POSITIONEN & THEMEN
Von: Michael Graber (26.1.2016)
Wenn in wenigen Tagen die Jänner-Einkommen (Löhne, Gehälter, Pensionen)
auf den Konten aufscheinen werden, werden für die meisten die Effekte der
Steuerreform zu sehen und zu spüren sein. Deshalb ist es notwendig daran zu
erinnern, dass es nicht zuletzt die 880.000 Unterschriften waren, die über
den ÖGB an die Regierung gerichtet wurden, über die die Regierung schließlich
nicht hinwegsehen konnte. Es gilt dabei aber gleichzeitig daran zu erinnern,
dass die kalte Progression seit der letzten Anpassung etwa 300 bis
400 Millionen Euro pro Jahr ins Budget geschwemmt hat und daher die fünf
Milliarden Euro die jetzt zugunsten der Lohnabhängigen bewegt werden, zum
Großteil aus diesen zusätzlichen Mittel stammen.
Wichtig ist, dass der Eingangssteuersatz, der ab Einkommen von 11.000 Euro im
Jahr fällig wird, von bisher 36,5 auf 25 Prozent abgesenkt wird. Das betrifft
in erster Linie den Großteil, das heißt über zwei Millionen
EinkommensbezieherInnen. Positiv ist auch die Steuergutschrift für Einkommen
unter 11.000 Jahreseinkommen. Trotzdem, eine gerechte Steuerreform sieht
anders aus.
2,5 Millionen Menschen deren Einkommen so gering ist, dass sie keine Lohn- oder
Einkommensteuer zahlen, erhalten heuer über die Steuergutschrift 400 Euro pro
Jahr (bisher 110 Euro). PensionistInnen, die keine Lohnsteuer zahlen, können
erstmals ebenfalls eine Steuergutschrift von 110 Euro lukrieren. Für das Jahr
2015 (55 Euro) allerdings nicht automatisch, sondern nur auf Antrag
(Steuerformular L1), was sicher viele Zehntausende, die sich nicht auskennen,
versäumen werden. Für DurchschnittsverdienerInnen, also Einkommen bis
25.000 Euro pro Jahr wird die Steuerersparnis etwa 300 bis rund 900 Euro pro
Jahr betragen. Anders sieht es bei den Hoch- und Spitzenverdienern aus. Ab
Jahreseinkommen von etwa 100.000 Euro beträgt das Steuerersparnis 2.400,–
pro Jahr und darüber. Diese rund hunderttausend Menschen cashen also am meisten
ab. Ist das gerecht?
Dazu greift der Spitzensteuersatz von 50 Prozent erst für Jahreseinkommen
über 90.000 Euro (bisher 60.000 Euro) und ab einer Million mit 55 Prozent,
der ist aber zeitlich begrenzt und betrifft weniger als vierhundert Leute.
Während sich die Regierung also viel darüber den Kopf zerbrochen hat, wie man
auch den Reichen etwas zukommen lassen kann, hat sie auf die untersten
Einkommen, die AusgleichszulagenbezieherInnen unter den PensionistInnen
„vergessen“. Diese 250.000 Menschen, die unter der Armutsgrenze leben,
erhalten nichts. Das ist der eigentliche Skandal dieser „Reform“. Die
Ausrede dafür besteht darin, dass eine Gutschrift die Ausgleichszulage senken,
also insgesamt nicht mehr herauskommen würde. Auf die Idee, eine
Steuergutschrift für AusgleichszulagenbezieherInnen gesetzlich von der
Bemessungsgrundlage für die Ausgleichszulage auszunehmen, kommt in dieser
Regierung offenbar niemand, will auch niemand kommen, es handelt sich ja ohnehin
nur um die Ärmsten der Armen und überwiegend um Frauen.