zuwächse im letzten Jahrzehnt, die unter den Notwendigkeiten und Möglichkeiten liegen, und die schwachen Grundlagen, auf denen sie durch das Fehlen einer soliden endogenen Basis für ihre Nachhaltigkeit beruhen.

Die Einkommensverteilung ist die regressivste weltweit, begleitet von einer Trägheit des Fortschritts im Bildungswesen und auf wissenschaftlich-technischem Gebiet, beunruhigender Unbeständigkeit, ökonomischer Unsicherheit, alarmierenden Migrationsströmen, Korruption und Gewalt. Die Beseitigung der Armut erwies sich als größte Herausforderung der Region, besonders ihre Auswirkungen auf die schwächsten Schichten der Bevölkerung: Kinder, Frauen, ältere Menschen, und im Fall der indigenen Völker doppelt durch ihr indigen und arm Sein.

Wenn man den vorhin erwähnten Merkmalen das nicht gelöste Problem der Verteilung von Grund und Boden, die Vertiefung des Grabens, der Lateinamerika und die Karibik von den entwickelten Ländern trennt, den Verlust der relativen Beteiligung der Region an der Weltwirtschaft, die zum Ausdruck kommende Unzufriedenheit der Bürger und die wachsende Auslandsverschuldung hinzufügt, kann man beweisen, daß der Neoliberalismus - ausgerichtet auf die Stärkung der Macht des transnationalen Finanzkapitals - im Gegensatz zu dem, was er in seinem Diskurs proklamiert, von destruktivem Charakter in Bezug auf die Wirtschaft und Gesellschaft ist, wie es seine Unfähigkeit zur Reaktivierung der Produktion, Schaffung von Arbeitsplätzen, Anhebung der Einkommen und Umkehrung des Prozesses der Marginalisierung deutlich macht. Dies drückt sich offen in einer Krise des hegemonistischen Paradigmas und des sogenannten "Einheitsdenkens" aus.

Weiter gesteckte Ziele kann man erreichen, wenn man jene Argumente nicht einfließen läßt, die das dominierende Denken stützen und die Nutzung der Produktivkräfte beschränken, weil sie sich gegen die Veränderungen in den geforderten sozialen Beziehungen aufgrund des gegenwärtigen Niveaus der wissenschaftlich-technischen Entwicklung stellen. Dies ist verbunden mit der Abhängigkeit vom Imperialismus und der Unterordnung der herrschenden Klassen jedes einzelnen Landes. Eine Lösung der Probleme unserer Region und ein Weiterkommen zu einem alternativen Projekt ist aber ohne die Modifizierung dieser Beziehungen nicht möglich.

Es kann kein alternativer Vorschlag für die Gesellschaft und den Aufbau von Nationalstaaten mit souveräner Entwicklung erarbeitet werden, wenn die Netto-Transfers der Reichtümer zu den imperialistischen Banken und Staaten fortgeführt werden, denn es ist notwendig, das Ende der Privatisierungsprozesse zu fordern und die unerhörte Eskalierung der Aneignung strategischer Ressourcen der Region zu Gunsten des transnationalen Kapitals und seiner Verbündeten zu verhindern.

Die atemberaubende Geschwindigkeit des gegenwärtigen Globalisierungsprozesses - gestützt auf den wissenschaftlich-technischen Fortschritt und die Expansion neuer Technologien der Information und Telekommunikation - geht mit einer internationalen Wirtschaftsordnung und einer Gesellschaftsordnung einher, die nicht akzeptiert werden können und die eigene materielle Entwicklung der Menschheit deformieren. Daher kämpfen wir für eine andere Globalisierung: eine der Solidarität, Gerechtigkeit, Gleichheit, Gültigkeit vollständiger Demokratie, des Respekts der Diversität, der Autonomie, multikulturellen Identität und der Rechte der Völker; wobei wir auch wissen, daß fundamental die Befreiung jedes einzelnen Landes ist.

Die Attentate vom 11. September in New York, Washington und Pennsylvania haben die internationale Situation verschärft, sie haben eine neue Situation geschaffen und einen Prozeß unvorhersehbarer Konsequenzen eingeleitet.

Das São Paulo Forum solidarisierte sich sofort mit den Opfern dieser kriminellen Handlungen und forderte den Weg des Friedens und der Gerechtigkeit als einzig gültigen, um den Terrorismus zu besiegen, es bekräftigte seine Solidarität mit allen jenen, die unter seinen Folgen leiden. Wir, Parteien und Bewegungen von Völkern, die die schrecklichen Auswirkungen von Staatsterrorismus erleiden und erlitten haben, sind aus ethischen, moralischen, humanitären und politischen Gründen gegen jedwede Art von Terrorismus.

Diese bedauerlichen Ereignisse stellten den Rahmen dar, um eine bis dahin verdeckte Politik zu legitimieren, die heute in den gefährlichen Worten der Bush Doktrin ihren Ausdruck findet: "Entweder ihr seid mit uns oder mit den Terroristen." Das jüngst von den USA unter dem Titel "Sich Amerika anschließen und es stärken, es mit den geeigneten Mitteln ausstatten, um den Terrorismus zu analysieren und ihm den Weg zu versperren ... (USA PATRIOT ACT)" verabschiedete Gesetz muß von diesem Treffen verurteilt werden, nicht nur wegen seiner sofortigen Auswirkungen auf das Volk der USA, sondern auch wegen seines exterritorialen Anwendungscharakters, denn es beabsichtigt, eine imperialistische Legalität zum Schaden unserer Völker zu etablieren. Wir akzeptieren diese uns vorgeschlagene Option nicht und weisen die sich selbst angemaßte Rolle der USA als Weltpolizei zurück.

Wir sind überzeugt, daß man weder mit kriegerischen Aktionen, noch durch Verletzung internationalen Rechts oder weltweite Militäraufmärsche den Terrorismus bekämpfen kann. Im Gegenteil, die Bush Doktrin erzeugt ein Wiederaufleben von Intoleranz, Rassismus, Xenophobie, Diskriminierung, fordert weitere unschuldige Opfer und bringt außerdem eine Verschärfung irrationaler Fundamentalismen hervor.

Wir weisen jedweden Versuch zurück, nationale Befreiungsbewegungen, die sogenannte Anti-Globalisierungsbewegung, die Linke, soziale und fortschrittliche Bewegungen als Terroristen hinzustellen. Wir bekräftigen das Recht unserer Völker, die Wahrheit zu erfahren und Gerechtigkeit zu erlangen in Bezug auf die Staatsterroristen, die heute noch immer straffrei sind.

Im Zusammenhang mit dem sogenannten Kampf gegen Terrorismus wird die "Demokratische Charta der OAS und Reaktivierung des TIAR" zu einer Zwangsjacke, um durch Mechanismen der Blockade oder kollektiver Militäraktionen die Volkssouveränität zu verweigern, Veränderungsprozesse zu kontrollieren und mögliche Interventionen zu legitimieren.

Im gegenwärtigen globalen Szenario übernimmt der Plan Colombia einen neuen Protagonismus und Zweck in Bezug auf die nordamerikanische Strategie - interventionistisch im Militärischen und neokolonial auf ökonomischer und institutioneller Ebene.

Diese Realität - bis zum 11. September mehr oder weniger verdeckt - wird durch die Präsenz nordamerikanischer Militärbasen ergänzt, deren Aktivitäten dazu beitragen, die Wirtschafts- und Sozialpolitik jener Länder zu stützen, in denen sie zu Besatzungsheeren wurden und wo sie repressive Aktionen und solche zur Niederschlagung von Aufständen unterstützen. So werden sie zu einer ständigen Bedrohung für Systeme, die den Interessen des Imperialismus entgegengesetzte politische Projekte verteidigen. Die politische Schwäche der USA versucht man durch Berufung auf militärische Übermacht auszugleichen.

Innerhalb der gesamten Herrschaftsstrategie versucht man den Plan Colombia - und seine Ergänzung, die Regionale Andeninitiative und den Plan Puebla-Panamá -, als Entwicklungs- und humanitäre Projekte darzustellen, während ihr wahrer Hintergrund die Kontrolle und Aneignung strategischer Ressourcen, von Energie und Artenvielfalt ist. Um diese Ziele zu komplettieren, streben sie nach der Dollarisierung der regionalen Wirtschaften und nach der Beseitigung aller sozialen bis hin zu aufständischen Antworten der Völker. Das 10. Forum bekräftigt seine Unterstützung für eine politische Lösung der bewaffneten Konflikte in der Region und fordert das Recht seiner Völker, ihr Schicksal unter voller Ausübung ihrer Autonomie zu bestimmen.

Wir unterstützen entschlossen das unveräußerliche Recht auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit der lateinamerikanischen und karibischen Völker, die kolonialer Herrschaft unterworfen sind (Puerto Rico, Guadaloupe, Martinique, San Marteen, Französisch Guayana und Holländische Antillen). Wir unterstützen den Appell der UNO, diese schändlichen und anachronistischen Herrschaftsformen zu beseitigen, in dem die Periode 2000-2010 zur Zweiten Dekade der gänzlichen Ausrottung des Kolonialismus proklamiert wurde. In diesem Jahr hat sich der Kampf in Puerto Rico um den Abzug der US-Kriegsmarine aus Vieques intensiviert, ein Kampf der die Sympathie und Bewunderung unserer Völker erfährt und für den das SaoSão Paulo Forum einmal mehr seine volle Unterstützung erklärt.

Die wachsenden Proteste gegen die gegenwärtige Ordnung - die die in allen Bereichen durchgesetzte Globalisierung der Wirtschaft zurückweisen und begonnen haben, den neoliberalen Triumphalismus und auch seine Allmacht brüchig werden zu lassen - haben die kapitalistischen Hauptkräfte und die internationalen Organisationen gezwungen, ihre Sprache und Vorschläge abzuschwächen, weil die massiven Mobilisierungen zur Bekämpfung der von diesen hegemonistischen Zentren verfolgten Politik nicht außer Acht gelassen und unterstützt werden können.

Die auf dem Weltsozialforum in Porto Alegre, den Gipfeln der Völker und bei anderen Aktionen gezeigte Stärke macht auch deutlich, daß vor dem São Paulo Forum - als offener und pluralistischer Begegnungsstätte der Koordinierung politischer Initiativen von fortschrittlichen und linken Kräften Amerikas - eine neue Etappe der Arbeit steht. Wir müssen den Widerstand verallgemeinern, die Alternativvorschläge vertiefen, das Bewußtsein der Zivilgesellschaft entwickeln sowie die Aussagekraft unserer Antworten und die Verhandlungsfähigkeit der sozialen Organisationen, Netzwerke, Bewegungen und Parteien, die sich dem Neoliberalismus widersetzen, verstärken.

Das Ziel, Kräfte zu sammeln, ist als Prozeß zu sehen und hat für unser Forum Gültigkeit; wir müssen weiterhin ein Bezugspunkt für den Kampf zur Verteidigung der berechtigten Interessen der organisierten oder unorganisierten Mehrheit sein; wir müssen unseren Einfluß auf die Strategie und die Aktionen der sozialen und Volksbewegungen der lateinamerikanischen und karibischen Region verstärken und gleichzeitig die Beziehungen mit fortschrittlichen und linken Parteien anderer geographischer Breiten weiterhin erweitern und stärken. Diese Allianzen sind essentiell, um in der Suche nach Alternativen zur bestehenden internationalen Ordnung voranzukommen.

Herausforderung für die Linke

Angesichts dieser Herausforderung und der historischen Verantwortung der gesamten Linken ist es unverzichtbar, eine Reihe von Aktionen zu entwickeln, die zur Definition unseres strategischen Zieles beitragen. Dies ist nur ausgehend von der Bildung der Einheit in allen Aktionsräumen und unter Respektierung der innerhalb unserer Länder existierenden regionalen Unterschiedlichkeit möglich.

Wir sind Zeugen bedeutender Fortschritte der linken und fortschrittlichen Kräfte, die allein oder als Teil breiter Koalitionen in verschiedenen Ländern unseres Kontinents agieren, bedeutende Wahlergebnisse und in einigen Ländern reale Möglichkeiten zur Regierungsbeteiligung auf nationaler und lokaler Ebene in den nächsten Jahren haben, durch Wahlbündnisse und unterschiedlichste Massenkämpfe.

Es ist unerläßlich, Überlegungen zu formulieren, Konsens herzustellen und Aktionen zu fördern, welche die in Parteien organisierten Männer und Frauen mit der sozialen Bewegung und dem Kampf der indigenen Völker in einem Prozeß des Aufbaus eines Netzwerks alternativer Macht - unter Wahrung ihrer Entwicklung und Autonomie - verbinden.

Sollten diese Alternativen kein Echo und keine politisch-sozialen Subjekte finden, die sich auf politischer Ebene durchsetzen, können sie auch nicht erfolgreich sein. Letztendlich werden kollektive Projekte nur Erfolg haben, wenn sie sich in politischen Entscheidungen zur Veränderung des Staates ausdrücken, regionale Allianzen aufbauen und eine internationale Politik etablieren, die von einer Veränderung des Kräfteverhältnisses ausgeht und die Entscheidungsinstanzen weltweit demokratisiert.

Dazu kommt, daß es für die Linke und die sozialen Bewegungen zwingend ist, die Veränderungen und Auswirkungen der neoliberalen Globalisierung auf die Gesellschaftsschichten festzustellen, was ermöglichen würde, andere Verbündete, die der Prozeß der Ausgrenzung und ökonomischen Ausbeutung hervorgebracht hat, ausfindig zu machen und die noch bis vor kurzem nicht für Verbündete gehalten wurden. Besonderes Augenmerk messen wir der Notwendigkeit der Beteiligung junger Menschen und ihrer garantierten Vertretung in den Entscheidungsgremien bei.

Dieser Weg bedeutet nicht nur die Opposition zum Neoliberalismus, sondern auch die Akkumulierung von Kräften für Veränderung, den Vorschlag und die Durchführung von Alternativen beim Aufbau eines neuen Gesellschaftsmodells, um eine nationale, demokratische, antiimperialistische und Volksregierung zu erreichen. Die Parteien des SaoSão Paulo Forums verpflichten sich, Strategien, Programme und eine Politik zu entwickeln, die darauf ausgerichtet ist, gleiches Recht und gleiche Möglichkeiten zwischen den Geschlechtern zu fördern. Gleichzeitig fördern sie die Diskussion über die Identität und die Rechte der indigenen Völker, die die Beseitigung diskriminierender Konzepte und Praxis beinhaltet, die nach wie vor in unseren Organisationen und Parteien bestehen.

Wir müssen Praktiken der partizipativen Demokratie entwickeln, indem wir Mechanismen annehmen, die die Beteiligung des Volks in den Regierungsentscheidungen ermöglichen, und auf diese Weise den Aufbau der Zivilgesellschaft fördern.

Nach einer fruchtbaren Dekade des SaoSão Paulo Forums stehen wir vor der Herausforderung einer neuenr Etappe: in großen Zügen das alternative Projekt zu entwerfen - das in den einzelnen Ländern in Übereinstimmung mit den nationalen Besonderheiten und spezifischen Bedingungen konkretisiert werden muß -, indem dem die von der Linken gemachten Erfahrungen einbezogen werden.

Wir stellen mit Nachdruck fest, daß der unumgängliche Weg für die politische Transformation ihre Verbindung mit sozialen Forderungen ist, und sie nur so zu erreichen ist. Diese Forderung nach dem Politischen ist eine Verantwortung, die die Parteien und Organisationen des SaoSão Paulo Forums übernehmen müssen, in einer historischen Epoche, in der diese Tätigkeit durch Korruption, Freunderlwirtschaft und eine Sozial- und Wirtschaftspolitik, die den Völkern den Rücken gekehrt hat, diskreditiert ist.

Das alternative Projekt

Zwei Bedingungen sind für die Ingangsetzung und Nachhaltigkeit dieses Projekts essentiell:

a) Priorität sozialer Ziele gegenüber ihrer Kondition als Abfallprodukt, zu dem sie von der neoliberalen Politik gemacht wurden.
b) Wiedererlangung der Spielräume für ökonomische und politische Souveränität in den Beziehungen zwischen den Hauptländern und Entscheidungsgremien der Weltwirtschaft.

Zentralen Achsen des alternativen Projekts sind: Entwicklung und Souveränität; Impulse für regionale Integrationsprozesse als Form der Einbindung in die Weltwirtschaft; Aufbau authentischer partizipativer Demokratie, unter Beachtung der wachsenden Rolle der Frauen und jungen Menschen, dem jahrhundertelangen und tiefgreifenden Kampf der indigenen Völker und dem Kampf gegen alle Formen der Ausbeutung, ökonomischen Unterdrückung und Entfremdung der Bürger.

Wir verteidigen alle existierenden Formen gesellschaftlichen Eigentums in unserer Region (kooperativ, staatlich, gemeinschaftlich, Eigentumsformen von Werktätigen etc.) und zur Entwicklung von Formen der Volkswirtschaften, die sowohl Überlebensstrategien erlauben wie auch die Ausübung wirtschaftlicher Demokratie, des tatsächlichen Respekts der Artenvielfalt und des Aufbaus von alternativen Handelsnetzen und ethischen Konsum.

Grundsätzlicher Bezugspunkt für jedes emanzipatorisches Projekt ist nicht das Wachstum, sondern die Entwicklung auf Grundlage einer multidimensionalen Perspektive, in der die Frauen und Männer und nicht das Geld hauptsächliches Subjekt dieses Prozesses sind; das die Bedingungen für stabiles und nachhaltiges Wachstum fördert; das Impulse gibt für strukturelle Veränderungen, Gleichheit in Verteilung des Reichtums; das die Gleichheit der Möglichkeiten des Zugangs zu den sozialen Einrichtungen garantiert; das die Umwelt schützt und die multikulturelle und multiethnische Realität unserer Völker respektiert.

In Bezug auf die regionalen Integrationsprozesse tritt das Forum klar dafür ein, sie zu neu zu orientieren und zu vertiefen, um eine höheres Niveau der Integration zu erreichen, eine tatsächliche Gemeinschaft lateinamerikanischer Nationen und ursprünglicher oder indigener Völker.

Heute ist unser Amerika der Bedrohung der Zerschlagung der gegenwärtigen prekären Integrationsversuche ausgesetzt, weshalb sich das Forum für die Ablehnung des geostrategischen Herrschaftsprojekts ALCA (Freihandelszone Nord- und Südamerikas) ausspricht, weil:

* Es vertieft das neoliberale Modell, das sich in den letzten Jahren mit einem für die Völker Lateinamerikas unheilvollen Ergebnis durchgesetzt hat.
* Es beabsichtigt eine gänzliche und sofortige Öffnung der lateinamerikanischen und karibischen Wirtschaft in einem Moment einer tiefgehenden wirtschaftlichen und sozialen Krise.
* Es bietet absolute Garantien nur für die korporativen Interessen des Großkapitals, besonders für die nordamerikanischen transnationalen Unternehmen, über die Interessen der Nationalstaaten hinweg.
* Es stellt eine größere Einschränkung der Souveränität über die nationale Wirtschaftspolitik dar und beschränkt noch mehr die Ausübung der politischen Macht durch die Regierungen wie auch die Möglichkeiten endogener Entwicklung der Region.
* Es verletzt in der Verfassung verankerte Rechte der Völker.
* Es berücksichtigt die großen Ungleichheiten zwischen den Unterzeichnerländern nicht, indem es Nachdruck auf die Reziprozität und nicht auf die Präferenz legt.
* Es wirkt sich sehr negativ auf den Arbeitsmarkt aus, prekarisiert noch mehr die Arbeitsbedingungen, schwächt die Lebensmittelversorgung und beschleunigt die Auflösung des landwirtschaftlichen Sektors.
* Es ist ein weiterer Anschlag auf die multikulturelle Identität und die Rechte der indigenen indigenen Völker.
* Es steigert die Überausbeutung und hat die Enteignung unserer Naturreichtümer und der Reserven der Artenvielfalt zur Folge, es verschärft die Zerstörung der Umwelt.
* Aus Gründen historischer Unterschiede, zu denen das Fehlen einer Ethik der USA gegenüber ihren internationalen Verpflichtungen zählt.

Das Forum stellt dem ALCA die Alternative der Entwicklung und Verstärkung der realen Integrationsprozesse Lateinamerikas und der Karibik sowie der Konvergenz zwischen ihnen gegenüber, indem es über die kommerziellen Aspekte und die neoliberale Logik, die die Freihandelsverträge unterstützen, hinausgeht und auf das Ziel nachhaltiger Entwicklung und die Verbindung der Gesellschaften untereinander fokussiert, was die politische Dimension als Pfeiler dieser Projekte hervorheben soll. Diese Integration muß mit Mechanismen ausgestattet sein, um den bestehenden Ungleichheiten zwischen den Ländern zu begegnen; und im Innern dieser Ländern, zwischen den verschiedenen sozialen Gruppen, die Gleichheit der Geschlechter und die Anerkennung der Identität und der Rechte der indigenen Völker zu fördern. Außerdem muß der produktiven und technologischen Zusammenarbeit Beachtung geschenkt werden, ebenso der Stärkung der monetaristischen Unabhängigkeit, indem der wachsende Prozeß der Dollarisierung bekämpft wird.

Wir streben ein Integrationsprojekt mit starker Beteiligung des Staats und der Kontrolle über die Arbeitswelt an, das gemeinsame Projekte erlaubt, die von neuen Formen der Produktion und des Eigentums ausgehen, wie eine gerechte Verteilung des Reichtums. Wir schlagen die Gründung von zwischenstaatlichen Entwicklungsbanken vor, gemeinsame Energieprojekte und Produktionsabkommen, die die Industrialisierung von Agrarprodukten und die Verarbeitung von Bodenschätzen auf globaler Ebene favorisieren. Es handelt sich um eine horizontale Integration, die die regionalen Dimensionen respektiert und fähig ist, durch Aktionen des gemeinsamen Kampfes in jeder Subregion und untereinander Impulse zu bekommen.

Wir halten fest, daß jedes regionale Projekt, das unsere Länder einbezieht, breitest informiert, diskutiert und vorher durch die Bürger, die indigenen Völker in ihrer ihnen eigenen Diskussionsform und die sozialen Schichten und politischen Kräfte jedes Landes evaluiert werden muß. Das Forum erachtet die wachsende Einbeziehung der Frauen und jungen Menschen, ihrer Organisationen und Bewegungen als für diesen Prozeß entscheidende Kraft für grundlegend.

Kein Entwicklungs- und Integrationsprojekt in unserer Region ist ohne Beseitigung des Hindernisses, das die Auslandsverschuldung darstellt, gangbar, weshalb sich dieses Forum für die Schaffung eines Schuldnerpakts ausgesprochen hat, der das Recht jeden Landes verteidigt, die illegitimen und betrügerischen Auslandsschulden zu verhandeln oder nicht zu bezahlen.

Wir wollen in der Wiedererlangung und Entwicklung des emanzipatorischen Denkens unseres Amerika voranschreiten.

Wir, die dem São Paulo Forum angehörenden Parteien und Bewegungen, bekräftigen unsere Verpflichtung gegenüber den humanistischen Prinzipien, die unsere Helden und Märtyrer verteidigt haben. Unser Kampf ist einer um politische, ökonomische und soziale Transformation sowie auch eine Schlacht der Ideen für eine bessere Welt.

La Habana/Cuba, 7. Dezember 2001

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