KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Mehr Raketen, weniger Sicherheit

(23.10.2013)

Aus der Rede von Walter Baier (als Vertreter der KPÖ) auf der Friedenskundgebung der 100.000 am 22. Oktober 1983 auf dem Wiener Rathausplatz. (Text nach Volksstimme vom 23.10.1983).

Millionen Menschen in West und Ost sind heute auf den Straßen. Für einen kurzen historischen Augenblick verzichten sie darauf, einander die Frage nach dem Parteibuch, dem politischen oder religiösen Bekenntnis zu stellen. In diesem kurzen Augenblick nehmen sie einander ganz einfach als Menschen mit einem großen und unvräußerlichen Recht, dem Menschenrecht auf ein Leben in Frieden.

Sogenannte „Sicherheitsex­perten“, für die der Atomkrieg nichts weiter als eine kalkulierbare Rechenaufgae ist, kalkulieren die Toten nach hunderten Millionen. Doch selbst die ungeheuerlichsten Zahlen bleiben abstrakt, verblassen angesichts der Wirklichkeit. Ein Atomkrieg würde das unausweichliche Ende unserer Zivilisation bedeuten.

Es ist also nicht einfach die Angst um das eigene bißchen Leben, das uns heute auf die Straßen treibt, sondern es ist die tief empfundene Verantwortlichkeit für das Schicksal unserer Gemeinschaft und des Planeten, auf dem wir leben.

Und gleichzeitig wissen wir: Wir dürfen dieses Schicksal nicht dem Walten der wenigen überlassen! Wir, die vielen, die als die Opfer des nächsten Krieges schon eingeplant sind, müssen es selbst in die Hand nehmen.

Unsere Überzeugung und die Überzeugung aller Menschen, denen der agressive Antikommunismus nicht das Urteilsvermögen zerstört hat, lautet: Es gibt keine Werte, es gibt keine Ideologie, die einen Atomkrieg als Mittel der Politik rechtfertigen würden! Es gibt kein Ziel, für das die Zukunft der Menschheit aufs Spiel gesetzt werden dürfte!

Der Weg in den Atomkrieg ist mit tausenden Verdrehungen gepflastert. Selbsternannte Experten nennen die Aufstellung qualitativ neuer Atomraketen eine „Nachrüstung“. Die Friedensbewegung wird von ihnen in Rundfunk, Fernsehen und Zeitungen beharrlich als „einäugig“ beschimpft. „Blauäugig“ nennt man uns, weil wir den Rüstungsfetis­chisten ihre perversen Sprüche nicht mehr abnehmen.

Doch die Friedensbewegung ist ebensowenig einseitig wie die Stationierung der neuen Raketen eine „Nachrüstung“ ist. Die Friedensbewegung tritt für die Abrüstung in West und Ost ein. Und sie wirde sich auch nicht einreden lassen, daß man dieser Abrüstung durch die Aufstellung neuer Raketen näherkommt.

Wir sind nicht blauäugig: Und eben deshalb lassen wir uns auch nicht einreden, daß ein Mehr an amerikanischen Raketen ein Weniger an Gefahr für die europäischen Völker bringen wird.

In diesem Zusammenhang und jenseits einer parteipolitischen Polemik, die der Friedensbewegung unwürdig ist, wende ich mich an unsere Freunde in der ÖVP. Seitens der ÖVP wurde und wird der Friedensbewegung vorgeworfen, sie sei unglaubwürdig, weil in ihr Kräfte wirken, mit der die ÖVP nicht übereinstimmen könne. Aber, so möchte ich fragen: Kann man die von der atomaren Gefahr Bdrohten, die Beunruhigten und Besorgten in Glaubwürdige und Unglaubwürdige teilen? Ist die Angst, die ein Konservativer um sein Leben empfindet, glaubhafter und berücksichtigen­swürdiger, als die Angst eines Sozialisten oder Kommunisten? Soll es angesichts der atomaren Bedrohung ein mehr oder weniger glaubwürdiges und schützenswertes Leben geben?

Der Atomtod wird niemanden nach dem Parteibuch fragen. Und deshalb möchte ich unsere Freunde in der ÖVP gerade von dieser Stelle aus auffordern: Vergessen Sie für einen Augenblick alle Loyalitäten und seien Sie zu nichts anderem als zu sich selbst loyal. Haben Sie den Mut, den die amerikanischen Bischöfe aufgebracht haben, und sagen Sie nein zum atomaren Wettrüsten. Unterstützen Sie unsere Aktion Leben, unterstützen Sie die Friedensbewegung!

Ich wende mich auch an die österreichische Bundesregierung: Vergessen Sie in diesem entscheidenden Augenblick Ihre traditionellen diplomatischen Rücksichten! Finden Sie im Interesse der Menschen unseres Landes eine noch deutlichere Sprache! Sprechen Sie aus, was mehr als hunderttausend Österreicher, unter ihnen auch Altbundeskanzler Kreisky, fordern, nämlich ein klares Nein zur Stationierung von Pershing 2 und Cruise Missiles.

Und ich wende mich schließlich an unsere Gewerkschafter, an Sozialisten, Christen, Kommunisten und Parteiungebundene: Vervielfachen wir unsere Anstrengungen im Kampf um die Erhaltung des Friedens. Gewinnen wir diesen Wettlauf mit der Zeit! Weiterverhandeln ist besser als stationieren!

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