KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Das Öl und der "Krieg gegen Terror"

Christa Braun in der Volksstimme, Nr. 49/2001. (Die linke Wochenzeitung Volksstimme kann zum Preis von ÖS 400,--/ Jahr abonniert werden. E-Mail an volksstimme@magnet.at).


Bereits kurz nach den ersten US-Bombardements auf Afghanistan tauchten im Internet Berichte über die Öl-Interessen der Amerikaner in diesem Gebiet auf. Ein jüngst in Frankreich erschienenes Buch erhärtet den Verdacht, dass der "Strike against Terror" nicht nur der "Ausrottung des Bösen" dient.

Von Christa Braun

Öl – dieses kapitalträchtige Wort blitzt immer wieder in den Diskussionen über die Terrorakte vom 11. September und den Krieg in Afghanistan auf. Auf der Suche nach den Motiven Osama bin Ladens und der Al-Quaida brachten etliche Experten die These ins Spiel, dass es dem Terrornetzwerk um eine Destabilisierung der saudischen Monarchie gehen könne. Immer wieder zitierten insbesondere die europäischen Massenmedien ein älteres bin Laden-Interview, in dem Amerikas Staatsfeind Nr. 1 den USA vorwarf, den islamischen Ländern das "Schwarze Gold zu stehlen".
Von den vermeintlichen Öl-Interessen eines Herrn Bin Laden bis zu jenen der USA war es nur ein kleiner Schritt, wenngleich sich diesbezügliche Hypothesen zunächst vorzugsweise im Internet verbreiteten. Denn abgespeist mit der dünnen Suppe aus hüben wie drüben zensuriertem Material über den Krieg in Afghanistan, haben sich die Internet-UserInnen wieder einmal ihre eigene Info-Welt geschaffen. Die Verschwörungstheorien kursieren seit der Stunde Null, dem 11. September, in den Weiten des World Wide Web und trieben in den letzten Wochen immer neue Blüten. Neben dem Kampf gegen Terrorismus ginge es schlicht um Geschäftsinteressen der amerikanischen Ölindustrie, so eine der Behauptungen, die sich rasend schnell verbreitete. Tatsächlich sprechen viele Fakten und noch mehr Indizien dafür, dass zumindest ein Körnchen Wahrheit in dieser steckt.

Pipeline durch Afghanistan

Zurück an den Anfang. Seit der Öl-Krise in den 70er Jahren versucht die amerikanische Ölindustrie die Marktdominanz der OPEC zu brechen. In diesem Zusammenhang kommt Kasachstan und dem zentralasiatischen Raum eine bedeutende Rolle zu. Eines der größten Ölfelder der Welt, das Tengiz-Becken mit schätzungsweise neun Milliarden Barrel, liegt in Kasachstan, einem Anrainerstaat des Kaspischen Meeres. Der amerikanische Ölmulti Chevron hat sich hier in einem 20-Milliarden-Dollar- Jointventure namens Tengiz-Chevroil auf mehrere Jahrzehnte an die staatliche Ölgesellschaft in Astana gebunden. Vor etlichen Jahren bereits schmiedeten US-Ölkonzerne Pläne für die Errichtung einer Pipline zwischen Turkmenistan und Pakistan. Die geplante Route verlief quer durch afghanisches Gebiet. Als in amerikanischen Medien ruchbar wurde, dass es diesbezüglich Gespräche zwischen amerikanischen Ölmultis und den Taliban gab, übten Menschrechtsgruppen und die US-Grünen massiven Druck auf die Clinton-Administration aus. Eine der führenden Firmen, die texanische UNOCAL, legte das Projekt schließlich Ende 1998 auf Eis. Noch heute
Im Internet wird nun sinngemäß kolportiert, dass das Taliban-Regimes durch Pakistan und die CIA vor dem Hintergrund der geplanten Pipeline installiert wurde, zumal die "Schüler des Islam" mit ihrer "Law-and-Order"-Politik hervorragende Wächter des Projekts abgeben würden. Man rufe sich in Erinnerung, dass 1996 noch die Nordallianz in Kabul wirkte und zu dieser Zeit chaotische Bürgerkriegszustände in Afghanistan herrschten. Dies wäre sicher kein ruhiges Umfeld für die Errichtung einer Pipeline gewesen.

Öl-Interessen von hochrangigem FBI-Mann bestätigt

Inzwischen – Mitte November dieses Jahres – ist in Frankreich ein Buch erschienen, das nun die These, dass die USA die Taliban unterstützen wollten, um den Zugang zu den zentralasiatischen Ölreserven zu erschließen und abzusichern, erhärtet. Außerdem versuchen die Buchautoren zu belegen, dass militärische Interventionen von seiten der USA bereits früh ins Auge gefasst wurden, sollten die Taliban nicht spuren. Das Werk wurde von den Geheimdienst-Experten und Betreibern von Intelligence Online, Jean-Charles Brisard und Guillaume Dasquie verfasst und trägt den Titel "Bin Laden – la verite interdite". In einer Buchbesprechung fasst Julio Goday einige Thesen von Brisard und Dasquie zusammen: "Die Autoren schreiben, dass es das Hauptziel der USA war, das Taliban-Regime zu konsolidieren und sich so den Zugang zu den zentralasiatischen Ölreserven zu sichern. Bis Anfang August 2001 sahen die USA die Taliban als "eine Quelle der Stabilität in Zentralasien, die den Bau einer Pipeline ermöglichen würde, die die Ölfelder Turkmenistans, Kasachtans und Usbekistans durch Afghanistan und Pakistan mit dem Indischen Ozean verbindet". Bisher, so heißt es weiter, "wurden die Ölreserven Zentralasiens von Russland kontrolliert. Das wollte die Bush-Regierung alles ändern." Doch konfrontiert mit der Weigerung der Taliban, auf die US-Konditionen einzugehen, "wandelten sich", so die Autoren, "die energiepolitischen Anstrengungen in militärische"."
Brisard und Dasquie können sich – zumindest was die Öl-Interessen Amerikas betrifft – auf durchaus prominente Aussagen berufen. So trafen sie etwa den seit 1993 mit den Ermittlungen gegen bin Laden betrauten Abteilungsleiter des FBI, John O´Neill. Er trat im August dieses Jahres aus Protest zurück, zumal die Ermittlungen von "höherer Stelle" immer wieder behindert wurden. "Das größte Hindernis bei den Ermittlungen gegen islamistische Terroristen" , betonte O´Neill gegenüber den Buchautoren, "waren die Interessen der US-Ölkonzerne und die Rolle Saudi-Arabiens". Dies als bloße Hirngespinste eines gescheiterten Westentaschensheriffs abzutun, wäre zu einfach. Immerhin hatte O´Neill eine wichtige Position beim FBI inne und nach seiner Demission war er Sicherheitschef des World Trade Centers. Er hätte wohl kaum diesen guten Job mit windigen Aussagen gefährdet. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass O´Neill bei den Anschlägen vom 11. September ums Leben kam.

Lange geplanter Krieg?

Einen Teppich aus Gold oder Bomben wollten die Amerikaner den Taliban bescheren, bilanzierte Brisard in einem Interview, den letzten Stand der Gespräche zwischen den beiden Parteien. Unterschiedliche Versionen kursieren über den Zeitpunkt, an dem die USA, respektive ihre Geheimdienste, Gespräche mit den Taliban beendeten. Vereinzelt heißt es, dies wäre bereits 1998 geschehen. Andere Berichte sprechen davon, dass sich Geheimdienstler noch im Sommer dieses Jahres mit Taliban- respektive Al-Quaida-Vertretern getroffen hätten.
Auf vielen alternativen Internetseiten (etwa Indymedia-Deutschland) setzte sich mittlerweile das gewichtige Wort vom "lange geplanten Krieg" durch. Die USA hätten die Attentate auf das World Trade Center und das Pentagon als Anlass genommen, endlich jene militärische Intervention zu starten, die sie bereits lange zuvor ins Auge gefasst hatten. Dieser Vorwurf an die USA wiegt schwer und lässt sich kaum beweisen. Allerdings gibt es Hinweise, dass die USA bereits vor dem 11. September die Nordallianz in ihrem Kampf gegen die Taliban unterstützten. Das weltweit renommierteste Magazin für Militär- und Verteidigungsfragen "Jane´s Security" berichtete am 15. März dieses Jahres über eine sich international formierende Anti-Taliban Koalition. In dem Artikel von Rahul Bedl heißt es, dass Indien, Russland und der Iran Anti-Taliban-Operationen vorbereiten beziehungsweise unterstützen würden. Diese Länder sollten den Recherchen von Jane´s Security zufolge Unterstützung am Boden garantieren. Dafür hätte Indien Kriegsgerät sowie fünfundzwanzig Armee-Ärzte und Krankenp

Ölige Bush-Adminstration

Die Verfechter der These, die USA würden mit dem "Krieg gegen den Terror", eigentlich ihre eigenen Öl-Interessen verfolgen, werfen gerne das ganze Gewicht der persönlichen Verbindungen der Bush-Regierung zu den amerikanischen Öl-Konzernen in die Waagschale. Die privaten Verflechtungen führender Regierungsmitglieder mit diesem bedeutenden Industriezweig wiegen tatsächlich schwer. Damien Caveli verfasste für das "Center for Research on Globalisation" einen mehrseitigen Beitrag zu diesem Thema. "The United States of Oil", so der Titel, listet die Verstrickungen penibel auf. Caveli beginnt ganz oben bei George W. Bush, dessen Familie seit den fünfziger Jahren einen Öl-Konzern betreibt, geht weiter zu dem derzeitigen Vize-Präsidenten Dick Cheney, der in den späten 90er-Jahren CEO von Halliburton war, einem der weltweit größten Öl-Konzerne. Halliburton war selbstredend in die Pipline-Pläne im zentralasiatischen Raum eingeweiht. Condolezza Rice schließlich, die amerikanische Sicherheitsberaterin, war vor ihrem Engagement in der Bush-Regierung im Vorstand von Chevron tätig. Der Wirtschaftssekretär, Donald Evans, wiederum war CEO der Tom Brown Inc. – einer Erdgasfirma, mit Feldern in Texas, Colorado und Wyoming. Die Liste der Öl-erfahrenen Mitglieder der Bush-Administration ließe sich noch lange fortsetzen. An mehreren Einzelbeispielen vollzieht der Bericht auch die finanziellen Verflechtungen in der Energieindustrie nach. Aber, so fragt Autor Caveli, reicht dies aus, um die aktuelle US-Außenpolitik damit zu erklären? Caveli kommt letztlich zum Schluss, dass es bisher keine klare Evidenz gebe, dass die Wünsche der Öl-Industrie tatsächlich die US-Außenpolitik steuern könnten. Im Gegenteil, so meint er, wenn jemals etwas den Einfluss der Energieindustrie geschmälert hätte, so wären es am ehesten noch die terroristischen Attacken vom 11. September gewesen. – Die kapitalen Interessen der amerikanischen Öl-Multis an einer bestimmten Ausrichtung der US-Außenpolitik lassen sich dennoch nicht ganz von der Hand weisen. Dem Senior Editor des Wochenmagazins "New Republic", Gregg Easterbrook, wird der treffliche Ausspruch zugeschrieben: "Das Weltbild der Bush-Regierung ist das Weltbild von Ölmännern".

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