POSITIONEN & THEMEN
(12.8.2008)
Die vorliegende Stellungnahme ist eine Antwort zu einem Artikel von Benny Morris zu einem Angriff Israels auf Iran, der in der New York Times am 18. Juli veröffentlicht wurde. Die internationale jüdische Opposition hat die Stellungnahme als Widerspruch zur Logik, Analyse und Absicht dieser Einlassung unterzeichnet. Wie Sie aus dem pdf entnehmen können, haben 113 Unterzeichner aus 14 Länder die Stellungnahme unterschrieben. Unter ihnen Prof. Noam Chomsky.
Stellungnahme der Jüdischen internationalen Opposition Gegen einen Angriff auf den Iran
Bemühungen, die Kriegstrommeln für einen Angriff auf Irans Kernkraftanlagen zu rühren, bestimmen das derzeitige Geschehen sowohl in den USA als auch in Israel. Nicht zuletzt die in der New York Times am 18. Juli veröffentlichte Auffassung des israelischen Historikers, Benny Morris, ist geeignet, jene politischen Kräfte zu stützen. Mit der vorliegenden Erklärung drückt die jüdische Opposition ihre Empörung aus, um diese entsetzlichen Vorschläge abzuwenden.
Dem Trommeln für einen Angriff auf den Iran widersetzt sich nicht nur eine breite gesellschaftspolitische Opposition. Es läuft gegen die stille Diplomatie, die den Iran zu ständigen Austauschbeziehungen mit der Atomenergie Agentur der Vereinten Nationen und ebenso zu wirtschaftlichen Handelsgesprächen mit den USA selbst bemühen. Israel hat sich zu einer Feuerpause verpflichtet, die sehr zur Erleichterung für die Bevölkerungen in Israel und im Gazastreifen nunmehr seit einem Monat anhält. In Anbetracht der Entwicklung einer politischen Atmosphäre der Vernunft und Verhandlung ist die militaristische Geisteshaltung bestrebt, Krieggründe hochzutreiben, um die Vorbedingungen für einen weiteren Krieg zu schaffen. Morris versucht, solche Vorbedingungen zu fabrizieren und argumentiert: Die Iraner werden sei es aus ideologischen Gründen oder aus Angst vor einem nuklearen Präventivschlag der Israelis jede von ihnen gebaute Bombe einsetzen. Darum ist ein israelischer Nuklearschlag, der die Iraner an ihren letzten Schritten zu einer Bombe hindert, wahrscheinlich. Die Alternative wäre, es zuzulassen, dass Teheran seine Bombe hat. So oder so, wäre in jedem der beiden Fälle ein mittelöstlicher Nuklear-Holocaust vorherbestimmt. (http://nytimes.com/…8morris.html)
Die Werbung mit dem Argument der Unvermeidbarkeit, spielt auf die jüdische und israelische Erinnerung an den Nazi-Holocaust an. Damit soll jede Unterstützung für einen israelischen Militärschlag gegen den Iran mobilisiert und so eine Reaktion provoziert werden, die, indem die USA hineingezogen werden, zu einem weiteren Krieg führt. Dies ist umso beklagenswerter, als immerhin 16 Geheimdienstagenturen der USA zu dem Schluss gekommen sind, dass der Iran ein Atomwaffenprogramm nicht hat und auch in den vergangenen fünf Jahren nicht hatte.
Wir feiern den heldenhaften Mut des israelischen Atom-Informanten, Mordechai Vanunu, und unterstützen, indem wir mit unserer Stimme seine Verurteilung des illegalen Kernwaffenarsenals Israels verstärken, den Aufruf für einen atomwaffenfreien Mittleren Osten.
Die Geisteshaltung, die den Rufen nach einem gegenseitigen Vernichtungskrieg als Lösung von Sicherheitsproblemen zugrunde liegt, ist erstaunlich widersprüchlich. Nur die Erfindung einer Naziähnlichen Bedrohung vermag für die Glaubwürdigkeit eines solchen Aufrufs zum Krieg herzuhalten , was mit jener Begründung für die Besatzung vergleichbar ist, die eine palästinensische Verschwörung ausmacht, die Juden ins Meer zu treiben. Auch die Anspielung auf die iranische Ideologie (Islam) als Ursache der Konfrontation hält keiner Prüfung stand. Zumal die politische Kampfansage an Israel durch den iranischen Präsidenten, Mahmoud Ahmadinejad, selbst ungeachtet aller Falschübersetzungen nicht ein Aufruf zur Vernichtung ist.
Wir streben Sicherheit für alle Betroffenen an, indem wir ein Recht auf Sicherheit für alle bejahen. Obgleich wir der Perspektive eines unvermeidbaren Konflikts keinen Glauben schenken, protestieren wir gegen die Hysterie der Iran-Bashers (Draufschläger), die nunmehr an ihren wiederholten Fehlstarts verzweifeln, einen weiteren unnötigen Krieg zu anzuzetteln. Der Versuch, den Iran zu zwingen, den Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zu entsprechen, ist rechtlich, diplomatisch und politisch kraftlos, solange die Vereinigten Staaten und Israel jede UN-Diplomatie und ebenso sämtliche Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs in Sachen Palästina, durchweg ignorieren.
Wir rufen alle auf, die gegen einen Militärschlag auf den Iran sind, Repräsentanten ihrer Regierungen anzuschreiben und aufzufordern, dass der Staat Israel, anstelle der Verkündung von Kriegsdrohungen seine Atomeinrichtungen der internationalen Inspektion zugänglich macht und in gleicher Weise, wie es der Iran schon getan hat, den Nichtverbreitungsvertrag von Nuklearwaffen (NPT Non-Proliferation Treaty) unterzeichnet.
(dtsch: Ellen Rohlfs)
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