POSITIONEN & THEMEN
Von: Michael Graber (22.11.2016)
Eine finanzielle Mindestsicherung die diesen Namen verdient, gesicherte Pensionen, … wären leistbar, würden die Beiträge der Unternehmen zur Sozialversicherung nicht nur auf Basis der Lohnsumme errechnet werden. Eine Darstellung dessen, was eine – linke – Wertschöpfungsabgabe leisten kann. Teilabdruck aus Volksstimme 11/2016
Die Wertschöpfungsabgabe steht seit Beginn der 80er Jahre, als sie der damalige Sozialminister Dallinger als Gesetzentwurf vorlegte, aber von der damaligen SPÖ Alleinregierung nicht umgesetzt wurde, auf der sozialpolitischen Agenda.
Warum?
Das österreichische System der Sozialversicherung (Arbeitslosen-, Unfall-,
Kranken- und Pensionsversicherung und Familienlasten- und
Insolventsentgeltausgleichsfond) basiert neben den Beiträgen der Arbeiter
und Angestellten auf Abgaben der Unternehmen auf Basis der Lohnsumme. Gemessen
am Volkseinkommen – also die Summe aus Löhnen und Gehältern auf der einen
und Kapitaleinkommen (Gewinne, Zinsen, Dividenden, Mieteinnahmen) auf der
anderen Seite – geht der Anteil der Löhne und Gehälter seit den 70er Jahren
tendenziell zurück. Die Bemessungsgrundlage der Dienstgeberabgaben in die
Sozialversicherung geht also, trotz des Beschäftigungszuwachses relativ
zurück. Die Produktivitätsgewinne in der gesamten Wirtschaft erhöhen
überproportional die Kapitaleinkommen, die zusätzlich zu den Kapital- und
Gewinnsteuersenkungen der letzten zwei Jahrzehnte relativ immer weniger zur
sozialen Sicherheit beitragen.
Marxistisch gesprochen: obwohl sich die Mehrwertmasse absolut und relativ zum
Volkseinkommen ständig erhöht, trägt dieser Bestandteil des
gesellschaftlichen Reichtums relativ immer weniger zur sozialen Sicherheit
bei.
Eine Wertschöpfungsabgabe, die hier eingreift, könnte eine Umverteilung von
oben nach unten bewirken und es könnten alle Schichten der
Bevölkerung – Arbeitende und PensionistInnen- stärker an dem von ihnen
erarbeiteten gesellschaftlichen Reichtum teilhaben. Das Eingreifen
müsste darin bestehen, alle Mehrwertbestandteile der Unternehmen und nicht
nur die Lohnsumme als Bemessungsgrundlage für die Abgaben in die
Sozialversicherung zu nutzen. Diese Mehrwertbestandteile sind der Gewinn, die
an die Banken und Versicherungen zu zahlenden Zinsen und Prämien, Mieten,
Pachten und Steuern. Dazu käme noch jener Teil der Abschreibungen, die nicht
dem Kapitalerhalt dienen, sondern ausschließlich der Gewinnerhöhung. Die
Rechnungslegung aller Unternehmen ist heute so organisiert, dass diese
Komponenten eindeutig zu identifizieren sind.
Es wird in dieser Konzeption also die tatsächliche Wertschöpfung herangezogen und nicht die Investitionen. Der denunziatorische monströse Begriff „Maschinensteuer“ greift also ins Leere. Wenn allerdings damit gemeint wird, dass eine stärkere Heranziehung der Wertschöpfung zu geringeren Investitionen führen würden, so zeigt die Entwicklung der letzten Jahre – ohne Wertschöpfungsabgabe -, dass das derzeitige Stagnieren der Investitionen einerseits etwas mit dem Finanzkapitalismus zu tun hat – andererseits mit dem Stagnieren der Masseneinkommen und der Austeritäts (Spar)politik. Die Wertschöpfungsabgabe könnte also im Gegenteil ein Bestandteil einer Wende in der Wirtschaftpolitik sein, die auch zur Einschränkung der Finanzinvestitionen und damit zu mehr Stabilität führen würde.
Soweit der linke Konzeption – aber Wertschöpfungsabgabe ist nicht Wertschöpfungsabgabe, wie die aktuelle Diskussion zum Thema zeigt. Ihr tatsächlicher Inhalt hängt vom Klasseninhalt ab – lesen Sie dazu die vollständige Analyse von Michael Graber: „Kerns Täuschungsmanöver“ in der Volksstimme vom November 2016.