KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Krieg ohne Ende



Der "Krieg gegen den Terrorismus" könne auch zehn Jahre dauern, hieß es zunächst. Nun wird schon von einem Krieg ohne Ende gesprochen. Damit wird Krieg zum Normalzustand.

Die amerikanischen Könige der Lüfte erklären, den Luftkrieg gegen Afghanistan gewonnen und damit den Weg zu weiteren Kriegshandlungen freigemacht zu haben. Wie aus dem Pentagon bekannt wurde, befinden sich bereits Bodensoldaten in den Schluchten des Hindukuschs, wo sie auch schon in Kampfhandlungen mit den Taliban-Milizen verwickelt worden seien. US-Außenminister Powell will den Krieg noch vor Einbruch des Winters beendet sehen. Vizepräsident Cheney kann sich hingegen vorstellen, dass der "Krieg gegen den Terrorismus" niemals enden werde. Der permanente Krieg als Antwort auf die gescheiterte permanente Revolution?


Die neue US-Militärdoktrin vom Krieg ohne Ende bedeutet das Ende der Vorstellung vom Krieg als Ausnahmezustand bzw. macht die Ausnahme zur Regel. Die internationale Staatengemeinschaft hat sich dem Kriegsrecht ergeben, und die bürgerlich liberale Vision einer Welt-Innenpolitik, die angeblich die "globale Zivilgesellschaft" konstituieren soll, nimmt als globaler Ausnahmezustand real Gestalt an. Der Krieg ist die Negation jeder Demokratie, auch jener Demokratie, die die Missionare des westlichen Wertekanons weltweit durchzusetzen vorgeben. Am Beispiel Jugoslawien wurde anschaulich demonstriert, wie über eine bürgerlich-verfasste Gesellschaft von außen der Ausnahmezustand verhängt und das Recht auf freie Wahl von Kanonenbooten außer Kraft gesetzt werden kann. Völker, die andere Völker unterdrücken, können selbst nicht frei sein, meinte Karl Marx. Länder, die anderswo die Demokratie für suspendiert erklären, können sich auch ihrer eigenen demokratischen Errungenschaften nicht sicher sein.


Die Vision eines nie zu Ende gehenden Krieges kann natürlich nicht auf Afghanistan allein bezogen sein. Hier gibt es nichts mehr zu zerstören, das nicht schon längst zerstört ist. Die toten ZivilistInnen, die als Kollateralschäden verbucht werden, sind nicht Opfer von Kriegsunfällen, sondern von terroristischen Anschlägen gegen Wehrlose – in der Absicht, die Zivilbevölkerung in Panik zu versetzen. Nach Angaben des Taliban-Regimes ist in Herat ein Krankenhaus bombardiert worden. Dabei seien 80 Menschen getötet und alle medizinischen Einrichtungen zerstört worden. Das mag eine Behauptung von Kriminellen sein. Unglaubwürdig ist sie deshalb nicht. Verletzungen elementarster zivilisatorischer Regeln, wie die Konventionen vom Internationalen Roten Kreuz, sind eine Wesenseigenschaft amerikanischer Kriegsführung – von Vietnam bis Afghanistan zieht sich die Blutspur -, und dieser Kriegsführung haben sich unter dem Eindruck des 11. September nun auch die "Alliierten im Kampf gegen den Terror" angeschlossen. Die Perfidie dieses Krieges gegen den Terror besteht in seinem eigenen terroristischen Charakter, in der Logik von Geiselnahme und Erpressung. Weil der, wie immer behauptet wird, international vernetzte Terror nicht zu fassen ist, werden ganze Länder in Geiselhaft genommen, werden ZivilistInnen exekutiert.


Wenn sich der Kampf gegen afghanische Windmühlen und wehrlose AfghanInnen erschöpft hat, ohne dass damit der Stolz der Bush-Administration, einen nie da gewesenen Krieg angezettelt zu haben, befriedigt worden ist, dann wird das Pentagon andere Betätigungsfelder zur Durchsetzung der globalisierten McCarthy-Doktrin über die Bekämpfung "unamerikanischen Verhaltens" finden.
Sollte der Krieg tatsächlich die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sein, dann dürfte dieser Krieg an den Widersprüchen der Politik scheitern. Es liegt im Wesen eines endlosen Krieges, dass er am Ende verloren geht. Das zeichnet sich bereits in Afghanistan ab. Bin Laden, auch wenn sie ihn fassen sollten, wird auf afghanischem Territorium nicht zu besiegen sein. Denn das "Böse", so wollen es zumindest die Manichäer wissen, ist immer und überall. Die Beseitigung des Taliban-Regimes ist eine Aufgabe, die den Amerikanern allein aus konjunkturellen Gründen wichtig scheint. Es sind schließlich die Geschöpfe des US-gegängelten pakistanischen Geheimdienstes, die in Afghanistan ein Terrorregime ausüben. Die Nordallianz, die sich nun amerikanischer Gunst erfreut, ist die Gegenkraft zur pakistanischen Hegemonie in der Region. Da die Allianz überwiegend aus Ethnien besteht, die in den postsowjetischen Republiken Tadschikistan und Usbekistan ihre Mutterländer haben, würde ihr Sieg dem russischen Interesse nach Stabilität in Mittelasien entgegenkommen. Der US-Krieg gegen die Taliban ist ein Krieg gegen die eigenen strategischen Interessen, die vor dem 11. September 2001 auf die islamistische Destabilisierung des mittelasiatischen Raumes gerichtet waren.


Auch im Nahen Osten ergibt sich für die USA ein strategisches Dilemma. Israel will seinen Kampf gegen den "islamistischen Terror" in Eigenregie führen und brüskiert damit die arabischen US-Verbündeten.
Die weltpolitische Konstellation hat sich seit dem Golf-Krieg dramatisch verändert. Damals hatte der Osten aufgegeben und der Süden sich in sein Schicksal als unterprivilegierter Teil der Welt gefügt. Heute ist der Süden in Aufruhr. Schafft zwei, drei, viele Vietnam, forderte einst Che Guevara. Nun provozieren die USA zwei, drei, viele Afghanistan. Und schaufeln sich damit ihr eigenes Grab.

Werner Pirker

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