KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

US-Kommandeure befehligen Massaker an Gefangenen


Einheitender Nordallianz haben am Sonntag, dem 25.11., unter Oberbefehl US-amerikanischer Einheiten ein brutales Massaker an gefangenen Taliban-Kämpfern verübt.

Von Michael Pröbsting

Berichte über die am Sonntag in der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Festung Kalai Dschanghi bei Masar-i-Scharif ausgebrochenen Kämpfe sprechen von bis zu 1000 Gefangenen, die dabei getötet wurden. Nordallianz-General Dostum und der Pentagon Sprecher Oberstleutnant Dan Stoneking leugnen jegliches Fehlverhalten ihrer Einheiten. Angeblich hätten sie nur einen Gefängnisaufstand von Taliban-Kämpfern niedergeschlagen.Die Fakten legen allerdings eine andere Interpretation der Ereignisse nahe. Schon vor dem Ausbruch des angeblichen Gefängnisaufstandes veröffentlichte etwa die US-amerikanische Zeitung ?Los Angeles Times? einen Bericht, in dem es u.a. heißt: "Auf der westlichen Seite des Kessels von Kundus legten 1.000 Taliban Kämpfer ihre Waffen nieder. Und wurden in das Dorf von Kalai Dschanghi gebracht, wo sich ein großes Gefängnis befindet. (...) Einige Beobachter befürchten, dass der Hass auf die Taliban seitens der Nordallianz so groß ist, dass die Taliban-Gefangenen Misshandlungen ausgesetzt werden könnten oder sogar Massenexekutionen" ("Los Angeles Times", 25. 11. 2001; alle zitierten Berichte stammen in der Folge – wenn nicht anders genannt – vom 25.11. und wurden den Websites der jeweiligen Zeitungen bzw. Nachrichtenagenturen entnommen.) Den beiden Journalistinnen, die diesen Artikel verfassten, fiel ganz offensichtlich bereits der Wille zur Massenexekution seitens der Nordallianz-Soldaten auf.
Die westliche Nachrichtenagentur AP wiederum zitiert den Pentagon Sprecher Stoneking mit den Worten, dass "in die Kämpfe (beim Gefängnisaufstand, Anm.) ca. 300 "hard-core Taliban" Gefangene involviert waren, die meisten davon aus Pakistan und Tschetschenien. Er sagte, dass einige der Kämpfer Waffen in das Gefängnis geschmuggelt hätten und damit begannen, gegen die Einheiten der Nordallianz zu kämpfen." Die Angaben hierzu sind widersprüchlich. Reuters spricht von "ungefähr 500 Gefangenen, die zu El Qaida gehören und die sich Kalaschnikow Maschinenpistolen und Granaten angeeignet hätten ". Alex Perry wiederum, Korrespondent von "Time-Magazin", der Augenzeuge dieses Ereignisses wurde, nannte die Zahl von 800 Gefangenen, die meisten davon Afghanen. Jedenfalls spricht Reuters weiters davon, dass "der Nordallianz-General Abdul Rachid Dostum 500 Soldaten für einen Gegenangriff mobilisierte" und – in den Worten des Pentagon-Sprechers – "wurden diese dabei durch Angriffe der US-Luftwaffe unterstützt". Reuters zitiert einen weiteren anonymen Pentagon-Funktionär, "die nicht-afghanischen Taliban-Kämpfer nahmen den südlichen Teil der Festung ein, bevor AC-130 gunships und Black Hawk Hubschrauber der Nordallianz halfen, die Ordnung wieder herzustellen."

Laut Angaben von Alex Perry starb bei den Auseinandersetzungen zumindest ein US-amerikanischer Soldat – Mitglied einer Spezialeinheit. Das Pentagon leugnet – wie immer seit Kriegsbeginn – jegliche Verluste.
Schließlich sei noch ein Bericht von Reuters erwähnt, wonach "ungefähr 40 US-Spezialeinheiten sich beim Fort befänden, dieses jedoch aufgrund der heftigen Kämpfe nicht betreten würden." Auch in dieser Frage gibt es einige Ungereimtheiten und widersprechende Aussagen, die alle darauf hinweisen, dass es bei den Angriffen auf das Gefängnis nicht um die "Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung" ging, sondern viel mehr um ein Massaker an großteils wehrlosen Gefangenen unter Oberbefehl US-amerikanischer Kommandeure. Zuallererst gilt es die Tatsache festzuhalten, dass sich diese bis zu tausend Taliban-Kämpfer am selben Tag, dem 25.11., ergeben hatten. Angesichts der Feststellung, dass es sich dabei um sogenannte "hard-core Taliban" handelte, kann es als sicher angenommen werden, dass die Soldaten Dostums und der US-Spezialeinheiten – welche Dostums Truppen seit Beginn des Krieges begleiten und "beraten" – die Gefangenen auf versteckte Waffen hin durchsucht haben. Immer wieder erklärten die Nordallianz-Sprecher, dass die "hard-core Taliban" bis zum Letzten kämpfen würde. Wir haben also keinen Grund anzunehmen, dass Dostum und seine US-Ratgeber naiv oder von Großmut übermannt waren, als sie die Taliban gefangen nahmen. Auf jeden Fall kann ausgeschlossen werden, dass die Gefangenen in einem relevanten Ausmaß Waffen in das Fort schmuggeln konnten.

Auch die zweite Behauptung von Nordallianz- und Pentagon-Sprechern ist zweifelhaft. Sie sagen, dass die Gefangenen die Wachen überwältigt hätte und so an Waffen herangekommen wären. Auch dies ist zwar nicht auszuschließen, aber auch hier muss davon ausgegangen werden, dass die Taliban nur wenige Waffen erobern konnten. Schließlich gibt das Pentagon zwar zu, dass die tödlichen AC-130 gunships und Black Hawk Hubschrauber der Nordallianz halfen, "die Ordnung wieder herzustellen". Aber sie behaupten, dass die 40 Spezialeinheiten sich nicht an den Kämpfen beteiligt hätten, wegen der schweren Auseinandersetzungen in der Festung. Auch das ist unlogisch, denn die Truppen wurden ja wohl deswegen herangeschafft, weil die Auseinandersetzungen angeblich so schwer waren. Und dann sollen sie die Kampfhandlungen nur beobachtet haben? Glücklicherweise gibt es einen Augenzeugenbericht von Alex Perry. Dieser berichtete während der Aktion live über Telephon, dass "die amerikanischen und britischen Truppen sich an den Aktionen zur Niederhaltung der Angriffe (der Taliban-Gefangenen, Anm.) beteiligen. Sie sind eine Handvoll. Ich würde sagen zwölf."
Laut Perry handelte es sich bei diesen westlichen Soldaten nicht um bloße Beobachter, "sondern die Amerikaner haben das Kommando. Ja, die Amerikaner und die Briten koordinieren die Luftangriffe von ihren Positionen von einem anderen Abschnitt innerhalb des Forts (nicht außerhalb, wie das Pentagon behauptet, Anm.). Und sie leiten auch die Kommandeure (der Nordallianz, Anm.) im Fort an und sagen ihnen, wann ihre Männer angreifen sollen." Perry machte sich keine Illusionen über die Absichten der westlichen und afghanischen Kommandos bezüglich der Taliban-Gefangenen: "Die Mission der Einheiten der Amerikaner und der Nordallianz ist es, jeden einzelnen von ihnen umzubringen."

Während wir nicht ausschließen können, dass die Gefangenen eine Fluchtversuch machten und eventuell sogar einige Waffen besaßen, so ist es doch höchst wahrscheinlich, dass sie keine ernste Bedrohung für die schwer-bewaffneten Einheiten von General Dostum oder die US-Spezialeinheiten mit ihren gunships darstellen konnten. Die Gefangenen hatten keine Chance. Ihnen wurde bei den Kapitulationsverhandlungen in Kundus eine faire Behandlung versprochen. In Wirklichkeit wurden sie Opfer eines kaltblütigen Massakers, angeführt von US-amerikanischen Spezialeinheiten. Während wir diesen Artikel schreiben, berichtet die britische Nachrichtenwebsite telegraph.co.uk am 26.11., dass sich noch ca. hundert überlebende Gefangene in einen Turm retten konnten und sich mit Steinen (!) gegen die Angreifer wehren. Bush, Rumsfeld und all die anderen Führer der weltbeherrschenden Supermacht haben von Anfang an klar gemacht, dass sie Osama bin Laden, El Qaida und die Taliban-Kämpfer lieber tot als lebendig sehen würden. Sie wollen ihr Versprechen offenbar halten.

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