POSITIONEN & THEMEN
Von: Leo Furtlehner (10.4.2017)
KPÖ warnt vor schwerwiegenden Auswirkungen für den sozialen Wohnbau.
Gezielt kleingeredet werden von der SPÖ die schwerwiegenden Auswirkungen der
im „Arbeitsprogramm 2017–2018“ vorgesehenen Beteiligung privater
Investoren an den Gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV).
So wies kürzlich der Welser Heimstätte-Chef Manfred Hochhauser (SPÖ) seine
Landesparteivorsitzende Birgit Gerstorfer auf die negativen Aspekte dieser
Maßnahme hin und ortete Handlungsbedarf um den sozialen Wohnbau als eines der
zentralen Anliegen der Sozialdemokratie nicht preis zu geben. Allerdings sind
bislang keine entsprechenden Schritte der Landes-SPÖ gegen den von Kanzler Kern
schon in seinem „Plan A“ enthaltenen Einstieg privater Spekulanten bei
Wohnungsgesellschaften bekannt.
Um die Grundidee des sozialen Wohnbaus, nämlich für alle leistbare
Mietwohnungen zu bauen, zu sanieren und zu verwalten aufrechtzuerhalten ist die
Zuführung privaten Kapitals der völlig verkehrte Weg. Denn allen ist klar,
dass private Investoren entsprechende Renditen sehen wollen und diese sind
zwangsläufig nur auf Kosten der Mieten möglich.
Derzeit dürfen laut Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) maximal
3,5 Prozent des Gewinns bezogen auf das eingezahlte Stammkapital ausbezahlt
werden, der Rest muss für den Wohnbau angespart werden. Anteile dürfen nur in
Höhe des eingebrachten Stammkapitals verkauft werden. Im Gegenzug zahlen die
GBV keine Körperschaftssteuer. Nutznießer dieser Regelungen sind die
MieterInnen solcher Genossenschaftswohnungen.
Das widerspiegelt sich etwa in der Mietkostenentwicklung: Stiegen die Mieten
in Gemeindewohnungen von 2011 bis 2015 von durchschnittlich 5,5 auf 6,2 Euro
pro Quadratmeter, so in Genossenschaften von 5,7 auf 6,4, hingegen in privat
vermieteten Wohnungen von 7,1 auf 8,3 Euro pro Quadratmeter. Und der
genossenschaftliche Wohnbau ist nicht unbedeutend: Zwischen 26 (Wien) und
70 Prozent (Burgenland) der Wohnungen werden von GBV verwaltet, in absoluten
Zahlen führend mit über 120.000 Wohnungen ist Oberösterreich.
Mit Kanzler Kerns „Plan A“ wird nicht nur, aber jedenfalls auf dem
Wohnungssektor der soziale Anspruch der SPÖ ad absurdum geführt, weil den
Sonntagsreden für „soziale Gerechtigkeit“ an den Werktagen die schleichende
Zersetzung des sozialen Wohnbaus gegenübersteht und Banken, Versicherungen,
Pensionsfonds, Mitarbeitervorsorgekassen und sonstigen Investoren Tür und Tor
für saftige Profite auf Kosten der MieterInnen geöffnet werden soll.
Die bundesweit existierenden 186 GBV würden bei einer mit dem Regierungsplan
verbundenen Bewertung nach dem Gesamtkapital ein Potenzial von rund zehn
Milliarden Euro darstellen, die derzeitige Bewertung nach dem eingezahlten
Grundkapital beträgt gerade sechs Prozent davon. Verständlich, dass an diesem
„Kuchen“ großes Interesse diverser Spekulanten besteht. Nicht zuletzt
würden SPÖ und ÖVP als (Mit-)Eigentümer von Wohnungsgenossenschaften
sowohl an Gewinnausschüttungen als auch am Verkauf von Anteilen
profitieren.
Es spricht für den politischen Verfall der SPÖ, wenn sie unter dem Anspruch
„qualitativ hochwertigen Wohnraum für alle Menschen leistbar zu machen“
nicht etwa endlich eine grundlegende Mietrechtsreform oder die Wiedereinführung
der Zweckbindung der Wohnbauförderung für den sozialen Wohnbau angeht, sondern
um das „Missverhältnis von Angebot und Nachfrage“ zu beheben „privates
Kapital für den sozialen Wohnbau“ mobilisieren will und damit einen
Sprengsatz an den gemeinnützigen Wohnbau legt.
Als „Lebenszyklusmodell“ sollen über eine prämienbegünstigte
Zukunftsvorsorge Investitionen in den sozialen Wohnbau ermöglicht werden. Als
Draufgabe werden auch „institutionellen Anlegern Investitionen in Anteile
gemeinnütziger Wohnbauträger“ angeboten, wobei der „künftige
Verkaufspreis dieser Anteile über dem Kaufpreis liegen“ kann.
Auch GBV-Chef Karl Wurm kritisiert, dass mit der beabsichtigen Neuregelung der gemeinnützige Kreislauf zerstört wird auch wenn unverständlich ist, dass die GBV „die Zielsetzung der Mobilisierung von privatem Kapital für den Wohnbau“ grundsätzlich begrüßen. Befürchtet wird jedenfalls von Wurm der „Abverkauf von Anteilen an Gemeinnützigen Bauvereinigungen, steigender Druck auf Dividenden, der Abfluss von gemeinnützigem Kapital, der Verkauf von Gebäuden bzw. Wohnungen und letztlich eine Steigerung der Wohnungskosten (Mieten)“. Demnach führt der Vorschlag „nicht zu einer Erhöhung des Outputs an leistbarem Wohnraum, sondern setzt das System der Wohnungsgemeinnützigkeit aufs Spiel“.
Nach dem, mit massiver und bis heute nicht vollständig aufgeklärter Korruption verbundenen, Verkauf von rund 60.000 Bundeswohnungen von WAG, BUWOG und drei Eisenbahnerwohnungsgesellschaften unter der schwarz-blauen Regierung und dem damit verbundenen Verlust der Gemeinnützigkeit ist die jetzt unter Federführung von Kanzler Kern im Regierungsprogramm vorgesehene Maßnahme ein weiterer Schritt zur gezielten Zerstörung des sozialen Wohnbaues und der politischen Verantwortung dafür. Dagegen gilt es sich mit aller Kraft zur Wehr zu setzen!