KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Die Waffen nieder!

Von Wolfgang Gehrcke (22.1.2009)

Rede von Wolfgang Gehrcke MdB auf der Kundgebung gegen den Gaza-Krieg am 17.01.09 in Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde!

Ich bin ehrlichen Herzens, aber auch voller Zweifel zu dieser Demonstration und Kundgebung gekommen. Ehrlichen Herzens, um gerade in Zeiten des Krieges für Versöhnung zu sprechen. Versöhnung zwischen Israel und Palästina, nicht nur zwischen den Staaten, sondern zwischen den Menschen. Es macht mich sehr traurig, dass ich auf dieser Demonstration auch Sprechchöre hören musste, bis zum Tode kämpfen zu wollen und dass man seinem Nachbarn, also Israel, den Tod wünscht.

Ich sage Euch, Ihr sollt nicht für einen palästinensischen Staat sterben wollen, sondern Ihr müsst für einen solchen Staat leben. Und ich sage Euch, Ihr sollt nicht Israel den Tod wünschen, sondern Ihr solltet Versöhnung und gute Nachbarschaft wünschen.

Ich sage Euch, Palästina und Israel brauchen den Frieden. Gewalt führt immer wieder nur zu neuer Gewalt. Das muss endlich beendet werden. Ich spreche hier für Frieden und Versöhnung – für beides.

Vor dieser Kundgebung bin ich von unterschiedlichen Seiten aufgefordert worden, mich zu entscheiden: zwischen Israel und Palästina, zwischen der Angst der Menschen in Gaza und der Angst der Menschen in Israel, zwischen Gut und Böse.

Dieser Zuordnung verweigere ich mich.

Ich habe mich entschieden: gegen den Krieg und  für das Schweigen der Waffen, gegen die Hoffnungslosigkeit und für den Wunsch zu helfen. Ich habe mich entschieden gegen Gewalt und für Vernunft.

Angesichts dieses Abgrunds von Gewalt, Leid und Tod in Gaza habe ich nur einen Wunsch, nur eine Botschaft: Stoppt sofort den Krieg! Jetzt müssen die Waffen schweigen!

Ich habe viele Begründungen und Rechtfertigungen für diesen Krieg gelesen. Geglaubt habe ich die wenigsten. Und überzeugt hat mich keine.

In Kriegen stirbt zuerst die Wahrheit. Das wissen wir. Zusammen mit der Wahrheit stirbt die Hoffnung. Das befürchte ich. Ich will meine Hoffnungen nicht aufgeben, meine Hoffnung auf einen Frieden im Nahen Osten. Ich halte daran fest, dass die Palästinenserinnen und Palästinenser endlich einen eigenen, lebensfähigen Staat erhalten. Ich glaube fest daran, dass Israel und Palästina irgendwann als Nachbarn miteinander leben werden, nicht gegeneinander. Ich glaube nicht an Erbfeinde oder ähnlichen menschenverachten­den Unsinn. Der Weg zu einer friedlichen Nachbarschaft zwischen Israel und Palästina geht über die Trennung, über zwei Staaten: Israel und Palästina. Beide in gesicherten Grenzen und auf der Grundlage des gegenseitigen Verzichts auf Gewalt. Dafür setze ich mich ein.

Auf dieser Kundgebung sprechen Menschen aus Israel und Palästina. Das gibt mir Mut. In Zeiten des Krieges ist ein Zeichen der Versöhnung ein großer Schritt. Setzt Zeichen der Versöhnung – das ist mein Appell!

Die Bilder aus Gaza wühlen mich auf. Sie lassen mich nicht schlafen. Eineinhalb Millionen Menschen, eingeschlossen und abgeschlossen von der Welt, angegriffen aus der Luft, von der See, beschossen von Panzern und Geschützen. Stündlich mehr Tote und Verletzte. Dazu darf man nicht schweigen! Dazu kann ich nicht schweigen.

Dieser Krieg entsetzt mich grenzenlos. Ich weiß, neuer Hass wird sich auf alten Hass türmen. Wenn wir diesen Krieg nicht stoppen, droht uns allen, dass auch dieser Krieg wieder neuen Krieg ausbrütet.

Raus aus der Spirale der Gewalt! Das ist mein Weg. Dieser Krieg ist völkerrechtswidrig, er ist inhuman, er ist eine Katastrophe.

Ich bin kein gläubiger Mensch. In diesen Tagen ist mir aber immer wieder die alttestamentarische Geschichte von Sodom und Gomorra und von Lot durch den Kopf gegangen. Lot hat seinen Gott um die Verschonung der beiden Städte angefleht, auch wenn es dort nur einen einzigen Gerechten gäbe. Ich bitte, wenn es nötig ist, flehe ich:

Stoppt den Krieg! Um der Menschen willen. Die Menschen in Gaza wollen leben. Bomben und Raketen unterscheiden nicht zwischen Kindern, Frauen und Kämpfern, zwischen Gerechten und Ungerechten. Ich verachte Krieg und Gewalt. Gewalt und Waffen lösen keine Probleme.

Es bleibt bei der kategorischen Forderung Bertha von Suttners: Die Waffen nieder! Jetzt und sofort.

Ich will, dass sich die Menschen in Palästina endlich frei bewegen können – ohne Checkpoints, in einem eigenen Staat. Der Siedlungsbau auf der Westbank muss gestoppt werden.

Und ich will, dass die Menschen in Israel endlich keine Furcht von Anschlägen und Raketenangriffen haben müssen. Das ist mein Credo – jenseits der sogenannten großen Politik.

Beide Seiten müssen auf Gewalt verzichten!

Ist es denn zuviel verlangt, endlich zu verstehen, dass es der Fluch der Gewalt ist, dass sie immerfort neue Gewalt gebiert?

Waffenstillstand jetzt und sofort – dafür einzutreten, fordere ich von der Bundesregierung. Ich fordere die Bundesregierung auf, Waffenexporte in den Nahen Osten sofort einzustellen. Ich kritisiere die Bundesregierung, weil sie Israel genau das verweigert, was heute wichtig wäre: die ehrliche und öffentliche Kritik von Freunden.

Wenn die Waffen schweigen – oder damit die Waffen schweigen, muss der Weltsicherheitsrat der UNO seine Resolution durchsetzen:

  •        die vollständige Räumung Gazas durch Israel
  •        die Öffnung der Grenzen zu Gaza
  •        ein verbindlicher Gewaltverzicht zwischen den Konfliktparteien, der auch Angriffe auf Israel ausschließt.

Darüber muss man mit allen Konfliktparteien verhandeln.

Der Weltsicherheitsrat der UNO, das heißt: seine fünf ständigen Mitglieder müssen ihre Verpflichtung einlösen und endlich einem lebensfähigen Staat Palästina zum Leben verhelfen.

Ich frage den kommenden Präsidenten der USA Obama: Wollen Sie wirklich Ihr Amt als Präsident der USA antreten, während im Nahen Osten Krieg herrscht? Die Welt erwartet jetzt Ihre Aufforderungen, diesen Krieg sofort zu beenden.

Statt Krieg braucht Gaza einen Marshall-Plan, damit die Menschen eine soziale Perspektive, eine Chance zum Leben erhalten.

Schluss mit dem Krieg – um der Menschen Willen. Frieden, Shalom, Salam – das ist meine Entscheidung, mein Grund, warum ich hier spreche. Das ist meine Überzeugung.

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