NELF-Erklärung/Nov. 2001/Athen

Erklärung des XXI. Treffens des Forums der Neuen Europäischen Linken (NELF) vom 2. bis 4. November 2001 in Athen

Die Parteien des NELF, die sich in Athen zu ihrem 21. Treffen zusammengefunden haben, bringen ihre tiefe Sorge über die internationale Lage zum Ausdruck, die von wachsender Gewalt und Unsicherheit geprägt ist.

Die Terroranschläge vom 11. September in den USA sind von den NELF-Parteien scharf verurteilt worden. Sie sind ein abscheuliches Verbrechen, das sich nicht nur gegen das amerikanische Volk, sondern gegen die ganze Menschheit richtet. Wir haben von Anfang an klar gestellt, dass Terrorismus weder gerechtfertigt, noch geduldet werden darf, dass die Schuldigen ermittelt, vor Gericht gestellt und bestraft werden müssen.

Zugleich erklären wir, dass der Kampf gegen den Terrorismus globale Zusammenarbeit im Rahmen der UNO erfordert und unter strikter Einhaltung der Grundsätze der Demokratie und des Völkerrechts, von Geist und Buchstaben der Charta der Vereinten Nationen erfolgen muss. Er darf nicht zu einem Konflikt des Westens mit dem Islam auch nicht in die verhängnisvolle Falle eines ?Kampfes der Kulturen? führen. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Beseitigung der Ursachen, die dem Terrorismus zu Grunde liegen, eine neue Politik erfordert, die auf den Abbau der Armut, die Überwindung der Kluft zwischen Nord und Süd, die Bekämpfung von Militarismus und Rassismus sowie die Gewährleistung einer dauerhaften, humanen Entwicklung der ganzen Menschheit gerichtet ist.

Krieg ist keine Antwort auf den Terrorismus. Im Gegenteil, Terrorismus und Krieg nähren einander. Deshalb sagen wir nein zum Krieg und zum Terrorismus.

Wir fordern die Einstellung des Krieges und werden dazu beitragen, politische Prozesse in Gang zu setzen, die zu einem sofortigen Stopp der Militäraktionen führen. Dabei müssen die UNO und andere internationale Organisationen eine entscheidende Rolle spielen. Wir fordern die EU auf, aktive Schritte in dieser Richtung zu unternehmen.

Die neue Situation seit dem 11. September hat neue Gefahren der Militarisierung des internationalen Lebens und neue Herausforderungen für die Sicherheit mit sich gebracht. Die Ideen der Neuen Europäischen Linken von gemeinsamer Sicherheit, Sicherheit für alle, Sicherheit durch Abrüstung und Sicherheit in Gerechtigkeit sind heute aktueller denn je. Unsere Vision von einem neuen Europa in einer neuen Welt (Hauptlosung der Gründungsdeklaration des NELF von Barcelona 1993) ist wieder sehr zeitgemäß.

Ausgehend von diesen gemeinsamen Prämissen werden die NELF-Parteien in den kommenden Monaten folgende gemeinsamen Initiativen und Aktionen unternehmen:
Entwicklung einer europaweit koordinierten neuen Massenbewegung für Frieden und Abrüstung. In diesem Zusammenhang rufen wir für den 10. Dezember 2001 anlässlich des Tages der Menschenrechte zu einem Europäischen Aktionstag auf. Wir unterstützen aktiv die Initiative der Bertrand-Russell-Friedensstifftung, im Januar 2002 im Europäischen Parlament eine Konferenz für Frieden und Menschenrechte zu veranstalten;


Teilnahme des NELF-Frauen-Netzwerkes an einer Konferenz für die Rechte der Frauen in Afghanistan am 6. Dezember 2001 in Brüssel;


Unterstützung der Initiative für ein Internationales Friedenstreffen auf breitest möglicher Grundlage am 25. Dezember 2001 in Bethlehem und Jerusalem. Fortsetzung der Bemühungen des NELF um eine Lösung der Palästinafrage und die Verwirklichung der UN-Resolutionen zum Nahen Osten. Außerdem Förderung einer engeren Zusammenarbeit Europa-Mittelmeerraum, um das Nord-Süd-Gefälle in dieser Region abzubauen;


Konsultationen mit Menschenrechtsorganisationen und anderen sozialen Bewegungen in Europa über die Gefahren des Abbaus von Menschen- und Bürgerrechten im Namen der Terrorismusbekämpfung, über die geplanten Anti-Terrorismus-Gesetze der EU;


Initiativen zur Weiterentwicklung und Demokratisierung der UNO – eine Aufgabe von wachsender Bedeutung und ein Bereich der Zusammenarbeit der europäischen und globalen Linken mit den sozialen Bewegungen;


Zusammenarbeit mit der GUE/NGL-Fraktion im Europäischen Parlament für eine gemeinsame Aktion zum EU-Gipfel im Dezember;


Teilnahme am zweiten Weltsozialforum in Porto Alegre, verstärkte Zusammenarbeit des NELF mit dem Forum von Sao Paulo bei dessen Vorbereitung.

Athen, 4. November 2001