POSITIONEN & THEMEN
Von Günther Hopfgartner (28.2.2009)
Die Vorschusslorbeeren, die US-Präsident Obama vonseiten der US-Friedens- und Sozial-Bewegungen bei seinem Amtsantritt erntete, welken allzuschnell. Für 21. März mobilisiert die Friedensbewegung bereits für einen Marsch auf das Pentagon, mit der Forderung nach einem US-Truppenabzug aus Afghanistan. Eine Forderung, die bei Obama auf taube Ohren stößt.
Zwar versprach US-Vizepräsident Joe Biden Anfang Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine neue Strategie für Afghanistan. Er sprach von einer Verstärkung der zivilen Hilfe, da es – so die Erkenntnis der US-Administration – einen rein militärischen Sieg nicht geben könne. Abgeordnete aus der Partei des Präsidenten beklagen zudem seit geraumer Zeit lautstark, dass die Fortsetzung des Krieges in Afghanistan ohne Strategiewechsel in einem Schlamassel (quagmire) enden müsse. Trotz dieser Bedenken kündigte Obama vor wenigen Tagen an, die US-Truppen in Afghanistan um 17.000 Soldaten aufzustocken.
Entsprechend warnt das US-Nachrichtenmagazin Newsweek in einer Titelgeschichte vor „Obama's Vietnam“, das dieser in Afghanistan erleben könnte. Zahlreiche Kommentare und Vorort-Berichte unterstützen diese Ansicht.
Es gehört wenig Phantasie zu der Vorhersage, dass der Afghanistankrieg noch härter und brutaler geführt wird als bisher. Anstatt den zivilen Aufbau voranzutreiben, flüchtet die NATO in immer mehr Krieg. Leidtragende sind die Bewohner des seit vielen Jahren von Besatzung, Krieg und Bürgerkrieg geplagten Landes, beschreibt Peter Strutynski, Sprecher des Friedenspolitischen Ratschlags Kassel, die Situation in Afghanistan in düstersten Farben.
Einer UN-Studie zufolge fielen dem Krieg im vergangenen Jahr mehr Zivilpersonen zum Opfer als in allen Kriegsjahren zuvor.
Neueste Umfragen in Afghanistan bestätigen zudem die wachsende Unzufriedenheit mit den Besatzungstruppen, die man lieber heute als morgen aus dem Land abziehen sehen möchte.
Trotzdem setzt Obama im Falle Afghanistans eher auf militärische Eskalation, denn auf zivile friedensschaffende Maßnahmen. Er tut dies wohl im Wissen, dass ihm das keinesfalls Symphatien unter FriedensaktivistInnen verschaffen wird, andererseits hat aber schon Bush acht Jahre lang als erklärter Hauptfeind der Friedensbewegung regiert. Wirklich gefährlich wirds für Obama vermutlich erst, wenn sich zur Opposition der US-Friedensbewegung auch eine breite Sozialbewegung gesellt. Und die sich immer noch von Tag zu Tag verschärfende ökonomische Krise lässt einen derartigen Schulterschluss durchaus schon am gesellschaftlichen Horizont der globalen militärischen und ökonomischen Führungsmacht auftauchen.