KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Slowenien und der Österreichische Staatsvertrag

(7.4.2017)

Notifizierung steht zur Diskussion
(Notifizierung bezeichnet die offizielle Kenntlichmachung oder Mitteilung einer Information durch einen Staat an einen anderen Staat)

Kommende Woche findet im slowenischen Parlament in Ljubljana eine Debatte des Außenpolitischen Ausschusses über den von der Vereinten Linken eingebrachten Initiativantrag zur Notifizierung des Österreichischen Staatsvertrags von 1955 durch die Republik Slowenien statt. Dabei geht es um die Frage, ob sich Slowenien, das sich in dieser Frage als Nachfolgestaat der SFR Jugoslawien begreift, beim Depositar des Staatsvertrags – der Regierung der Russischen Föderation als Nachfolgestaat der Sowjetunion – als solcher auch formell notifizieren soll.

Was sachlich betrachtet nicht mehr ist als ein technisch-rechtliches Verfahren ohne daraus unmittelbar resultierenden praktischen Konsequenzen, ist in Slowenien mit einer beträchtlichen politischen Ladung verbunden. Die slowenischen ParlamentarierInnen (damals noch ohne KollegInnen, die sich links von der Sozialdemokratie positionieren) samt ihrer Regierung verstanden ihre Republik nach der Verselbständigung zwar als Rechtsnachfolgerin Jugoslawiens, allerdings nur unter vorgehaltener Hand, da sie einem befürchteten Streit mit der österreichischen Regierung, deren Außenminister und Medien beflissen an der Sezession mitgearbeitet hatten, aus dem Weg gehen wollten. Der seinerzeitige Nationalratspräsi­dent Andreas Khol hatte 2005 einer slowenischen Parlamentsdele­gation zu verstehen gegeben, dass eine Rechtsnachfolge Sloweniens unakzeptabel für Österreich und der Staatsvertrag sowieso nur ein Relikt „aus der Zeit des Kalten Krieges“ sei. Die slowenischen Parlamentarier waren davon zwar nicht begeistert, hielten aber die Republik Slowenien „im Stillen“ nach wie für die Rechtsnachfolgerin und vermieden eine öffentliche Debatte, die sich im slowenischen Disput mit der Debatte um die staatschaffende Bedeutung des Widerstandskampfes gegen die Nazis sowie mit der Legitimität des sozialistischen Regimes vor der Auflösung Jugoslawiens vermischt. Zivilgesellschaf­tliche Initiativen und Vorstöße slowenischer VölkerrechtlerInnen für eine Notifizierung wallten immer wieder auf, verebbten aber im slowenischen Parlament und wurden schubladisiert. Mit der Vereinten Linken, die seit den jüngsten Parlamentswahlen über sechs Abgeordnete und im Außenpolitischen Ausschuss ebenfalls über eine – allerdings minoritäre – Stimme verfügt, hat sich die Situation geändert. Sollte sich dieser Ausschuss mehrheitlich für eine Notifizierung aussprechen, was nach dem bisherigen Stand der Dinge allerdings kaum zu erwarten ist, wird der Antrag dem slowenischen Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt. An der Tagung des außenpolitischen Ausschusses nehmen VertreterInnen zivilgesellschaf­tlicher Initiativen, Fachleute sowie Sprecher der Kärntner slowenischen Minderheitenor­ganisationen teil. KPÖ-Bundessprecher Mirko Messner, Mitglied des Verwaltungsau­sschusses des Zentralverbands slowenischer Organisationen sowie Minderheitensprecher der KPÖ, nimmt an dieser Debatte ebenfalls teil.

Unerwartete Aktualität in der slowenischen Öffentlichkeit erhielt die Frage der Notifizierung des Staatsvertrags durch die Kärntner Kalamitäten rund um die Zurücknahme der ursprünglich vorgesehenen Erwähnung der slowenischen Bevölkerung im Update der Landesverfassung (mehr dazu in der April-Nummer der Volksstimme, www.volksstimme.at). Ob sich der außenpolitische Ausschuss des slowenischen Parlaments für oder gegen die Notifizierung des Staatsvertrags entscheiden wird, hat zwar damit keinerlei rechtlichen Zusammenhang, bestärkt aber in der slowenischen Öffentlichkeit die Stimmen für eine Notifizierung.

Zur Geschichte:
Mit dem Österreichischen Staatsvertrag vom 15. 5. 1955 (in Kraft getreten am 27. 7. 1955), unterzeichnet von den Signatarmächten Sowjetunion, USA, Frankreich und Großbritannien sowie von der österreichischen Bundesregierung, wurde Österreich zum souveränen Staat. Daher lautet auch der Langtitel „Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich, gegeben zu Wien am 15. Mai 1955“.
Jugoslawien war dem Vertrag aufgrund Artikel 37 mit der Hinterlegung einer Ratifikationsur­kunde beim Depositar am 14. 11. 1955 beigetreten und erhielt so den Status eines „assoziierten Staates“. Damit verzichtete Jugoslawien – im Austausch für den im Artikel 7 des Staatsvertrags festgeschriebenen Schutz der slowenischen und kroatischen Minderheit und für das Recht auf Beschlagnahme des österreichischen Vermögens in Jugoslawien – endgültig auf seine territorialen Forderungen gegenüber Österreich, betreffend die slowenisch- und gemischtsprachigen Gebietsteile Kärntens, und wurde – ähnlich wie Österreich bezüglich Südtirol – zur „Schutzmacht“ der im Nachbarstaat lebenden slowenischen Minderheit(en).


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