KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Der Terror, die Angst vor dem Tod und die Lüge von der Sicherheit

Von: Didi Zach (25.3.2016)

Es war zu befürchten. Es war zu befürchten, dass es nur eine Frage der Zeit ist bis die faschistische IS auch irgendwo in West-Europa erneut ein Gemetzel durchführt. Nicht nur zu befürchten, sondern prophezeit werden kann, dass uns in den kommenden Tagen und Wochen viele PolitikerInnen und angebliche ExpertInnen erneut erklären werden, wie wir mit einem mehr an Überwachung, mit mehr Polizei und Militär, mit Grenzzäunen, strengeren Einreisekontrollen und anderen Maßnahmen trotzdem „beschützt“ werden können.

Viele Menschen, so ist zu befürchten, werden diese Lüge, die Ihnen medial in allen möglichen Formen und Varianten aufgetischt wird, auch fressen, obwohl für jede und jeden, der zwei und zwei zusammen zählen kann, klar sein müsste, dass die versprochene Sicherheit aufgrund verschiedener Entwicklungen nicht mehr Realität werden kann, sofern diese Sicherheit überhaupt jemals machbar war.
Viele Menschen werden die Lüge aber fressen, weil „der Tod“ für uns EuropäerInnen immer noch bedrohlich ist und viele von uns gerne ewig leben würden. Da hilft dann auch kein nüchterner Blick auf Tatsachen.

Tatsache ist, dass wir – sobald wir das Licht der Welt erblicken – vom Tod bedroht werden – außer mann/ frau glaubt an die Wiedergeburt oder das Leben im Jenseits. Schon als Kleinkind sind wir vom plötzlichen Kindstod bedroht, als Kinder und Jugendliche genauso wie als Erwachsene unterschiedlichen Alters sind wir von Unfällen und Krankheiten bedroht – Krebs in verschiedenen Ausprägungen, Herzinfarkt, Lungenembolie … Fast 500 Menschen sterben Jahr für Jahr auf Österreichs Straßen, Arbeitsunfälle mit Todesfolge sind auch keine Seltenheit, 25 Menschen starben in der letzten Winter-Saison in Österreich unter Lawinen.
Tatsache ist: niemand von uns weiß, wann es uns wo, wie erwischt – wir haben keine Sicherheit. Sicher ist nur, dass wir nicht ewig (auf dieser Erde) leben. Um so mehr wünschen wir uns offenbar jene Umstände, die (politisch) gestaltbar sind, zu gestalten, damit unsere Anwesenheit hier etwas länger dauert – und dies ist ja auch gut so.
Insofern finde ich es auch vollkommen richtig, dass wir versuchen politisch/ ideologisch/ religiös motivierten beziehungsweise legitimierten Terror von Einzelnen und von Gruppen, die dringendst einer psychologischen Rundum-Behandlung bedürfen würden, entgegen zu treten, denn dies ist ureigenste Aufgabe von Politik, auch wenn es Angehörige und Freunde von Toten nicht kümmert, weil Tod ist Tod.
Die Frage ist, welche Mittel im Kampf gegen politisch/ ideologisch/ religiös legitimierten Terror erfolgversprechend sind und ob wir den strukturellen Terror des kapitalistischen Alltags, von dem 99 Prozent der Weltbevölkerung betroffen sind, ignorieren wollen oder nicht.

Es kann sicherlich vortrefflich darüber gestritten werden, ob eine solidarische Gesellschaft, in der nicht Profitgier und Hass allgegenwärtig sind, eine Gesellschaft in der Massenvernichtun­gswaffen und andere Tötungsinstrumente nicht mehr gebaut werden, eine Gesellschaft, in der Minderheiten nicht mehr als solche wahrgenommen werden und Ausgrenzung nicht mehr existiert, machbar ist und ob solch eine Gesellschaft den Raum für Wahnsinn und Terror wirklich bedeutend eingrenzen würde.
Doch sind wir nicht gegenwärtig ohnedies ZeugInnen (und AkteurInnen?) einer Entwicklung, die in die entgegen gesetzte Richtung geht? Soziale Ungleichheit nimmt weltweit zu – 62 Menschen verfügen über so viel Vermögen wie 3.700.000.000 Men­schen, also die Hälfte der Menschheit. Die Waffenproduktion und die Waffenexporte aus US-amerikanischen und europäischen Waffenschmieden erreichen immer neue Höhepunkte. Rechtsextreme Parteien, die komplizierte Probleme angeblich mit einfachen Lösungen aus der Welt schaffen können, erleben quer durch Europa neue Höhenflüge. In Österreich setzt eine Regierung per Vereinbarung elementare Menschenrechte außer Kraft – auf Völkerrecht und auf die Verfassung wird geschissen. Ist es da wirklich überraschend, wenn der Irrsinn immer mehr um sich greift? Und: Was – vor allem in seinen Auswirkungen (Menschen sterben, Menschen werden liquidiert) – ist die Differenz zwischen den menschenverachten­den Zuständen in Idomeni, dem Schlachten von türkischen Paramilitärs in Kurdistan, der Tatsache, dass 800 Millionen Menschen trotz Überfluss auf dem Globus hungern müssen und dem Terror von Selbstmord-Attentätern in Madrid, Paris oder Brüssel?

Nach dem Terror von Brüssel wird uns, die wir uns vor dem Tod fürchten, erneut erklärt, polizeistaatliche Maßnahmen sind notwendig, um uns zu beschützen. Doch ein Polizist pro U-Bahn-Waggon, pro Straßenbahn, pro Bus und Polizeischutz für jedes größere Wirtshaus wird nicht machbar sein – und Selbstmord-Attentäter würden trotzdem nicht zu stoppen sein.
Und kann und muss nicht auch gefragt werden, ob nicht „unsere“ Extremisten (die, die Zäune errichten, die, die grundlegende Menschenrechte außer Kraft setzen (wollen), weil Sie mit unserer Angst vor dem Tod an den Hebeln von Macht und Reichtum verbleiben können) genau so an einer ständigen Eskalation der Gewalt interessiert sind wie die Anführer des IS und anderer faschistischer Banden, die einen Krieg gegen „die Ungläubigen“ ausgerufen haben.
Dass das US-Militär in Syrien islamistische Gruppen, die sich in Fanatismus und Grausamkeit nur marginal vom IS unterscheiden, lange Zeit tatkräftig unterstützt hat, ist bewiesen – wenn dem so ist, wie kann dann aber von einem „Krieg der Kulturen“ beziehungsweise einen „Krieg der Religionen“ gesprochen werden?

Ich erinnere mich nicht mehr – war bei Orwells 1984 für die Betroffenen eigentlich klar, ob noch Krieg mit Eurasien herrscht oder ob es sich nur um eine Inszenierung handelt, die die Macht der Elite für alle Ewigkeit schützen soll?

Übrigens: Ein Extremist namens Wolfgang Fellner, der Herausgeber einer nicht unbedeutenden Tageszeitung ist, schrieb am Tag nach den Attentaten von Brüssel: „mittlerweile muss die Diskussion erlaubt sein, ob nicht der Islam als solcher in Europa verboten werden sollte“. Ob ein besserer Beitrag zum Frieden in Österreich nicht wäre dieses Blatt einer Vor-Zensur zu unterwerfen beziehungsweise für jeden hetzerischen Beitrag 100.000 Euro einzukassieren, sollte auch erlaubt sein zu diskutieren. Vielleicht reicht es aber auch aus, wenn Herr Fellner endlich in Ruhestand geht und seine Pension genießt.


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